Woran kann es liegen, dass sich Frauen oft so viel weniger für das Thema Geld interessieren, als es viele Männer tun? Liegt es daran, dass Finanzthemen oft dröge und komplex wirken? Oder dass wir nie genug gelernt haben, uns für Aktienkurse und Mathe statt für Gefühle und schöne Dinge zu interessieren? Oder denken einige Frauen gar – auch wenn ich bei der Vorstellung schon Gänsehaut kriege – wenn wir verheiratet sind, wird der Mann das alles schon regeln?
Kolumne: Warum wir uns endlich für Geld interessieren müssen
„Wenn ich all die Zeit, die ich in das Analysieren von irgendwelchen Nachrichten irgendwelcher Typen in Wissen über mein Geld gesteckt hätte, wäre ich finanziell heute schon ganz woanders.“ Als ich diesen Satz neulich in der Insta-Story von Mirna las, wollte ich ihn mir und all meinen Freundinnen am liebsten ausdrucken und uns allesamt ans Hirn tackern, denn er trifft den Nagel so sehr auf den Kopf. Da hilft kein theoretisches Grübeln über Empowerment und Feminismus, über Gleichberechtigung und Unabhängigkeit, wenn wir die grundlegendsten Dinge, die uns dazu bringen könnten, langweilig finden. Sie aufschieben, sie anderen überlassen, sie nicht in die Hand nehmen. Wir müssen anfangen, uns für Geld zu interessieren. Für unser eigenes Geld und unsere eigene finanzielle Unabhängigkeit. Für unsere Zukunft und unsere Rente, die wir selbst in die Hand nehmen können.
Mit dem Thema Finanzen verhält es sich leider oft ähnlich wie mit dem allgemeinen Thema der Hobbies: Während viele Frauen oft viel zu viel Zeit mit dem Nachdenken, Grübeln und Diskutieren über Gefühle, über Beziehungen vertrödeln, entwickeln viele Männer schon als Kinder häufig handfeste Interessen: Fußballspielen, an Dingen herumschrauben, und sich später mit der Politik- und Finanzwelt auseinandersetzen. Das führt zu tendenziell unterschiedlichen Interessensschwerpunkten von Männern und Frauen: In Sachen Wirtschaft und Werkeln sind Frauen relativ weit hinten mit dabei. Dabei sind weder Jungs unfähig, sich mit Gefühlen und Beziehungen zu befassen, noch Mädchen nicht dazu in der Lage, Hobbies und Interessen über Mode, Interior und Beziehungen hinaus zu entwickeln. Wir kriegen es nur eben so beigebracht, wie Liv Strömquist übrigens sehr anschaulich in diesem Buch darlegt – und es liegt später an uns, wie wir damit umgehen und ob wir ausbrechen.
Sehe ich mich heute in meinem Bekanntenkreis um, hat ein beachtlich großer Teil der der Jungs den Weg in die gut bezahlte Finanz- oder Ingenieursbranche eingeschlagen, während viele der Mädchen sich für das Schreiben und kreative Medienjobs entschieden haben. Soweit, so gut, auch ich entspreche zufällig ziemlich genau diesem exemplarischen Schema, was noch gar nichts über den tatsächlichen finanziellen Status von uns allen aussagen muss. Doch was mich ganz unabhängig von Branche und Verdienst dabei stutzig macht: Spreche ich mit männlichen Freunden über Geldanlage, über ETFs und Aktienfonds, über „ihr Portfolio“ und die beste Online-Bank für die Depot-Eröffnung, dann bekomme ich erstaunlich häufig fundierte und interessierte Antworten. Spreche ich meine Freundinnen darauf an, haben die meisten keine Ahnung, wovon ich rede.
Was ich früher kaum für möglich und für eine Lebensrealität von Vorvorgestern gehalten habe, stellt sich in meinem Umfeld so langsam immer wieder ein: Von sechs weiblichen Bekannten, die in meinem Alter schwanger geworden und damit sehr jung ein Kind bekommen haben, sind fünf damit automatisch finanziell von ihrem Freund oder Mann abhängig geworden. Was das Arbeiten, aber auch das Handling des, nun oft nicht mehr eigenen, Geldes angeht – wie problematisch das für Frauen werden kann, hat Madamemoneypenny hier aufgeschlüsselt. Der andere, größere und kinderlose Teil meiner Freundinnen kommt mal mehr, mal weniger gut über die Runden – die, die über ihre Altersvorsorge, einen Sparplan oder gar Geldanlage nachdenken, kann ich allerdings an einer Hand abzählen.
Dabei ist, egal ob wir uns Kinder und eine Familie wünschen oder nicht, unsere eigene Selbstständigkeit und Unabhängigkeit unser höchstes Gut. Emotional genau wie finanziell. Wir können nun weiterhin dabei zusehen, wie sich viele Männer in unserem Umfeld für Finanzen interessieren, ihr Geld anlegen und es zum Wachsen bringen. Wir können hoffen, dass wir nicht in Altersarmut enden, und da jemand an unserer Seite sein wird. Wir können aber auch einfach mal anfangen, unsere Finanzen und unsere Zukunft in die eigene Hand zu nehmen – egal was oder wer da noch so kommen mag.
Dafür müssen wir anfangen, Finanzthemen nicht mehr als dröge, sondern als empowernd wahrzunehmen. Wir müssen anfangen, uns für Finanzen zu interessieren, wir müssen uns informieren und bilden. Wir müssen anfangen, Youtube-Channels, Websites und Instagram-Accounts zu abonnieren, die sich mit Geld und Investments befassen. Wir müssen lernen, was ETFs sind und wie wir damit jetzt schon anfangen können, unsere magere gesetzliche Rente aufzupolstern – und die Angst vor Aktien hinter uns lassen. Wir müssen unsere eigenen Konten, Ausgaben und Einnahmen im Blick haben, um unser Geld wachsen statt schrumpfen zu lassen.
Je mehr wir uns für Geld interessieren, desto mehr können wir an unserer Unabhängigkeit arbeiten. Und einmal darin eingetaucht, kann das Thema Geld sogar zu einem ziemlich spannenden Hobby werden. Denn wer sagt eigentlich, dass wir bis an unser Lebensende nervige Nachrichten von irgendwelchen Typen analysieren wollen?
2 Antworten zu “Kolumne: Warum wir uns endlich für Geld interessieren müssen”
Danke für diesen interessanten Beitrag.
Ich scheine eine der Ausnahmen zu sein und mich schockieren solche Fakten immer wieder. Meine Mutter hat eine Führungsposition in der Finanzbranche. Bei uns ging es zuhause schon immer viel um Geld. Ich wurde genauso behandelt wie mein Bruder, habe selbst als Ingenieurin in der Automobilbranche gearbeitet.
Ich kann den Frauen in unserer Generation nur raten, es ihren (zukünftigen) Töchtern vorzuleben und versuchen Interesse auch in solchen Bereichen zu wecken und zu fördern.
„Woran kann es liegen, dass sich Frauen oft so viel weniger für das Thema Geld interessieren…?“ Es liegt v.a. an der unterschiedlichen monetären Sozialisierung: Männer werden (immer noch!) dazu erzogen, eine Familie zu ernähren, sie erhalten deshalb höhere Gehälter und wählen höherbezahlte Berufe. Frauen werden dazu erzogen, Mutter zu sein und sich um andere zu kümmern. Das ist leider heute immer noch so. Außerdem wird uns Frauen eingeredet, Mathe wäre doof.
Diese Rollenzuschreibungen zu erkennen ist wichtig. Dann können wir sie für uns nämlich ändern. Wichtig auch: Wenn wir uns um unser Geld kümmern, kümmern wir uns um uns! Darin sind wir Frauen auch nicht gut. Wir optimieren eher unser Äußeres, als für uns wirklich selbst zu sorgen – finanziell. Deshalb ermuntere ich Frauen mit meinen Geldcoachings, auf dem Blog und in Online-Kursen, sich ihrem Geld zuzuwenden. Um zu erkennen: Das mit dem Geld, das macht Spaß und ich kann das!
Ich habe hier einen Artikel darüber geschrieben, worauf Frauen unbedingt in einer Partnerschaft/Ehe achten sollten. Denn die Ehe macht Frauen arm.
https://www.geldfrau.de/absichern/rentenanspruch-in-ehe-bauen-sie-eigene-altersvorsorge-auf/
Ran ans Geld! Herzlichst Dani