Sind Bitcoins die neuen ETFs? Die Finanzexpertin Margarethe Honisch erklärt Kryptowährungen
Eigentlich hatte Margarethe Honisch mit Finanzen wenig zu tun. Sie machte eine Ausbildung in einer Plattenfirma, war danach beim Radio, dann bei einem TV-Sender tätig. “Ich habe immer viel gearbeitet und hatte viele Nebenjobs. Aber mein Konto war am Monatsende immer auf Null – wenn nicht im Minus”, sagt sie.
Heute versorgt die 36-Jährige andere Frauen auf ihrem Blog “Fortunalista” mit Finanztipps. In ihrem Buch “Easy Money” gibt sie eine Anleitung, wie man sein Geld in den Griff bekommt, in ihren Online-Bootcamps schult sie die Teilnehmer*innen persönlich. VOGUE hat mit ihr über den heißesten Trend auf dem Finanzmarkt gesprochen: Kryptowährungen. “Man sollte nur in das investieren, was man versteht”, sagt Honisch. Und da wird es bei Kryptowährung schnell kompliziert…
Der Bitcoin-Kurs ist in den vergangenen Wochen explodiert, kurzzeitig lag er bei bei fast 60.000 US-Dollar. War das absehbar?
Margarethe Honisch: Investitionen sind nie absehbar: Hätte ich damit gerechnet, wäre ich jetzt Millionärin (lacht). Die Entwicklung ist völlig verrückt. Aktuell liegt er schon wieder “nur” bei rund 47.000. Aber es ist nicht das erste Mal, dass wir solche Sprünge sehen. 2017 hatte ich einen Bitcoin für 2.300 Euro gekauft. Ein paar Monate später, Ende 2017, 2018 schoss der Wert dann auf knapp 20.000 Dollar – und dann fiel er plötzlich wieder. Einen Teil habe ich dann verkauft. Was meinen Sie, wie ich mich in den vergangenen Wochen geärgert habe…
Haben Sie alles verkauft?
Nein, und ich habe auch schon deutlich Gewinn gemacht beim Verkauf damals. Aber im Vergleich zu jetzt – eher ein Witz.
Sollte man jetzt noch einsteigen?
Tja, das ist die große Frage. Ich würde weder ja, noch nein sagen wollen, eher: Bitcoin ist und bleibt ein interessantes Produkt. Aber es gibt auf dem Finanzmarkt auch nichts, das volatiler ist. Teilweise hat man zweistellige Prozentveränderungen im Wert innerhalb von 24 Stunden. Wer sich aber breit aufstellen will, und nicht nur in ETFs [börsengehandelte Fonds] oder Aktien investieren, für den bieten Kryptowährungen eine gute Ergänzung. Man braucht nur sehr starke Nerven und darf nicht nervös werden, wenn sich das eigene Kapital zwischenzeitlich halbiert – wie man an meinem Beispiel sehen kann. Und grundsätzlich sollte man von dem Geld, was man auf der hohen Kante hat und investieren will, höchstens 5 bis 10 Prozent in Kryptowährungen stecken.
Monero, IOTA und Co.: Was kann welche Kryptowährung?
Es gibt über 8.000 verschiedene Kryptowährungen. Was sind die Unterschiede, und warum ist gerade Bitcoin so erfolgreich?
Ich starte erstmal mit den Gemeinsamkeiten: Die meisten basieren auf der Blockchain, das heißt, sie sind nicht nur auf einem Server gespeichert, sondern dezentral im Internet. Der Unterschied der verschiedenen Währungen liegt in den Technologien dahinter: Bei Monero zum Beispiel geht es darum, dass man wirklich anonym zahlen kann und keiner mehr irgendetwas nachverfolgen kann. Bei IOTA geht es um die Kommunikation zwischen zwei Systemen. Sie haben zum Beispiel automatisierte Mikrotransaktionen in einem Parksystem entwickelt: Wenn ich in die Tiefgarage fahre, muss ich kein Ticket mehr ziehen, weil mein Auto direkt mit dem System der Tiefgarage kommuniziert und ich automatisch für die Parkzeit bezahle. Es gibt aber auch sehr viele Kryptowährungen, hinter denen nichts steckt außer heiße Luft. Und deswegen muss man sich vorher wirklich genau informieren. Ich könnte jetzt auch einen Margarethe-Coin anbieten und die Leute kaufen lassen.
Sie sagten eben, das Produkt sei “so interessant”. Warum?
Im Gegensatz zu Währungen wie dem Euro, den die EZB ja theoretisch beliebig viel drucken kann, wird es von Bitcoins auch in 300 Jahren nur 21 Millionen Stück geben. Es ist eine begrenzte Ressource, ähnlich wie Gold. Und alles, was begrenzt ist, ist begehrt und verzeichnet grundsätzlich eine Wertsteigerung.
Aber trotzdem kann es ja gut sein, dass mein Bitcoin, den ich heute für knapp 60.000 Dollar kaufe, morgen nur noch 10.000 Dollar wert ist?
Dazu muss man wissen, wie Preise gebildet werden: Durch Angebot und Nachfrage. Das gilt für Aktien, Gold und eben Bitcoin gleichermaßen. Ist die Nachfrage auf dem Markt groß, weil gerade überall in den Medien vom Bitcoin gesprochen wird, steigt der Preis. Sinkende Preise erzeugen oft eine Kettenreaktion: Der Preis sinkt und die Leute werden panisch und verkaufen ihre Anteile. Dadurch sinkt der Preis weiter. Hier ist es wichtig, antizyklisch zu handeln: Bei steigenden Preisen verkaufen und bei sinkenden Preisen kaufen.
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Bitcoin Wallet: Wie schützt man seine Daten?
Anfang des Jahres ging die Geschichte eines Mannes viral, der auf dem Papier Bitcoins im Wert von hunderten Millionen Euro besitzt – jedoch das Passwort für sein Wallet vor neun Jahren vergessen hat und seitdem nicht mehr an das Geld kommt.
Ja. Es ist eine dezentrale Währung ohne eine zentrale Anlaufstelle, die diese im Hintergrund verwaltet. Das macht die Währung interessant, aber eben auch riskant: Ich kann nicht meine Bank anrufen, wenn ich mich nicht mehr an mein Passwort erinnere.
Das heißt, das Geld ist weg?
Wenn er sein Passwort vergessen hat, dann ja.
Von wem kaufe ich denn eigentlich Bitcoins? Von jemandem, der weiterverkauft, also wie bei Aktien?
Aktien werden an der Börse gekauft und Kryptowährungen auf sogenannten Exchange-Plattformen: Das kann man sich vorstellen wie einen Broker, über den ich Bitcoins kaufen und verkaufen kann. Doch da muss man wirklich sehr genau aufpassen, wem man seine Daten gibt. Und man muss eben auch genau schauen, wo man die Kryptowährung aufbewahrt. Das geht dezentral im Netzt oder extern, auf sowas hier…
[Sie hält etwas in die Computer-Kamera, das aussieht wie ein USB-Stick.]
Das ist eine Art Mini-Tresor, auf dem die Coins gespeichert werden können. Auch da sollte man das Passwort aber nicht verlieren. Wenn es doch passiert, hat man aber noch eine Liste mit 28 zufälligen Wörtern, die man dann nacheinander richtig eingeben muss. Die notiert man sich, wenn man das Wallet kauft, und bewahrt diesen Zettel irgendwo auf, wo er wirklich sicher ist. Bei seinen Eltern, seiner Oma…
Wie kommen potenzielle Diebe auf meinen Stick?
Der Stick ist sicher – solange ich niemandem mein Passwort verrate. Diebe kommen meist nicht über den Stick, sondern es sind eher die Plattformen, die gehackt werden. Daher die Coins unbedingt runter vom Exchange nehmen und extern speichern – Passwort dabei unbedingt merken!
Es gibt jetzt den ersten Bitcoin-Fond in Kanada. Ist der weniger riskant?
Ja, das hat Vorteile. Denn ich investiere zwar in Kryptowährungen, muss mich aber nicht technisch voll reinfuchsen. Ich brauche auch keine Angst haben, dass ich auf einem windigen Portal lande oder jemand mein Wallet hackt und leer räumt. Ich kann den ETF einfach an der Börse kaufen. Damit ist die Hemmschwelle deutlich niedriger. Wenn ich weiß, wie ich eine Aktie kaufe oder einen ETF, kann ich auch in den Bitcoin-ETF investieren. Außerdem kann man hier nicht gehackt werden. Und selbst wenn der Herausgeber Pleite geht, ist mein Geld nicht weg.
Was meinen Sie mit gehackt?
Es passiert immer wieder, dass Konten gehackt werden. Zum Beispiel schickt ein Hacker eine Phishing-Mail, in der steht, man müsse ein wichtiges Update auf seinem externen Wallet machen. Und schwups ist das Geld weg. Also: Finger weg von solchen Mails.
Kryptowährung kaufen: Das ist zu beachten
Was sollte man noch beachten, wenn man in Kryptowährungen investieren möchte?
Langfristig investieren und nicht auf schnelle Gewinne hoffen Außerdem lohnt es sich, gekaufte Coins mindestens ein Jahr zu halten. Jede Transaktion, die man tätigt, und bei der man Gewinn erzielt, muss sonst mit dem Lohnsteuersatz versteuert werden. Das entfällt, wenn man sie eben länger als 12 Monate hält, dann ist der Gewinn nämlich steuerfrei. So wie bei Gold auch.
Würden Sie aktuell eher Bitcoin kaufen oder eine alternative Kryptowährung?
Bitcoin ist auf jeden Fall ein guter Einstieg. Auch weil immer mehr Unternehmen aufspringen und Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren: Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass der Bitcoin immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt.
Das ganze Interview mit Margarethe Honisch lest ihr hier weiter auf Vogue.de!
Foto: Karolina Grabowska