Wann feiern Sleepover-Partys endlich wieder ihr Comeback?

2. September 2019 von in

Die wenigen Stadt-Grillen zirpen, die Kerze flackert im lauen Wind der Nacht. Es ist 1:53 Uhr, Stunden haben haben wir in meinem Garten schon durchgequatscht, als meine Freundin sagt: „Oh Mist, ich sollte los, meine letzte U-Bahn fährt in 15 Minuten.“ Willkommen in München, denke ich, jenem Ort, an dem auch am Wochenende die letzten Bahnen um halb 3 Uhr nachts fahren. Unser Gespräch über die Freiberuflichkeit und ihre Tücken endet abrupt. „Ach schade“, sage ich. „Lass uns nächstes Mal unbedingt weiterreden.“ Wir vertagen unsere Gespräche auf ein ander Mal, ich umarme sie zum Abschied und bleibe allein zurück. Schnell räume ich die Reste des Abends in die Küche, danach hüpfe ich müde ins Bett.

Jene Abende, an denen wir endlos reden, uns unsere tiefen Ängste, Sehnsüchte, aber auch Freuden teilen, sind rar, in Zeiten, in denen das Erwachsenleben zuschlägt. Wir alle immer auf dem Sprung sind, jedem gerecht werden wollen und doch im Hamsterrädchen stecken. Die Ruhe, die ein solcher Abend mit sich bringt, das Fallenlassen in der Situation tut gut, bis die Uhr uns doch wieder ausbremst.

„Schläfst du schon?“ „Nein.“ „Cool, mir ist noch was eingefallen.“

An diesem Abend schlüpfe ich in mein Bett und erinnere mich zurück, in meine Kindheits- und Teenietage, an denen es nichts größeres gab, als am Wochenende bei Freunden zu übernachten. Spielten wir als Kinder bis abends Playmobil und schliefen viel zu spät ein, waren es später die Abende, an denen wir Freundinnen uns zur Übernachtungsparty trafen.

Gemeinsam ging es vor dem Sleepover zur Videothek unseres Vertrauens, ein, zwei Filme ausleihen, die Auswahl selbst dauerte meist schon länger, als ein Film. Anschließend deckten wir uns noch mit Knabberzeug ein, um uns dann im Matratzenlager einzukuscheln, den Videorecorder anzuschmeißen und Filme wie „Eiskalte Engel 2“ oder auch „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ anzusehen. Danach wurde noch gequatscht, bei jedem Geräusch schreckte mindestens eine hoch, Horrorfilme sei Dank, Teeniedramen nahmen ihren Lauf und die Nacht war viel zu kurz, um all die wichtigen Dinge eines Teenielebens zu besprechen. Morgens wachten wir müde, aber glücklich auf. So nah, so viel Zeit gemeinsam, das war selten.

Wann haben wir eigentlich aufgehört, Sleepover-Partys zu machen?

Je älter wir wurden, desto seltener waren die Übernachtungspartys. Mit dem Auszug von Zuhause in ein eigenes Heim wären geteilte Nächte vor dem Fernseher doch geradezu prädestiniert gewesen. Keine Eltern, die spätnachts an die Türe klopfen und um Ruhe bitten, niemand, der einem am nächsten Morgen aus den Federn schmeißt und dank Netflix & Co. auch keine Begrenzung mehr in der Filmwahl.
Stattdessen blieb es nur bei Übernachtungen, wenn wir uns in den verschiedenen Unistädten besuchten, in München selbst fuhr jeder mit der letzten U-Bahn heim. Selbst wenn das bedeutete, 40 Minuten am Odeonsplatz auf die Anschluss-U-Bahn zu warten.

Ist es die Gemütlichkeit, die mit dem Alter einzieht? Lieber im eigenen Bett schlafen als supermüde in fremder Umgebung aufwachen? Heben wir uns die Sleepover-Nächte doch nur für die Männer und Frauen in unserem Leben auf, mit denen wir romantische Beziehungen pflegen? Oder ist unser Alltag so voll gepackt, dass spontane Übernachtungen keine Option mehr sind?

Videotheken gibt es heute nicht mehr, Netflix & Co haben sie abgelöst.
Ein Segen – oder doch Fluch?

Ist die ständige Verfügbarkeit von Medien, das Austauschen über Whatsapp & Co und das Gefühl, man sei sowieso irgendwie miteinander verbunden, schuld an der räumlichen Distanz?

Echte Verbindung entsteht immer noch im Miteinander – außerhalb des Medialen. Gespräche Face to Face, ohne Zeitdruck, ohne Smartphone, im Treibenlassen. Dann, wenn die Gedanken sich entfalten, wir von A nach B kommen, und uns niemand stoppt. Weder damals die Eltern an der Tür noch heute die U-Bahnen in der Nacht.

Bei einem nächsten Treffen mit der Freundin sprach sie es an: „Du, sag mal, nächstes Mal bleib ich einfach über Nacht.“ „Ja klar, mein Sofa steht dir jederzeit zur Verfügung.“ „Ja, ich bin für mehr Sleepovers.“ Ich grinste. Denselben Gedanken hatte ich auch gehabt.

Lasst uns wieder mehr Zeit miteinander verbringen, Serien auf Netflix gemeinsam bingen statt alleine. Sei es tagsüber an einem faulen Herbstsamstag auf dem Sofa, oder an einem Freitagabend mit Pizza und Wein. Bis nachts über die wichtigen Dinge des Lebens abseits von Job & Verpflichtungen quatschen, Salzstangen knabbern und die zeitweilige Schwere des Erwachsenseins für einen Moment vergessen. Hin und wieder die Leichtigkeit des Teenie-Daseins in der Retrospektive zu zelebrieren schadet nicht, und ich wette: Irgendwer schreckt auch heute noch beim Horrorfilm vom Sofa auf. Manche Dinge ändern sich eben nie.

Photocredit: Unsplash

 

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5 Antworten zu “Wann feiern Sleepover-Partys endlich wieder ihr Comeback?”

  1. Der Text kommt ja mehr als passend, denn ich habe gerade mit zwei Freundinnen ein Sleepover-Wochenende gemacht. Mit selbstgekochtem Essen, vielen Stunden mit Filmen und eben den Momenten, in denen man ganz kurz vor dem Einschlafen noch übers Leben oder Kleinigkeiten diskutiert. Es war richtig schön und hat uns nochmal näher zusammengebracht – viel näher als lange Gespräche, die jedoch ein Ende im eigenen Bett finden. Außerdem finde ich, macht man sich ja für Treffen immer zurecht, auch wenn man sich nur zuhause trifft. Beim Übernachten sieht man auch die wirklich privaten Looks und läuft viel lässiger oder eben den ganzen Tag im Pyjama rum.

    Ich bin also auch wieder auf den Geschmack gekommen und finde, wir sollten alle wieder öfter bei Freund*innen übernachten :)

  2. Oh, da teilen wir einen Gedanken. In letzter Zeit ist mir das auch aufgefallen, im Gespräch mit einer Neu-Single Freundin die sagte, dass sie es vermisse mit anderen aufzuwachen und einzuschlafen. Wir beschlossen kurzerhand, wieder öfter beieinander zu schlafen. Ich war ganz überrascht, dass ich da auch auf Überwindung bei mir selber stoße, als sei es zu privat, dabei sind wir doch seit Jahren befreundet. Aber wie so häufig wandeln sich die kleinen „Akward-Momente“ in Nähe um und wir lernen einander dadurch anders und neu kennen, als immer nur im schönen Café für die eingeplanten 2 Stunden. Bin also Fan und kann der Idee nur gutes abgewinnen!

    • Ja, ich glaube, gerade Single-Freund*innen sollten sich hier ruhig öfter zusammentun. So kleine Rituale wie gemeinsames Frühstücken und Nächte mit Gesprächen verbringen, bringt einen eben doch näher wie du sagst und schafft die Intimität, die man vielleicht als Single vermisst. Ich bin auch dafür, dass wir wieder mehr Sleepover-Partys machen :) Im Zweifelsfall mit Sofa und Schlafzimmer, aber mit ganz vielen Keksen und guten Filmen <3

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