Plädoyer fürs Simpen: Wieso wir uns mehr (temporär) schockverlieben sollten!
Es gibt Dinge, auf die kann man einfach nur mit verklärtem Blick zurückschauen. Das geht jedoch nur, wenn man zeitlich einen gehörigen Abstand zu ihnen aufgebaut hat. Darunter ganz viele erste Male: Schmetterlinge im Bauch. Der allererste Crush. Die erste große, alles einnehmende, romantische Liebe. Oh so bittersweet. Verbunden mit einem „weißt du noch“ der Superlative. Damals, als jeder Blick, jedes „Hallo“ zu einem gefeierten Meilenstein emporgehoben wurde. Begleiter von Kreischen, gegenseitigem Hypen und alles ins kleinste Detail ausschlachten. Am besten über eine längere zeitliche Periode.
Let me Simp oder die Magie des Crush-to-go
„Ich glaube, ich habe mich gerade verliebt“, erzähle ich meinen Freund:innen. Kürzlich beim Spazierengehen hat es mich wie vom Blitzschlag getroffen. Blickkontakt, Wahnsinnslächeln und ja, mein Herz ist mir so was von in die Hose gerutscht. Mich hat es erwischt. Ganz schön. Ein ziemlich pathetischer Crush-to-go. Zack. Boom! Einfach so. Im Vorbeilaufen. Wer ist dieser Mann? Ich muss ihn kennenlernen! Dachte ich einige Ecken weiter. Aber Chance verpasst. Was nicht weiter schlimm war. Nur kurz, für einen schmachtenden Seufzer sorgte: „Goodby my almost lover“ (Dramatik impliziert). Allein dieses Gefühl, sich gerade bis über beide Ohren schockverliebt zu haben, gab mir Erfüllung.
(V)erklärt: Generation Simpen!
Auch wenn man lautstark lieber anrät, keinen Crush zu entwickeln, gibt es natürlich auch für dieses völlig pathetische Verhalten einen coolen Gen-Z-Begriff. (Denn niemand möchte sich das Monopol auf einen ‚Jugendwort des Jahres‘- Anwärter nehmen lassen). Dieser lautet: Simpen. Der Superlativ von auf jemanden einen Crush haben. Es ist der passive Akt, banalen Handlungen und der puren Anwesenheit einer Person exorbitante Bedeutung beizumessen. Natürlich immer mit gesundem Abstand. Denn der Crush, von dem wir hier reden, soll nur ein kleiner Stimmungsaufheller für zwischendurch sein. Und keine obsessive Projektionsfläche werden.
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Buzzword, Synonym, Lifestyle
Mittlerweile bezieht sich der Begriff im Sprachgebrauch nicht mehr ausschließlich (negativ) auf hoffnungslos romantische Männer, sondern jeder:jede kann ei:n Simp sein. Denn simpen an sich ist die einfachste Sache der Welt.
Can you feel the magic?
Und ja, auch wenn Gen Z gerne so tut, als hätten wir das Pokerface sowie romantische Abgeklärtheit erfunden, wünscht sich doch jeder:jede manchmal, sich einfach so dem Verknallt sein hinzugeben. Auch wenn es nur ganz heimlich ist. Aus allen Nähten platzen, während man seinen Freund:innen mit ungebremster Begeisterung von einem Date, dem Office Crush oder dem schönsten Stranger der Welt am Hauptbahnhof oder im Supermarkt erzählt. Wieso auch nicht? Can you feel the magic? Ich für meinen Teil möchte wieder invested sein. Und zwar so richtig. Als würde man eine Serie schauen, nur dass es das Leben ist. Meins und das der Menschen um mich herum.
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Ein Pladoyer für mehr Simpen!
Doch natürlich gibt es auch anderen Settings. Solche, in denen das Simpen realer wirkt und wird. Eben zum Greifen nah. „OMG LEUTE, ICH GLAUBE, ICH STERBE! ICH MAG DEN RICHTIG GERNE!“ Das textete ich kürzlich meinen Freund:innen auf dem Weg zur Arbeit! In unserem Gruppenchat teilen wir die Höhen und Hürden des Alltags. Hier können wir uns ganz schambefreit ausleben und den gesamten Cringe und Kitsch sowie das Chaos abladen. Wie ein Honigkuchenpferd grinsen, wenn jemand von einer Nachricht, einem Date oder Erlebnis erzählt. Und das Beste daran: Alle fiebern mit! Denn im Liebesleben der eigenen Freund:innen ist man im Regelfall an jedem noch so winzigen Detail interessiert. Im „Groupchat“ werden quasi schon Hochzeiten geplant und auf Date A, B, C oder D gewettet. Je nachdem, wer bei den anderen gerade die Poleposition hält.