Was hat Feminismus für euch getan? Wir haben euch gefragt
Heute ist ein ganz besonderer Tag, der an alle Errungenschaften in der Frauenrechtsbewegung erinnern und gleichzeitig darauf aufmerksam machen soll, wie wenig erst geschafft ist und wie viel noch vor uns liegt. Der Weltfrauentag ist für alle da und sollte kein Tag sein, an dem „Männer ihren Frauen Blumensträuße“ schenken. Bitte nicht. Dieser Tag sollte ein Zeichen für euch alle da draußen sein. Für alle Männer und Frauen. Er soll Zusammenhalt symbolisieren und dazu aufrufen, niemals aufzuhören, für die eigenen Rechte einzustehen zu kämpfen.
Wir von amazed sind seit Stunde 1 Feministinnen. Und wir haben viel geredet. Zum Weltfrauentag haben wir euch gefragt: Was hat Feminismus für euch getan? Was hat er in euch verändert? Warum ist Feminismus wichtig? Die Antworten sind so abwechslungsreich wie die Facetten des Feminismus selbst.
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„Ich habe großartige Personen kennengelernt und meine Persönlichkeit auf diesen Werten aufgebaut. Rückblickend, ganz banal gesagt, glaube ich, hätte ich mein Selbstbewusstsein auf stereotypischen Merkmalen aufgebaut, und nicht gelernt zu hinterfragen. Hinterfragen ist mit Abstand der größte Gewinn. Hinterfragt man den Geschlechterunterschied, dann auch den Klassengesellschaftlichen und irgendwann landet man beim Intersektionalen. Es ist ein Prozess des Lernens, für den ich sehr dankbar bin.
Ich glaube, die Erkenntnis, dass intersektionaler Feminismus kein Accessoire ist, sondern eine Einstellung, hat mir in meiner Entwicklung viel gebracht. Man verinnerlicht Werte wie Gleichberechtigung und wendet das im Alltag so an. Da bin ich relativ konsequent, auch wenn das ein oder andere Angebot – oder gar ein Freund oder eine Freundin dabei verloren gehen.“, Yasmine M’Barek, freie Autorin und aktiv auf @ceremonialsofsavage
„Sich mit Gesellschaftsprozessen, Bewegungen und den zugrundeliegenden und Stigmata auseinanderzusetzen, kann unglaublich befreiend sein. Natürlich geht es hier um unerfreuliche Erkenntnisse, letztendlich helfen sie einem aber dabei, die Welt in der wir Leben, vor allem ihre Missstände, mehr verstehen zu lernen. Ohne das Bestreben, Debatten über antisexistisches, intersektionales und Queerfeministisches Engagement mehr in unsere Mitte zu rücken, würde sich nichts verändern. Es gibt noch einiges zu tun!“, Fabienne Sand, freie Journalistin und Aktivistin auf @ffabae
„Feminismus sorgt bei mir gerade dafür, dass mein Freund und ich uns die Elternzeit für unsere Tochter annähernd gleichmäßig aufteilen: erst ich 6 Monate, dann er 8 Monate. Und ich arbeite dann auch gleich in Vollzeit wieder. Auch hat der Feminismus meiner Mutter Generation dafür gesorgt, dass ich 1 Stunde Stillzeit am Tag aus meinem Arbeitstag nehmen darf, mein Freund kann also mit dem Baby vorbeikommen und ich kann stillen. Erschrecken tut mich, wie unser Umfeld das aufnimmt. Ich werde immer wieder gefragt ob ich unsere Tochter dann nicht vermissen werde. Doch, klar, ganz schrecklich, wenn ich im Büro sitze, gucke ich mir besinnt immer Fotos von ihr an. Ich sage dann, dass sonst mein Freund sie vermissen müsste und das wäre doch ungerecht. Nein, das ist was anderes, du bist doch die Mama, sagen sie dann. Es ist so wichtig, dass die Väter die gleiche Verantwortung übernehmen wie die Mütter, sonst tut sich nie was! Und auch mal länger alleine mit dem Baby sind, sonst ist das Verständnis für die Care Arbeit zu Hause einfach nicht vorhanden. Aber er wird dafür gelobt, ich werde kritisiert. Superdaddy und Rabenmutter, das ist schon schlimm. Das Fazit: Was der Feminismus für mich getan hat, ist, dass wir uns so ein Modell überhaupt vorstellen können und dass es von staatlicher Seite her möglich ist, durch das Elterngeld.“, von Leserin Anna Sagapo
„Um es mit den Worten von Sara Ahmed zu sagen: “To live a feminist life is to make everything into something that is questionable” Und genau das hat der feministische Prozess für mich getan: Gesellschaftliche Normen und Praxen erkennen und hinterfragen, und gegebenenfalls ablehnen oder anpassen. Somit kann gewährleistet werden, dass wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln und ein feministisches Grundverständnis zur Norm wird. Grundvoraussetzung ist hierbei natürlich, dass dieser Feminismus intersektional ist, sonst ist er keiner.“, Maja Bogojević, Aktivistin auf @yugodeinesvertrauens
„Feminismus hilft mir nach wie vor dabei, meine Essstörung zu überwinden. Vorher war ich sicher, dass ich permanent nach „Verbesserung“ streben muss. Ich habe mich nicht getraut, den Platz, der mir als Mensch zusteht, einzunehmen, obwohl ich mittlerweile schon sehr schmächtig war. Jetzt bin ich körperlich gesünder, denke realistischer und habe mehr Kraft für Uni, Freunde und meine Beziehung. Ich fühle mich aber noch immer wie ein rohes Ei, denn die Essstörung war ein Versteck und eine Schutzhülle, die ich mich durch den Feminismus getraut habe, aufzubrechen.“, von Leserin anonym
„Als Mann kann man sehr schnell in ein ambivalentes Verhältnis zum Feminismus geraten. Es ist ein schmaler Grat auf dem man wandert, zwischen Alliiertem und Besserwisser, dem „Mansplainer“. Für viele Männer scheint es nur zwei Rollen zu geben: Sie wollen entweder der Retter sein, oder Antagonist. Am besten wäre es aber hier, weder noch zu sein. Wir können unsere Mitbürgerinnen am besten damit unterstützen, in dem wir die Bühne für sie frei räumen und sie aussprechen lassen. Als Mann Feminist zu sein, sollte kein Mittel der Profilierung sein. Wir können stillschweigend und unkompliziert Hilfe leisten.
Es geht hier ausnahmsweise nicht um unser fragiles, männliches Ego. Es ist keine Entmannung anzuerkennen, dass das eigene Wort vielleicht nicht am lautesten gegrölt werden muss. Und genau das ist – so würde ich das jetzt einmal ganz bescheiden schlussfolgern – ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Schritt. Das Anerkennen der Diskrepanzen, zuzuhören und zu akzeptieren, dass Mann keinen Einblick in die Schwierigkeiten einer Frau hat und jede Meinung hierzu, erst recht eine dem widersprechen wollende, keine Validität hat. Im Gegenteil, das macht uns noch viel weniger kredibel, als wir es ohnehin schon sind, in allerhand Diskursen, in denen wir so „hysterisch“ reagieren, wie es manche von uns schon seit Jahrtausenden dem anderen Geschlecht vorwerfen zu sein.“, Max Migowski, Music Editor beim INDIE Magazin
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Eine Antwort zu “Was hat Feminismus für euch getan? Wir haben euch gefragt”
…wenn Ihr tatsächlich von Stunde 1 Feministinnen seid, warum propagiert ihr dann von Stunde 1 an Sweatshop-Klamotten? Es geht nicht darum, immer alles richtig zu machen. Aber wenn Ihr euch das echt offiziell auf die Fahne schreiben wollte, dann müsst ihr auch so handeln. Und zwar radikal. Alles anderes ist Augenwischerei. Trotzdem Danke für den Artikel.