Rezept: Risotto ai funghi

24. November 2017 von in

von Mercedes Lauenstein

Ich frage in Geschäften die Menschen hinter der Theke gern, was sie selbst mit einem bestimmten Gemüse, Käse, Fisch oder Fleisch in der Küche machen würden. Da springen die besten Rezepte bei heraus. Natürlich braucht man dafür einen kleinen, sehr spezialisierten Laden, wo die Mitarbeiter noch wissen, was sie verkaufen. Im Supermarkt läuft es ja eher andersrum und man erklärt dem Menschen an der Kasse erstmal, was man da überhaupt gerade kauft, damit er die richtige Nummer zum Eintippen raussuchen kann – ja, genau, das weiß-grüne Teil ist ein FENCHEL, mit F.

Ein sehr guter Laden um mündliche Rezepte abzustauben, ist der Käseladen der Oriolis in Gavardo, und wer immer in der Gegend um Brescia oder den Gardasee unterwegs ist, sollte dort Halt machen. Nicht nur bekommt man von Herrn und Frau Orioli die gesamte Historie jedes Käses mitsamt seiner exakten Biographie vorgestellt, auch empfehlen sie einem zu jedem Produkt mindestens einen Verzehrvorschlag. Kauft man die Hausspezialität Bagoss, einen extrem würzig-scharfen, gelben Hartkäse aus Kuhmilch und Safran, der so nur von einer Handvoll Bauern in einem kleinen Bergdorf namens Bagolino in der Lombardei produziert wird, rät Giuseppe Orioli einem unter anderem, damit ein Risotto mit Steinpilzen zu machen.

Raten ist höflich ausgedrückt, er befiehlt es einem.

Olivenöl in einem Topf erhitzen, eine fein gehackte Schalotte dazu, anschwitzen, dann den Reis dazu, ganz leicht anrösten lassen, mit Brühe (man rühre für diese Brühe am besten einige Löffel selbstgemachter Gemüse-Demi-glace in kochendes Wasser – die Verwendung dieser Demi-glace ist übrigens auch der Grund dafür, dass dieses Risotto so dunkel aussieht) ablöschen und unter Rühren garen lassen und immer wieder mit Brühe aufgießen, bis der Reis nur noch ganz leichten Biss hat und seine Stärke sich mit der eingekochten Brühe aufs Sämigste verbunden hat. Etwas Butter unterrühren und großzügig Bagoss hineinreiben, rühren, fertig. Auf keinen Fall wie bei anderen Risotto-Varianten noch Weißwein hineingeben, das würde das Bagoss-Aroma verfremden.

Währenddessen auf einer zweiten Herdplatte in einer Pfanne in Olivenöl etwas Knoblauch andünsten, wieder herausnehmen und dann Steinpilze in dem aromatisieren Öl braten. Wer denkt, das geht nicht, gleichzeitig Risotto kochen und Pilze braten, dem sie gesagt, dass es entgegen aller Gerüchte kein Problem ist, das Risotto auch mal eine Minute ohne Rühren vor sich hin köcheln zu lassen und nur gelegentlich ordentlich umzurühren. Die Pilzen erst zum Schluss salzen, damit sie nicht ihr ganzes Wasser verlieren. Und nun, sehr wichtig, Pilze auf gar keinen Fall IN das Risotto reinrühren, darauf besteht Herr Orioli mit erhobenem Zeigefinger, nicht Risotto CON funghi, sondern AI funghi – Risotto also erst auf den Teller, mit dem Löffel eine kleine Mulde in die Mitte drücken und dort hinein dann die nackten, gebratenen Pilze legen, so bleiben beide Elemente ganz bei sich und ergänzen sich doch perfekt. Dazu, auch darauf besteht der Mann: ein gut temperierter Cabernet Sauvignon, am besten aus dem Friaul.

Zu den Steinpilzen in die Pfanne kann man übrigens Petersilie geben, noch viel besser aber eignet sich Estragon, das wiederum haben wir von wieder einem anderen Italiener gelernt, Andrea Boscagli: Il dragoncello è il morte dei funghi, pflegt der nämlich zu sagen, was so viel heißt wie: Estragon ist der Tod der Pilze. Heißt: Besser geht’s nicht, ist zum Sterben gut!

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