The Talk: Wenn das Gefühl stimmt
Manchmal spielt es in der Liebe ja verrückt. Da hetzt man durch alle möglichen Datingsituationen, immer auf der Suche nach dem einen. Dem sogenannten Mr. Big, von dem wir alle träumen, seitdem Carrie in Sex and the City all die wunderbaren Männer verschmähte, denn es gab ja nur den einen. Und dann steht er plötzlich da. Unerwartet. Ist ja nicht so, dass unsere Oma das nicht längst vermutet hätte. „Der Richtige kommt immer dann, wenn man’s nicht vermutet.“ Oma, check.
Nur was passiert, wenn der Richtige dann plötzlich da ist. Es sich richtig anfühlt, man alles über den Haufen werfen will. Heirat? Oh ja! Kinder? Aber sicher doch. Und das Umfeld? Ehm, Stopp. Ihr kennt euch doch noch gar nicht richtig. Lasst euch Zeit, überstürze nichts. Erinner dich doch an all die Pfeifen, die am Ende doch nicht wollten. Sei auf der Hut!
„In einer Gesellschaft, in der wir bereits tierische Angst vor Gluten oder Kohlenhydraten haben, sollte Herzschmerz auf der Angst-Liste ziemlich weit unten rangieren“
Auf der Hut vor was, frage ich mich als hoffnungslose Romantikerin dann gerne. Dass das Herz gebrochen wird? In einer Gesellschaft, in der wir bereits tierische Angst vor Gluten oder zuviel Kohlenhydraten haben, sollte Herzschmerz auf der Angst-Liste ziemlich weit unten rangieren. Und wir erinnern uns: Auch die besten Ehen scheitern heute schneller, als noch vor 20 Jahren. Herzschmerz gehört zur Liebe dazu. Und oh yes, unsere Herzen wurden alle samt schon viel öfter gebrochen, als das meiner Oma. Tinder sei Dank. Ghosten, Bread Crumbing und wie sie alle heißen, die neumodischen Dating-Benimm-Katastrophen, erklärt vom Online-Journalismus der Elle. Herzschmerz ist quasi eine Lebensbegleiterscheinung geworden. Das hält uns sicherlich nicht auf, oder?
Denn es ist ja so – und man sagt das sicher nicht ganz ohne Grund: When you know, you know. Manchmal weiß mans halt. Nur die eine Person, und die mit verwickelte. Man spürt es, fühlt es – und nichts kann zu schnell gehen, sondern alles nur zum richtigen Zeitpunkt.
Denn, und das wird in unserer Gesellschaft gerne mal vergessen: Liebe ist nichts rationales. Sie ist ein Gefühl.
Wer sagt: Du, ich kann das grade nicht. Oder: Ich bin irgendwie beziehungsunfähig. Oder auch gern gehört: Ich will mich grad nicht binden. Der meint: Ich bin nicht verliebt. Kein vielleicht doch, kein vielleicht ist es gerade stressig. Er oder sie ist nicht verliebt. Tut mir leid, selbst ich, die Romantikerin, weiß mittlerweile: Die unglückliche und von Unerreichbarkeit geprägte Liebe ist nicht die einzig wahre. Sie ist nur eines: schmerzhaft, sonst nichts.
Liebe ist intuitiv. Etwas, das aus bestimmten Hormonen, irgendwelchen Serotonin-Ausschüttungen und Nervenbahnen uns nur eines sagt: This is the one. Wenn dann noch Gespräche, Offenheit und Kommunikation passen, weiß man’s manchmal einfach. Vielleicht spielt das Alter auch eine Rolle – denn irgendwann gibt’s da keine Zweifel mehr, sondern nur mehr Zukunft. Warum aufhalten, wenn es einfach geht?
„Das Grundkonzept, das Wissen um des Richtigen, das weiß man meistens schon sehr viel früher.“
Zeit ist somit kein Maßstab für die wahre Liebe. Mit der Zeit verändert sich Liebe, sie wird vielleicht enger, sie durchsteht Höhen wie Tiefen, sie zeigt Schwierigkeiten genauso wie erreichte Ziele. Beziehungen, die über Jahre bestehen, bestätigen das Grundgefühl in einem messbaren Rahmen. Denn ganz ehrlich: Manchmal kann man das Gefühl nicht mal in Worte fassen oder bemessen. Aber das Grundkonzept, das Wissen um des Richtigen, das weiß man meistens schon sehr viel früher. Nicht umsonst sagen wir dann gerne: „Das ist was Großes.“
Gerne belächeln wir in unserer Gesellschaft jene, die sich bereits nach einem Jahr verloben. Nach drei Monaten ein Kind bekommen, jene, die nach einer Nacht zusammen, nie mehr getrennte Wege gehen. Finden es absurd, wenn jemand nach 6 Wochen Dating mehr trauert als nach sieben Jahren Beziehung. Selbst Liebe muss bei uns mit Zielen – in Zeit – bewertet werden.
Doch ist das denn alles so absurd? Vielleicht sind all jene einfach zu bewundern. Sie wissen es. Sie wagen es. Sie haben den Mut.
Liebe ist nämlich nicht nur ein Gefühl, sie erfordert keine Zeit, aber Mut. Mut zu jemanden ja zu sagen, Mut, die große Gefahr des Herzschmerzes einzugehen, und vielleicht sein Herz auch zu früh an jemanden zu verschenken. Aber: No risk, no fun.