Rezept: Trüffelpasta
Text & Bild: Juri Gottschall
Sobald sich der Sommer zu verabschieden droht, und die ersten Momente einen nahenden Herbst vermuten lassen, stürzen sich Gastronomen jeglicher Façon auf ein Gericht: Pasta mit Trüffeln.
So unterschiedlich und vielseitig wie ihre Köche, sind auch deren Ergebnisse auf dem Teller. Was sie fast immer gemein haben: Sie werden als etwas sehr Besonderes, Feines und meist auch gnadenlos Überteuertes verkauft. Immerhin geht es um Trüffel, das feinste aller Lebensmittel, das „schwarze Gold“ des Herbstes. Bewegt man sich dieser Tage durch ein paar italienische Restaurants in einer deutschen Großstadt, kann man sich kaum retten vor lauter Trüffelpasta und stechender Aromen.
Dabei hat das Gericht durchaus eine große Tradition. In den italienischen Bergen, besonders in den Trüffel-Hochburgen im Piemont, aber auch in den Appeninausläufern rund um Bologna, beginnen bald die Trüffelmärkte. Bekannt sind vor allem jene in Alba und in Savigno bei Bologna. Dort werden ab Ende September weiße Trüffel verkauft, deren Qualität und Preis mit nichts vergleichbar sind, was es man hierzulande als Delikatesse verkauft.
Wie alles, was selten und teuer ist, werden auch Trüffel in großen Stil gefälscht. Angefangen von billigen Züchtungen aus China (ja, in China fälscht man sogar Lebensmittel), die mit großem Glück wenigstens noch aussehen wie Trüffel, über diverse Knollen in Gläsern bis hin zum allgegenwärtigen Trüffelöl. Trüffelöl ist der Höhepunkt aller Fälschungen. Meist handelt es sich um ranziges Olivenöl, dem angebliches Trüffelaroma aus dem Chemielabor beigemischt wurde. Hat man Glück, und es handelt sich um ein „hochwertiges“ Produkt, schwimmen noch ein paar kleine Trüffelstückchen am Boden der Flasche herum. Die meisten dieser Öle würde man noch nicht mal ohne Trüffelaroma gerne essen. Der beißende Chemiegeschmack gibt einem aber endgültig den Rest. Dennoch hat sich Trüffelöl gemeinhin etabliert, es geht sogar als Delikatesse durch. Wahrscheinlich denkt die Mehrheit der Menschen, dass Trüffel so schmeckt wie Trüffelöl riecht.
Dabei ist es eigentlich so einfach mit den Trüffeln: Es gibt schwarze und weiße Exemplare, wobei die weißen seltener und tatsächlich nur im Herbst und Winter erhältlich sind. Sie haben ein starken, charakteristischen Duft und einen milden Geschmack, der verloren geht, sobald sie erhitzt werden. Deshalb werden weiße Trüffel auch nur roh in dünnen Scheiben mit möglichst größer Oberfläche über Gerichte gehobelt. Schwarze Trüffel hingegen brauchen sogar Wärme, um ihren Geschmack zu entfalten. Sie riechen und schmecken nach Waldboden, Laub, Feuchtigkeit und Pilzen. Und im Gegensatz zu ihren weißen Geschwistern sind sie zwar auch eine Delikatesse, aber keineswegs eine unbezahlbare.
Was beide Sorten gemeinsam haben (und was im übrigen auch für alle anderen teuren, hochwertigen Lebensmittel gilt): Man sollte nicht mit ihnen geizen. Lieber nur einmal pro Saison Trüffel essen und dafür so gut dosieren, dass man auch was von ihrem feinen Geschmack hat. Und bloß nicht, nie, die Sparsamkeit durch billige Aromen ausgleichen. Das ist eine Rechnung, die nicht aufgeht und nirgends passt das Sprichwort „Sparen am falschen Ende“ besser als hier.
Bei mir gab es vor ein paar Tagen die ersten Trüffelnudeln des Jahres. Die Trüffel dafür habe ich am südlichen Gardasee gekauft. Sie werden im Valtènesi, dem für seine Weine bekannten hügeligen Hinterland des Sees, gefunden. Für eine große Knolle habe ich ungefähr sieben Euro bezahlt, weshalb ich gleich drei gekauft habe. Und genauso wie diese Anschaffung keine Hexerei ist, gehört auch die Zubereitung zu den einfachsten Dingen der Welt: Einen Großteil der Trüffel reibe ich mit der Käsereibe in feine Späne. Dann schmelze ich eine großzügige Menge Butter auf kleiner Flamme in einem Topf (Trüffel brauchen Fett, um ihren Geschmack richtig zu entfalten) und gebe etwas Wasser dazu, sodass sich eine trübe Emulsion bildet. Bei kleiner Hitze lasse ich unter ständigem Rühren fein geriebenen Parmesan darin schmelzen und gebe dann die geriebenen Trüffel dazu. Ich lasse sie etwas in der Creme ziehen und geben sie dann später mit etwas Kochwasser verdünnt zu den frisch gekochten Nudeln. Am besten eignen sich hier dünne, frische Eiernudeln. Klassischerweise benutzt man Tagliatelle oder Tagliolini, im Piemont auch die noch dünneren Tajarin. Die restlichen, rohen Trüffel gebe ich in dünnen Scheiben über den Teller.
Das Ergebnis ist ein zarter, leichter Geschmack, der vom Parmesan getragen wird. Das Gericht schmeckt fein und diskret nach Wald und Herbst und Feuchtigkeit. Nichts daran ist ordinär oder aufdringlich. Ich könnte es jeden Tag essen.