Wie finde ich meinen Traumjob, Cordula Casaretto?

22. Januar 2021 von in ,

Mit um die 30 müssen wir nicht fertig sein. Wir müssen keine Familie gegründet, uns nicht selbst gefunden und optimiert, und auch nicht den Traumjob gefunden haben – auch wenn uns immer wieder mal das Gefühl vermittelt wird. All das müssen wir nicht mit 30, nicht mit 25, nicht mit 35 und auch nicht mit 45 gefunden haben. Berufliche Erfüllung, der ultimative Traumjob – das ist ein Wunsch, der für viele erstmal uopisch klingt. Und doch können wir, egal in welchem Alter wir sind, reflektieren: Sind wir beruflich eigentlich gerade glücklich? Gibt es vielleicht einen neuen beruflichen Weg, der uns das Leben noch schöner macht? Und was könnten Babysteps sein, um auf diesen neuen Weg zu kommen?

Manchmal hilft es, an der Hand genommen zu werden – und von einem Profi gesagt zu bekommen, wie nah der Traumjob vielleicht schon vor einem liegt. Und welche kleinen Veränderungen einen auf den Weg dorthin bringen. Eine Frau, die weiß, wie man seinen Traumjob findet, ist Cordula Casaretto. In ihrem neuen Buch „Berufliche Veränderung: Darf es auch das Beste sein?“ hat sie alle Tipps zusammengetragen, mit Übungen und Interviews verbunden. Und in ihrem Podcast „Real Work“ widmet sie sich seit Dezember ebenfalls den Themen berufliches Glück und Arbeitsmethoden der Zukunft. Wir haben Cordula Casaretto gefragt, wie die kleinen Schritte zum Traumjob aussehen können.

Hast du deine berufliche Erfüllung gefunden? Und wie sieht diese für dich aus?

Ja, das habe ich – und es hat viele Jahre gedauert. Allerdings weiß ich inzwischen, wie der Weg dorthin aussieht und habe eine Anleitung darüber geschrieben, wie auch andere Menschen ihre berufliche Zufriedenheit finden. Die Basis dafür liegt für mich in der Kenntnis, welche Rahmenbedingungen und Faktoren ich brauche, um produktiv arbeiten zu können. Habe ich dieses Wissen erlangt, ist das ein toller innerer Kompass, um abzugleichen, wieviel ich davon schon in meinem aktuellen Job habe und was mir zu diesen optimalen Rahmenbedingungen noch fehlt. Ich habe durch meine Klienten und auch durch mich selbst gelernt, dass man nicht krampfhaft nach einer bestimmten Tätigkeit suchen sollte, sondern dass es eine Kombination von Tätigkeiten, Fähigkeiten und Umständen ist, die einen Menschen im Job glücklich macht. Ein Freund von mir war früher leidenschaftlicher Handballspieler, später startete er eine Karriere in einem großen Versandhandel. Im Rückblick stellte er fest, dass er sich in seinem Job genau die Bedingungen geschaffen hatte, die er bereits im Handball schätzte: Im Team arbeiten, ein gemeinsames Ziel vor Augen haben und dieses Ziel mit den unterschiedlichen Talenten der Menschen im Team erreichen.

Welche Faktoren schaffen Zufriedenheit im Job?

Hier sehe ich fünf Faktoren, die ich in meinem Buch als 7-Schritte-Modell „verarbeitet“ habe und mit Übungen, praktischen Beispielen und Interviews unterlege:

  1. Ein lösungsorientierter, neugieriger Blick auf das eigene Berufsleben. Warum ich das so betone: Viele Menschen verbinden ihren Beruf mit der Einstellung „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Intrinsische Motivation und einen inspirierenden Lebensraum wiederum „nur“ mit ihrem Hobby. Aber wer seine Bedürfnisse und Stärken gut kennt und klug mit seinen Werten, einem klaren Ziel und den Möglichkeiten am Markt verbindet, der hat die besten Chancen, beruflich glücklich und erfolgreich sein.
  2. Die eben schon angesprochene Kenntnis über optimale Rahmenbedingungen – denn sie verhilft zu Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit. Diese beiden Aspekte sind erwiesenermaßen ein wahrer Booster für berufliche Zufriedenheit. Und nicht nur das: Sie führen auch dazu, dass Mitarbeitende sich stärker für ihre Aufgabe und ihr Unternehmen einsetzen.
  3. Kenntnis über eigene Stärken und Fähigkeiten. Ich empfehle hier gerade nicht den klassischen Weg des „Schreib‘ mal Deine Stärken auf“, denn das verengt oftmals die Perspektive. Viel wirkungsvoller: Einen Rückblick nehmen auf das bisherige Leben und schauen, welche Stärken ich gewinnbringend für mich selbst und andere Menschen eingesetzt habe und zu welchen Themen und Tätigkeiten es mich immer wieder hinzieht. Und: Andere Menschen fragen, welche Stärken sie in mir sehen. Aus diesen Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen kann ich dann einen sog. „Massive Transformative Purpose“ ableiten – einen Leitsatz, für den ich stehe.
  4. Aus der eigenen Bestandsaufnahme ein individuelles Ziel definieren. Vielleicht findest Du heraus, dass es „nur kleine Schrauben“ sind, an denen Du drehen solltest, um mehr Zufriedenheit im Beruf zu erlangen. Vielleicht ist es ein Homeoffice-Tag pro Woche, die Abgabe eines bestimmten Aufgabenbereichs oder das klärende Gespräch mit einem Vorgesetzten zu einem Thema, das Dir schon lange auf der Seele liegt. Vielleicht findest Du aber auch heraus, dass Du einen anderen Beruf ergreifen möchtest – es also um eine größere Änderung in Deinem Berufsleben geht.
  5. Um Dein Ziel zu erreichen, solltest Du wissen, welche Ressourcen dafür notwendig sind. Ressourcen umfassen z.B. Fähigkeiten, die Du bereits hast oder noch erlangen solltest, bestimmte Menschen, die Dich unterstützen oder bestimmte Gewohnheiten, um ein gutes Energielevel zu erreichen. Eine wichtige Ressource kann für den Einen bedeuten, eine Tasse Tee in der Sonne zu trinken und für den Anderen, Klavier zu spielen oder den Hund zu streicheln. Nicht zu vergessen natürlich die breite Range an online und offline Weiterbildungsmaßnahmen, über die wir heute verfügen.

Viele Positionen haben Ecken und Kanten, wie auch gute Seiten. Wie äußert sich Unzufriedenheit im Job – und wie findet man heraus, dass wirklich der Job das Problem ist?

Sicher ein Zeichen: wenn Du morgens schon mit Bauchschmerzen aufwachst und mit Grauen an Deinen Arbeitstag denkst und abends völlig ausgezehrt nach Hause kommst. Das Gefühl von Fremdbestimmung kommt auch oft dazu. Es mag auch ein Zeichen sein, wenn Du gar nicht weißt, was Du eigentlich „gut kannst“ und ob der aktuelle Job dafür der richtige ist. Es geht also auch hier um Klarheit und Selbstbestimmung, um die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Klar ist auch, dass es in jedem Job mal Streit oder Genervtsein gibt. Aber wenn die oben genannten Faktoren überwiegen, ist es Zeit, das Thema berufliche Erfüllung anzugehen.

Der erste Anstoß: Wie fängt man an, sich beruflich zu verändern?

Wie oben beschrieben, ist eine neugierige und lösungsorientierte Haltung der erste Schritt. Du solltest also offen sein für neue Impulse und bereit, bestehende Denkmuster zu hinterfragen. Hierzu habe ich eine schöne Übung in meinem Buch, in der Du ein Thema, das Dich beschäftigt, aus zwei Perspektiven betrachtest: zunächst problemorientiert und anschließend lösungsorientiert. Danach kannst Du reflektieren, welche Auswirkungen die jeweilige Perspektive auf Deine Einschätzung hat, um die Herausforderung gut lösen zu können.

Du sprichst von 7 Schritten zur beruflichen Erfüllung: Welche sind das?

Das Schöne an dem 7-Schritte-Modell: Jeder kann es für sich allein direkt anwenden. Die einzige Voraussetzung: Du musst Dir ein wenig Zeit nehmen für Dich und Deine Bedürfnisse, um die Übungen durchzugehen. Ich verspreche: Sie machen gute Laune! Folgend umreiße ich sie kurz:

Schritt 1: Finde Deine kraftvolle innere Haltung
„Kraftvolle innere Haltung“ meint kein übermotiviertes oder spirituell aufgeladenes Mindset, sondern geht von einem ruhigen, konzentrierten und innerlich ausgeglichenen Menschen aus, der auf seine Wünsche hört und daraus selbst initiierbare und realisierbare Ziele formuliert, ein sog.„Growth Mindset“.
Schritt 2: Identifiziere Dein berufliches Biotop
Im zweiten Schritt geht es darum, das eigene berufliche Biotop zu finden – sozusagen die idealen Rahmenbedingungen für den eigenen Job. Denn die Wünsche an ein erfülltes Berufsleben sind bei jedem Menschen anders. Der eine arbeitet, um sich ein schnelles Auto und ein schönes Haus leisten zu können, der nächste möchte Sinn stiften durch seine Arbeit.
Schritt 3: Erkenne Deine Stärken
Im dritten Schritt geht es darum, eigene Stärken sichtbar zu machen. Menschen leiden oft unter „Kompetenz-Demenz“. Sie vergessen, was sie gut können oder halten das, was sie gut können für wertlos. Die Besinnung auf eigene Stärken und Erfolgsstrategien bringt Gewissheit darüber, was man aus eigenem Antrieb schon geleistet hat und in Zukunft noch leisten können wird.
Schritt 4: Kreiere Dein berufliches Ziel
Eine Entwicklung funktioniert immer leichter, wenn man vorab ein Zeil definiert, das es zu erreichen gilt. Mit Übungen und Fragestellungen verhelfe ich den Lesern meines Buches dazu, dieses individuelle Ziel zu finden und zu visualisieren. Das kann die Suche nach einem neuen Job sein, aber genauso kann es auch eine kleinere Dimension annehmen wie etwa der bereits erwähnte Tag Homeoffice oder das Aneignen von Zeit- und Selbstmanagement-Methoden.
Schritt 5: Identifiziere Deine Ressourcen zur Zielerreichung
Im fünften Schritt geht es um Ressourcen und damit um alles, was es an Rahmenbedingungen, Fähigkeiten und unterstützenden Menschen braucht, um das berufliche Ziel zu erreichen. Darüber hinaus zeige ich spannende und direkt umsetzbare Methoden zum Netzwerken auf.
Schritt 6: Plane Deinen Weg zum Ziel
Im sechsten Schritt plant man seinen Weg zum Ziel dann ganz konkret. Beispielsweise, welche Bücher oder Fortbildungen man in welchem Zeitrahmen nutzt, um Fähigkeiten aufzubauen oder zu vertiefen.
Schritt 7: Überprüfe regelmäßig Deine berufliche Erfüllung
Das 7-Schritte-Modell kann man beliebig oft in seinem Leben anwenden. Ich empfehle, mindestens einmal pro Jahr zu überprüfen, wie es um die eigene berufliche Zufriedenheit und den potentiellen Veränderungsbedarf steht.

Wie findet man heraus, was einem wirklich liegt?

Hierzu empfehle ich insbesondere die bereits vorgestellten Schritte 2 und 3. Wir sind uns oft gar nicht bewusst, was wir bereits alles geleistet und welchen Mehrwert wir damit erzeugt haben. Wir haben im Laufe unseres Lebens eine ganze Reihe von Erfolgsstrategien entwickelt, die wir für künftige Ziele und Projekte einsetzen können. Auch in unserer Freizeit sind oft Fähigkeiten gefragt, die wir beruflich gut einsetzen können, etwa pädagogisches Geschick als Trainer einer Sportmannschaft, Organisationstalent bei Veranstaltungen für Vereine oder Vertriebs- und Networking-Fähigkeiten beim Sammeln von Spendengeldern.

Und was rätst du jemandem, der Schwierigkeiten hat, ein konkretes Ziel zu formulieren?

Um ein Ziel konkret zu formulieren kann der „Ökocheck“ helfen: Welchen Preis an Aufwand und Zeit bin ich bereit für mein Ziel zu zahlen? Ein Beispiel: Du möchtest in zwölf Monaten befördert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müsstest Du sechs Stunden pro Woche an fachlicher Weiterbildung investieren. Diese Zeit fehlt Dir dann für Deine Familie oder andere Aktivitäten wie Sport. Ist das so okay für Dich und Deine Familie? – Oder lässt sich das Ziel in einer anderen Zeitspanne besser erreichen?

Vielleicht läuft ein Film vor Deinem inneren Auge ab, wenn Du Dir Deinen Zielzustand vorstellst. Du nimmst Geräusche wahr, Stimmen, Dein eigenes Verhalten und vielleicht auch das anderer Menschen – evtl. auch Gerüche. Wenn Du Dich sehr intensiv in diesen Zustand hineinversetzt, wirst Du merken, wie ein Glücksgefühl Deinen Geist erhebt und Du mehr und mehr Energie auftankst. Damit richtest Du automatisch Deine Aufmerksamkeit und Ressourcen auf die Zielerreichung.

Und wo findet man die passenden Jobs, die den eigenen Stärken entsprechen?

Neben den bekannten Plattformen wie Stepstone oder Indeed empfehle ich ein gutes persönliches Netzwerk. Denn viele Jobs werden nicht auf Plattformen ausgeschrieben. Schau‘ z.B. mal, welche Personalberater in Deinem Bereich tätig sind. Ansonsten empfehle ich, einen Working-Out-Loud-Circle zu besuchen. Hier lernt man, mit einem guten Netzwerk auf ein berufliches Ziel hinzuarbeiten.

Die große Angst vorm Quereinstieg: Wie kann ein Werdegang aussehen, wenn man sich für ein ganz anderes Berufsfeld interessiert als das, in dem man ausgebildet ist?

Hier unverzichtbar: Den Weg zum Ziel konstruktiv planen. Welche Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen habe ich schon, die mich für den Quereinstieg qualifizieren? Welche Kompetenzen und Fähigkeiten muss ich mir noch aneignen? Wer kann mir dabei helfen, mein Ziel zu erreichen? Stichwort Netzwerk – welche Personen, Organisationen stehen mit meinem Ziel in Verbindung? Wie komme ich an sie heran? Ich empfehle hier, einen „Relationship Action Plan“ zu erstellen, in dem ich das genau definiere.

Wie erkennt man, ob bestimmte Umschulungen, Weiterbildungen oder Fernstudiengänge wirklich sinnvoll und anerkannt sind? Gibt es Anlaufstellen, die du empfehlen kannst?

Es existieren viele tolle Weiterbildungsmöglichkeiten. Es muss also nicht immer ein ganzer Studiengang sein, um dem beruflichen Ziel näher zu kommen. Viel wichtiger ist es, sich kontinuierlich mit dem Lernen zu beschäftigen. Ganz konkret empfehle ich Blinkist, Udemy, Coursera, Udacity oder Open HPI, die Google Zukunftswerkstatt, TED Talks und natürlich Tutorials auf YouTube.

Welche Rolle spielt das berufliche Netzwerk bei der Suche nach dem Traumjob? Wie baut man sich sinnvoll solch ein Netzwerk auf – und wie sieht Netzwerken in Zeiten von Corona aus?

Das berufliche Netzwerk spielt eine große Rolle. Ich empfehle hierzu das Buch „Never Lunch alone“ von Keith Ferrazzi, der eine tolle Anleitung dafür gibt, wie sich berufliche Ziele mit konstruktivem Netzwerken erreichen lassen. Und erneut Working Out Loud. Durch Corona ist das digitale Netzwerken natürlich sehr in den Vordergrund geraten. Man trifft sich auf Zoom zum Mittagessen oder hat Konferenzen via Videocall. Zufallskontakte lassen sich so natürlich nicht schließen. Aber man kann beruflich spannende Leute auch einfach mal per Mail anschreiben und sich auf einen Videocall oder, ganz oldschool, Telefonat verabreden.

Was schafft Selbstbewusstsein für Bewerbungen – besonders wenn der Job außerhalb der bisherigen Expertise liegt?

Ganz klar meine Übungen im Schritt 3 („Erkenne Deine Stärken“): Einen Blick zu werfen auf das, was ich bisher erreicht habe.

Und zum Schluss: Wie fasst man den Mut, aus der beruflichen comfort zone auszubrechen und einen neuen Weg einzuschlagen?

Dafür könnte man ermutigende Biographien von Menschen lesen, die auf ganz unterschiedliche Weise ihr berufliches Glück erreicht haben. Auch in meinem Buch habe ich mit Gründern, Top-Coaches oder Quereinsteigern gesprochen, die in unterschiedlichen Lebensphasen ihr berufliches Glück gefunden. Sie machen ebenfalls Mut, die berufliche Comfort Zone zu verlassen. Vorbilder haben eine große Kraft. Was man auch machen kann: Sich Hilfe suchen: Durch einen Life- oder Business-Coach, mit dem man in privaten Sitzungen einen individuellen Masterplan erstellt und ggf. auch begleitet umsetzt. Eine Investition, die sich lohnt.

Es gibt immer Wege und erste Schritte und es setzt unendlich viel Energie frei, Herausforderungen zu bewältigen. Danach kann man geradezu süchtig werden!

Vielen Dank für das Gespräch!

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