Selbstversuch: Vegan Jan
Ich habe Lust, mir das Leben schwer zu machen. Nach dem No-Shopping-Monat halse ich mir direkt ein neue Verzicht-Projekt auf. Wie ich schon in einem anderen Artikel erwähnt habe, ist der Verzicht, also das Fasten, eine gute Möglichkeit, sich seinem eigenen Konsum bewusst zu werden und ein ausgewogeneres Verhältnis zu eingefahrenen und unbewussten Abläufen zu bekommen. Ich esse schon seit einigen Jahren selten Fleisch und setze mich regelmäßig auf einen kompletten Fleisch-Verzicht, doch an ein veganes Leben habe ich mich bislang nicht heran gewagt.
Natürlich war mir die Existenz des Veganismus bewusst – wenn die veganen Burgerläden aus dem Boden sprießen wie Gänseblümchen, die wir als Kinder im Sommer gegessen haben (die sind schließlich auch vegan), bleibt einem auch kaum eine andere Möglichkeit, als diesen Trend wahrzunehmen. Veganismus stand binnen kürzester Zeit wie ein riesiger, rosafarbener Elefant im Raum und ich habe mich seitlich an ihm vorbei gedrängt und versucht, ihn zu ignorieren. „Ein rosafarbener Elefant? Wo? Das wäre mir noch gar nicht aufgefallen“, dachte ich mir und gesagt habe ich dann folgendes: „Ich lebe zu Hause sowieso schon so gut wie vegan, esse kaum Fleisch – mir ist ein ausgewogener und bewusster Umgang mit unserem Essen wichtig.“, ich habe mich schlau und reflektiert gegeben, wollte mich aber nicht der Herausforderung stellen. An dieser Stelle: Ich muss dringend damit aufhören, ein Schlaumeier bei Dingen zu sein, mit denen ich mich noch nie auseinandergesetzt habe. Vielleicht probiere ich das im März.
Deshalb gibt es nun meinen VEGAN JAN. Den ganzen Januar über lebe ich vegan und da bereits die Hälfte des Monats vorbei ist, kann ich ein erstes Fazit abgeben.
Ich bin vor allem überrascht, wie leicht es mir fällt, vegan zu leben. In fast jedem Restaurant gibt es mindestens eine vegane Variante. Eine Auswahl habe ich meistens nicht mehr, aber das kann auch recht erfrischend sein. Ich muss sonst schon genug entscheiden. Ansonsten koche ich mehr zu Hause, wodurch ich im Endeffekt sogar Geld spare. Seit ich beschlossen habe, vegan zu leben, snacke ich weniger und esse bewusster – schon allein, weil es als Veganerin deutlich weniger Essensmöglichkeiten und Versuchungen gibt.
Ich fühle mich nicht wie ein neu geborener Mensch, aber schlecht fühle ich mich auch nicht, was gut ist. Ich habe mich seit zwei Wochen nicht überfressen, was ungewöhnlich neu ist. Ich fühle mich gut, was größtenteils moralische Gründe hat und auch die ursprüngliche Motivation für mich war, vegan zu leben: die Tiere. Entweder habe ich es verdrängt oder es hat mir ein mulmiges Gefühl gegeben, zu wissen, dass Tiere für meinen Luxus gequält oder getötet werden. Ich würde mich nicht als außergewöhnlichen Tierfreund bezeichnen, aber das möchte ich nun trotzdem nicht. Es tut gut, zu wissen, dass man wenigstens in diesem Punkt aus dem Schneider ist – und das auf so unkomplizierte Art und Weise. Pizza habe ich bisher einmal vermisst, aber es gibt fantastische Alternativen und veganen Pizzakäse, der alles gut macht und auch für das Comfort Food und Kateressen sorgt, das jeder Mensch manchmal braucht. Nüsse werden deine beste Freunde, weil sie mehr oder weniger alles an Käse und Fleisch ersetzen und dein Highlight in jedem Gericht werden. Soja gibt es in so unglaublich vielfacher Ausführung, dass es nie langweilig wird. Man hat immer ein Diskussionsthema, wenn einem gerade sonst nichts einfällt, worüber man sprechen kann – alles in allem halte ich das Thema aber klein und undiskutiert. Ich habe in den letzten zwei Wochen außerdem etwas abgenommen, was jetzt auch kein schlechter Nebeneffekt ist.
Beispiele für Dinge, die man als Veganer*in essen kann und die nicht lange dauern:
– Salate in jeglicher Ausführung: Mit gebratenem Gemüse, eingelegtem Soja, Nüssen
– Pasta mit allen Soßen auf der Welt – nur ohne Käse und ohne Sahne. Für beides gäbe es aber vegane Alternativen.
– Avocadobrote werden ein Basic im Haushalt
– Müsli mit Nüssen, Haferflocken, Obst, Zimt, getrocknetem Obst und Soja-Joghurt
– Vegane Burger und Pommes
– Pizzabrot mit gebratenem Gemüse oder Rucola Salat
– Ungefähr alles an asiatischem Essen: Indisch, Koreanisch, Vietnamesisch, Chinesisch, Japanisch. Sobald das Gericht ohne Fleisch ist, ist es meistens auch vegan
Mein Leben hat sich nicht außergewöhnlich verändert. Ich esse gesünder, die Lust auf geschmolzenen Käse und Fett gerät langsam in Vergessenheit und ich glaube tatsächlich, ich werde meinen veganen Monat erweitern. Ich freue mich über jede Person, die auf den VEGAN JAN Zug mit aufspringt und es mal versucht. Was sind eure Erfahrungen mit Veganismus?
10 Antworten zu “Selbstversuch: Vegan Jan”
Ich bin seit 7 Jahren Veganerin – und hab genauso mit einem zeitlich begrenzten Experiment begonnen.
Ich wünsch dir viel Glück dabei <3
PS: Die Lust auf geschmolzenen Käse verschwindet mit der Zeit übrigens komplett ;)
Tolle Idee! Ich mache das zwischendurch auch immer mal wieder für ne Weile, habe es aber noch nicht geschafft, mich komplett umzustellen.
Was ich an der ganzen Sache allerdings vermisse (und das nicht nur bei dir), ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Veganismus“. Nur weil du keine tierischen Produkte isst, bist du nicht vegan. Veganismus ist eine ganzheitliche Lebenseinstellung und der Verzicht auf tierische Produkte, also auch Leder, Wolle etc.
Versteh mich nicht falsch, ich finde es toll, dass immer mehr Menschen ihre Essgewohnheiten überdenken und mehr und mehr auf tierische Produkte verzichten. Selbst ein fleischfreier Tag in der Woche macht schon einen gewaltigen Unterschied. Trotzdem finde ich, dass man reflektierter mit der Bezeichnung umgehen sollte.
Das stimmt, darüber habe ich nicht nachgedacht. Auf Leder und Wolle verzichte ich nicht – aber irgendwo muss man ja mal anfangen!
Richtig!
Schöne Idee sich Dinge bewusst zu machen.
Ich würde dich aber bitten die Idee, dass Tiere für Milch- oder Eiproduktion „gequält und getötet“ werden, kritisch zu prüfen und zu überdenken. Bei Fleischkonsum ist das töten natürlich ein großes Argument, aber glaub mir, kein normaler Landwirt quält seine Tiere. Ich komme selber vom Land und habe Tierhaltung selbe immer als sehr vertretbar empfunden. Natürlich gibt es auch in Deutschland Massenhaltung, die einem nicht gefällt. Die Wahl wo wir unsere Nahrung kaufen liegt aber letztlich noch bei uns. Ich verstehe jeden, der vegan wird, aus vielen Gründen. Trotzdem finde ich sollte jeder, bevor er diese Entscheidung trifft, mal bei seinem Bauer vom Wochenmarkt auf dem Hof vorbei schauen, sehen wie er seine Hühner hält, kritisch fragen ob das jetzt wirklich quälerei ist, oder ob Hund, Katze und Kaninchen in der Stadtwohnung vielleicht doch unter noch schlechteren Bedingungen leben.
Liebe Fran, ich verstehe deinen Punkt und im Text wollte ich auch andeuten, dass ich mit diesen Argumenten bisher immer argumentiert habe. Ich komme selbst auch vom Dorf, mein Onkel ist Fischer und ich war beim Schlachten dabei und beim Ausnehmen von Fischen. Ich kenne das Prozedere und mir geht es primär nicht darum, dass Tiere sterben, sondern wie sie sterben. Und so sehr ich versucht habe, „gute“ Tierprodukte zu konsumieren – ich konnte mir sehr oft nicht sicher sein – vor allem in Restaurants nicht. Und in Supermärkten habe ich zwar die teuersten Freilandeier genommen, aber wissen tu ich dennoch nicht, wie die Tiere gelebt haben. Beim Käse erst recht nicht. Ich verurteile keinen, der Fleisch oder Tierprodukte zu sich nimmt nur glaube ich, dass wir uns mit genau diesem Argument sehr oft anlügen und es sich oft um Ausreden handelt – vielleicht bist du da die Ausnahme und dann fühle dich bitte nicht angesprochen.
Wir leben im westlichen Luxus, oft in Großstädten und können uns eine vegane Ernährung leisten. Andere vom Dorf oder aus ärmeren Ländern können oder müssen das auch überhaupt nicht. Wer in Großstädten lebt weiß sehr oft nicht, woher sein Essen kommt – also warum nicht auf eine vegane Ernährung umsteigen und ein bisschen Gutes beitragen?
Liebe Grüße,
Amelie
Ich ernähre mich seit ein paar Jahren fast ausschließlich vegan ( selten mal ein Süßigkeitenrückfall) und ich vermisse eigentlich wirklich nichts. Sollte es dann doch mal so ein Süßigkeitenrückfall gegeben haben, merke ich meistens dabei schon: neee, schmeckt mir jetzt auch nicht mehr so. Viel zu süß und muss auch nicht sein.
Irgendwann wird alles völlig normal und man denkt da gar nicht weiter drüber nach.
Ich liebe dich gerade dermaßen für diesen Beitrag. Es zeigt, dass man nicht gleich komplett sein Leben umstellen muss. Was ja die meisten daran hindert, sich mal in der veganen Ernährung auszuprobieren. Einfach mal einen Monat lang testen, was so viele schon machen. Eine Form der Ernährung die uns und anderen gut tut. Und ja, es kann wirklich so einfach sein. Ich finde es großartig, dass du verlängern willst. Und selbst, wenn es nicht dein dauerhafter Lebensstil sein wird, so wirst du aus dieser Erfahrung doch bestimmt einiges mitnehmen.
Liebst, Bina
Liebe Amelie
Sehr spannend, deine Gedanken zu diesem Thema zu lesen und vorbildlich, dass du dich der Herausforderung stellst! Ich selber habe mich in den vergangenen Monaten auch häufiger mit dem Thema vegetarische/vegane Ernährung befasst und sehe diese alternative Ernährungsweise definitiv in einem anderen Licht. Seither habe ich meinen Fleischkonsum deutlich runtergeschraubt und es geht mir damit richtig gut! Ich möchte noch vermehrt vegane Produkte in meinen Alltag integrieren, lasse ich mich gerne von veganen YouTubern inspirieren und stöbere auf Pinterest nach veganen Rezepten – macht richtig Spass und stärkt den Gedanken, dass Veganismus nicht zwingend Verzicht heissen muss.
Schön, dass du dich mit diesem Thema auseinandersetzt. Aber schade, dass du nur auf den Ernährungsaspekt des Veganseins eingehst – dabei kommt in dem kurzen Text gefühlte 15mal die Aussage „vegan LEBEN“.