The Talk: Single sein

25. August 2016 von in

Single sein ist ganz schön anstrengend. Nicht so, wie Beziehungen anstrengend sind (also mit sich selbst kennenlernen und so weiter), sondern wortwörtlich anstrengend. So körperlich. Da mache ich vorab eine große Entscheidung zwischen single sein und alleine sein. Wer alleine ist, konzentriert sich auf sich, meditiert und macht Yin Yoga oder so und wer single ist, ist das Gegenteil von alleine. Der Single umgibt sich viel mit Menschen, er geht jeder Aktivität nach, die sich so anbietet und hat Sex. Viel Sex. Und wenn er keinen Sex hat, dann möchte er Sex bekommen – also im weitesten Sinne. Single sein ist also der Zustand, den man nicht lange aushält, weil er ganz schön anstrengend ist. Als Single tindert man, hat getindert oder die App bereits gelöscht, weil Tinder alles noch anstrengender gemacht hat.

Weil da trifft man sich auf seinem Tinder-Date, fühlt sich zueinander hingezogen, hat eine gute Zeit (also im besten Fall) und dann sagt mindestens einer, er sei beziehungsunfähig. Dann so: „Puh, hast du auch diesen Artikel von dem Typen gelesen oder wie kommst du darauf?“, sagt dann Person Nummer 2. Man lässt den Abend verstreichen und hat vielleicht sogar Sex (schließlich ist man als Single immer irgendwie auf der Suche nach Sex). Und dann steht Person Nummer 2 auf, bedankt sich für den Abend und möchte gehen. Dann sagt der oder die Beziehungsunfähige: „Wie, du gehst schon?“. Und da wird es verwirrend – und noch anstrengender, als es sowieso schon ist. Man spricht nicht weiter darüber, man will kein Faß mehr aufmachen, obwohl die Frage natürlich auf den Lippen brennt: „ICH DACHTE DU BIST BEZIEHUNGSUNFÄHIG. Erkläre dich. Was willst du überhaupt?“

Das ist das nämlich als Single. Keiner weiß, was er will. Aber jeder weiß, was er nicht will: eine Beziehung. Sex schon, es wäre auch cool sich kennenzulernen, coole Leute kennenlernen – alles entspannt halt. Weiter strickt man die Gedanken allerdings selten. Einige haben womöglich tief in sich drinnen die Hoffnung, irgendwann jemanden zu treffen, der in einem dieses Gefühl auslöst, das Menschen haben, die alleine sind. Das Gefühl von: DU bist es. DICH will ich. Ansonsten bleibe ich allein. Aber Singles sind zu faul, um an so einem Gefühl zu arbeiten. Dafür müsste man mit sich selbst im Einklang sein; das bedeutet Arbeit. Dafür müsste man sich auf eine Person einzig und alleine konzentrieren; das bedeutet Arbeit. Aber anders herum: Wieso sollte man Lust auf emotionale Arbeit in einer Beziehung oder beim intensiven Kennenlernen einer Person haben, wenn single sein schon körperlich so dermaßen anstrengend ist? Feiern, Essen gehen, reden, flirten, knutschen, Sex haben, Sport machen – da hat man einfach keinen Bock mehr auf die emotionale Arbeit und Yin Yoga. Und das ist auch vollkommen in Ordnung so und muss dringend mehr Akzeptanz in der Gesellschaft, oder zumindest auf der Gartenparty von Freunden, finden.

Denn irgendwann findet der Single auch ganz allein zurück zu seiner inneren Ruhe. In Form von alleine sein oder in Form einer Beziehung. Und die Beziehung? Die wird er im seltesten Fall finden, weil sich der Single unsterblich verliebt und wie vom Blitz getroffen seinen Lifestyle über den Haufen wirft. Die findet er, weil er diese Verwirrung leid ist und: weil Single sein ganz schön anstrengend ist. So körperlich.

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21 Antworten zu “The Talk: Single sein”

  1. Hach, ich musste wirklich schmunzeln! Mittlerweile bin ich seit 3 Jahren Single und wer sagt, dass ich einsam wäre oder nichts zu tun habe, der irrt sich gewaltig. Ganz so extrem wie im Text ist es zwar nicht, aber es stimmt wirklich, dass es für mich schwierig ist, mich auf eine Person einzulassen und zu sagen: Hier, das ist er. Den will ich!

    Liebe Grüße,
    Vita

  2. Liebe Amelie,
    dies ist der erste Artikel auf eurer Website (die ich sehr gerne lese), dem ich widersprechen möchte. Für mich ist man alleine, wenn man ständig auf der Suche nach einem Partner ist und die Leere durch den fehlenden Partner durch Tinder, Sex und Anderes zwanghaft zu füllen versucht. Ein Single hat diese Leere nicht, denn er ist mit sich im Reinen, sodass ein neuer Partner keine Löcher stopft, sondern eine schon in allem Aspekten vollständige und zufriedene Person ergänzt. So sehe ich das, aber am Ende kann ja jeder die Wörter single und alleine definieren wie man möchte ;-)

    • Liebe Silvia, kein Problem und absolut verständlich. Jeder hat ja eine andere Auffassung von single sein, alleine sein und auch von in einer Beziehung sein :). Danke für deine Antwort!

    • Hallo Amelie,

      danke für diesen Text! ich bin auch seit einiger Zeit Single und muss sagen, dass es wirklich anstrengend ist. :D und es scheint tatsächlich so, dass sich andauernd zwei Menschen treffen und einer davon „beziehungsunfähig“ ist. Ich bleibe aber trotzdem positiv und (vllt naiv?) glaube daran, dass es irgendwo den Deckel zum Topf gibt. :)

      Liebe Grüße,
      Any

  3. Ich bin froh in einer Beziehung zu sein, und das sehr glücklich. Denn die Zeit davor hat mir gar nicht gut gefallen – es war ein Leerlauf zwischen meiner letzten Beziehung und dieser. Und dieses alleine-sein ging über gut 2 Jahre – und ich habe mich in dieser Zeit einfach nicht wohl gefühlt. Ich brauche eine starke Schulter an meiner Seite an die ich mich anlehnen kann.

    • Das finde ich irgendwie eine ziemlich traurige Aussage. Bist du nicht glücklich mit dir ganz alleine? Dann solltest du das schleunigst lernen :(

      • Naja, dieses glücklich sein mit sich ganz alleine halte ich auch für nen schmarrn, wenn man lieber nen Freund hat, hat man halt lieber nen Freund.

        • Sometimes it can be that easy! Recht hast du. Ich hatte auch lange die Einstellung, dass man erst alleine glücklich sein „muss“, um glücklich in einer Beziehung zu sein. Was man über die Jahre hinweg aber lernt, ist dass jeder Mensch anders ist. Andere werden nie richtig glücklich in Beziehungen sein, die nächsten nie richtig glücklich alleine und dann gibt es sicherlich einige, die beide Zustände schätzen können (letztere Zustand ist natürlich am praktischsten).

  4. ein gutes thema wirklich schlecht ge- und beschrieben. holprig und unausgereift-fast schon eindimensional und daher keiner Seite gerecht werdend.

  5. Ich würde mir wünschen, die Gesellschaft würde sich davon verabschieden können, Menschen in Beziehungsstati einzuteilen. Es bringt doch immer auch eine Wertung mit sich.
    Und selten kommt der sogenannte Single dabei gut weg. Es hat schon immer etwas von vermeintlicher Bedürftigkeit oder von keinen abgekommen zu haben.
    „Der Single“ muss sich ständig erklären, warum er einer ist. Single sein als Makel sozusagen.
    Wie blöd die Menschen schauen, sagt man entweder, „ich bin gerne Single – das soll so bleiben“ ODER „ich bin krampfhaft auf der Suche, doch es klappt einfach nicht.“

    Mein Statement bezieht sich nicht auf deinen Text, Amelie. Das fiel mir nur so ein, als ich (mal wieder) das Wort Single las, welches ich abgrundtief verabscheue.

    Warum ist das nicht egal; warum bleiben Menschen nicht einfach Menschen (für sich selbst UND für andere), egal, mit wem sie ihr Leben teilen oder eben nicht?

    • Das finde ich einen sehr schönen Ansatz, Ava. Ich finde es deshalb wichtig, dass neben dem stigmatisierten Begriff „Single“ ein weiterer Begriff her muss. Wenn man schon alles benennen muss. Danke für deine Antwort!

      • Ich glaube manchmal, dass es die Wahrnehmung von Singles als solches erst gab, als man ein Wort dafür erfand.
        Vielleicht sollte man deshalb ein Wort finden für etwas ganz anderes, was eine Schnittmenge zu anderen Dingen bildet und sich das ganze Beziehungsstatus-Theater damit verwäscht.
        Das ist so wie „arbeitssuchend/arbeitslos“ und sich im Job befindend.
        Die freiwillig Arbeitslosen haben die Möglichkeit, auf das schöne Wort „Privatier“ zurückzugreifen.
        Wertet arbeitslos zu sein ziemlich auf und gibt dem ganzen eine völlig neue Richtung, da es eben auch hier Unterschiede gibt.

        Lieber Gruss Ava

        PS: Menschen mit Partner fragt man nie, warum sie überhaupt einen haben (ich frage mich jedoch häufiger, warum GENAU DEN ;))

  6. Als würdest du mein Ich beschreiben, das ich vor einem Jahr war, bevor ich eben genau diesen „DU“ „DICH“ kennen gelernt hatte. Dummerweise hatte er sich dann letztendlich auch als beziehungsunfähig entpuppt. (Shit happens, nech?) Aber etwas gutes hatte es trotzdem: Er hat mein sonst so ruhiges und kaltes Gemüt zur Weißglut gebracht. BÄM. Gewitter. (Wegen kalt und warum und so, du verstehst.) Auch richtig viel innerlicher Donner. Und BLITZ.
    Damit wären wir jetzt beim Jetzt-Ich. Hach.

    So. Jetzt such ich mal weiter nach Yoga Studios. (No joke!)

  7. Ich habe meinen Freund von 2,5 Jahren kennengelernt, nachdem ich 3 Jahre keinen Freund hatte – und das super fand. Ich wollte in diesen 3 Jahren partout keinen Freund, was Freundinnen wiederum nicht verstanden haben. Ich war andauernd unterwegs, jedes Wochenende 2 Mal feiern, auf Festivals, hatte wirklich „die Zeit meines Lebens“. Hab auch Mist gebaut, ne Menge Typen gedatet, aber nicht aus Interesse, sondern als Kick. Ich habe mich viel wohler gefühlt als in den Beziehungen davor, habe mich selbst viel besser kennengelernt. Jedes Mal, wenn sich etwas mehr angebahnt hat hab ich dichtgemacht und bin weggelaufen. Ich habe mich auch irgendwie nicht bereit für eine Beziehung gefühlt. Natürlich kam auch Tinder zum Einsatz und -oh Schreck- hab ich darüber tatsächlich meinen Freund kennengelernt. Allerdings eher aus Versehen, denn er wohnt ein ganzes Stück weiter weg (anderes Land, als wir gematcht wurden war ich mal wieder auf irgendnem Festival weiter weg) und wir sind seitdem unzertrennlich. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass mich ein Typ nicht langweilt, und das, obwohl wir miteinander häuslich geworden sind.
    Ich glaube einfach, dass sich sehr viele Menschen ohne Partner unausgeglichen fühlen. Rückblickend kann ich aus meiner eigenen Erfahrung schließen, dass es mir als Single echt gut ging, das ich den Spaß meines Lebens hatte, aber auch, dass ich nun mit Partner viel ruhiger geworden bin. Ich denke eher, dass viele sich zu sehr von anderen abhängig machen wollen. Ich war immer ein freiheitsliebender Mensch und fand so ein Kletten furchtbar. Jetzt hab ich wen tolles an meiner Seite und hab zum ersten Mal in meinem Leben den Gedanken, mich tatsächlich fester zu Binden (mit gemeinsamer Zukunft und dem ganzen Pipapo). Jeder sehnt sich irgendwie nach Nähe, für den einen, der vielleicht sowieso sehr mit sich selbst beschäftigt ist, sind ONS und Affären ausreichend, andere wiederum fühlen sich dadurch nicht vollkommen bestätigt. man sollte sich nicht mit dem Nächstbesten zufrieden geben, aber vielleicht fehlt Vielen an dieser Stelle auch einfach die Energie und der Mut dafür.

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