Rezept: Ricottacreme
Von Mercedes Lauenstein
Dolci, Nachspeisen oder Desserts finden in meiner Küche nur selten statt. Das liegt auch daran, dass sich der gemeine Pasticciere so gerne verkünstelt. Allein das Wort Dessert schreckt mich ab. Viel zu barock, zu verspielt, zu kitschig. Sofort sehe ich gekräuselte Orangenschalen und Gläser mit Zuckerrändern von mir und in Folge dann alte Damen auf Kreuzfahrtschiffen vor Nordafrika, die ihre Gabel gelangweilt in eine Sahnetorte stecken. Die meisten Desserts sind mir zu viel Süppchen, Halbgefrorenes, Parfait und so weiter.
Meistens bestelle ich also in Restaurants Käse und Espresso und gehe auf dem Heimweg noch ein Eis essen. In Italien kann man sich auch problemlos einfach ein Stück ganz normalen, grad aus dem Ofen kommenden Apfelkuchen zum Kaffee bringen lassen.
Damit wäre das Thema eigentlich erledigt, wieso also schreibe ich es hier auf? Ganz einfach: Weil es – wie immer – Ausnahmen gibt. Eine davon ist so klassisch und einfach, dass man sie fast nicht erwähnen möchte und sie gleichzeitig gar nicht oft genug erwähnen kann. Denn die Creme aus Ricotta und Sahne, die dann entweder mit Saba (dazu gleich mehr) oder Olivenöl serviert wird, ist in ihrer gänzlichen Unverspieltheit und Schlichtheit eine einzige Freude.
Ricotta allein gehört ja schon zu den schönsten Dingen, die man aus Milch machen kann. Die Mischung aus Süße und Säure bei gleichzeitig fast völliger Abwesenheit von Fett, kann sich nie so recht entscheiden ob sie eigentlich deftig oder süß sein möchte. Klar, klassisch ist Ricotta mit Spinat als Nudelfüllung bekannt. Aber spätestens wenn man sie einfach mal mit etwas Honig gegessen hat, weiß man auch ihre Süßspeisenfähigkeiten zu schätzen.
Für diese Nachspeise rühre ich Ricotta (man sollte unbedingt versuchen handwerklich hergestellte Ricotta zu bekommen und nicht das großindustrielle Produkt aus Supermarkt zu benutzen – der Geschmacksunterschied ist riesig) glatt. Wer es intensiver möchte, kann auch Schafs- oder Büffelricotta benutzen. Parallel schlage ich ungefähr die halbe Menge Sahne steif, gebe eine Prise Salz dazu und süße die Sahne mit Puderzucker. Die Menge ist Geschmackssache, ich tendiere eher zu einer dezenten Süße. Dann wird die geschlagene Sahne vorsichtig zur Ricotta gerührt, sodass eine cremige, luftige Masse entsteht, die in ihrer Konsistenz noch am ehesten mit nicht ganz hart gefrorenem Schnee zu vergleichen ist. Portionieren und in den Kühlschrank stellen.
Später, wenn es ans Servieren geht, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die klassische, in der Emilia-Romagna verbreitete, Version mit Saba oder mit einem frischen Olivenöl. Saba ist eingekochter Traubenmost. Sie ist die erste Stufe auf dem langen Prozess der Herstellung von Aceto Balsamico und wird in der Gegend um Modena und Bologna überall für wenig Geld verkauft. In Deutschland bekommt man Saba in guten italienischen Feinkostgeschäften. Ihr Geschmack ähnelt ein wenig gutem Zuckerrübensirup, allerdings hat sie durch die verwendeten Trauben viel mehr Fruchtigkeit und nicht nur Süße. Sie ergänzt die Ricotta hervorragend. Wenn gerade Sommer ist und sich im Kühlschrank zufällig frische Erdbeeren finden, kann man sie leicht gezuckert noch dazu servieren. Eventuell sogar mit ein paar Tropfen Aceto Balsamico. Denn Balsamico und Erdbeeren sind sowieso eine unschlagbare Kombination.
Völlig anders, aber mindestens genauso gut, eignet sich ein würziges, scharfes, kräuteriges Olivenöl. Hier sollte – wie immer, aber hier besonders – auf allerhöchste Qualität geachtet werden. Das Öl sollte schmecken wie eine frisch gemähte Sommerwiese. Wer diesen Geschmack nicht kennt, sei angehalten weiter danach zu suchen. Es gibt solche Öle – man muss sie nur finden.