Kolumne: Man trägt jetzt Obst
Ich habe mir neulich einen Sack Zitronen und Orangen gekauft. Zwar war ich schon immer ein Freund der Zitrusfrüchte, doch Zitronenwasser und sämtliche Gerichte mit erfrischend spritziger Orange sind mir neu. Es fiel mir spätestens dann auf, als ich in meiner Küche den üppigen Haufen von Obst in der Schale betrachtete. Es handelte sich nämlich nicht um irgendein Obst, also Äpfel, Bananen, Trauben (Klassiker). Ich besuche kurze Zeit darauf Milena und sah eine ähnliche Auswahl auf ihrem Esstisch drapiert: Orangen, Zitronen, Pfirsiche, eine Melone.
Es ist kein Zufall, dass sich unsere neue Vorliebe für ein ganz gewisses Obst-Sortiment deckungsgleich mit unseren aktuellen Instagram-Feeds zeigt. Der bodenständigste Trend aller Zeiten: Obst.
Jenes Accessoire liegt dabei unverblümt und ungeniert neben dem Model herum, auf dem Model drauf oder es ist der Protagonist des Fotos und macht es sich auf Sand, Stein, einem Handtuch oder ähnlichem bequem. Wichtig ist dabei nur eines: Es darf nicht in den Kontext des Fotos passen. Im weitesten Sinne natürlich schon. Die Orange, die Zitrone oder der Pfirsich symbolisieren den Sommer und sollen vermutlich die Idee geben, dass es früher oder später gegessen werden würde. Ob dem tatsächlich so ist, wird für immer ein Mysterium bleiben.
Nachdem ich bereits meinen Schlachtzug auf das Hype-Obst geplant hatte, mich aber nie überwand, musste ich es mir eingestehen: Mir gefällt, dass Obst Trend sein kann.
Schuld daran mag das Buch „Die Straße der Pfirsiche“ von F. Scott Fitzgerald sein, das ich schon etliche Male meines Lebens las, während ich meine Füße in heißen Sand grub und meine Haut spannte von trocknendem Salz. In jenem Buch machen sich die Fitzgeralds im Sommer 1920 auf einen Roadtrip, um Zeldas Gelüste nach Biscuits und Pfirsichen zu stillen und schon allein der Name Pfirsich ist so dermaßen elegant und zart, dass mich dieser Plot mit sofortiger Wirkung in seinen Bann zog.
Nun kann ich jene Eleganz tagtäglich im Internet sehen und sie erinnert mich an BHs, die wir nie anziehen werden, an luftige Kleider, an die französische Provence, an Meer und See, an Haut, die spannt wegen des trocknenden Salzes, an geflochtene Bastkörbe, an faule Tage, Bücher und ja, an Zitronen, Orangen und Pfirsiche, die genau dieses Gefühl der Sehnsucht symbolisieren.
Zudem meldet sich mein Realismus, der meiner Romantik regelmäßig einen Strich durch die Rechnung macht und schreit aus der letzten Reihe: Und günstig is’ des Zeug auch noch! So oft er auch stören mag: Recht hat er. Das ist doch auch ein netter Zusatz für all die jene, die vor lauter Empörung über die Absurdität des Hypes rot anlaufen. Es handelt sich um keine Tasche, die ihr euch niemals in eurem Leben leisten könnt, sondern um Obst. Obst, das ihr im besten Falle auf einem Markt für ein paar Euro kaufen könnt oder halt auch im Supermarkt und an dem ihr euch erfreuen könnt. Es ist gesund (was sich auch von den teuren Taschen unterscheidet) und macht glücklich.
Trends wird es immer geben und man kann sich über alle beschweren, oder sich manchmal daran erfreuen. Freuen darüber, dass teure Kleidung diesen Sommer so unwichtig war wie schon lange nicht mehr. Freuen darüber, dass der Fokus in diesem Sommer auf Obst liegt und damit das Symbol: Freiheit. Laissez-Faire. Und mein Realismus schreit aus der letzten Reihe: und Vitamine!!!
8 Antworten zu “Kolumne: Man trägt jetzt Obst”
Gibt es sonst nichts zu berichten?
Liebe Amelie,
es tut mir wirklich Leid und ich will nicht stänkern aber mir scheint, dass deine Posts in letzter Zeit an Banalität nicht zu überbieten sind :-(
Bitte mal wieder was Spannendes..
Also ich find’s gut! Ein Blog ist ja schließlich immernoch ein bisschen einTagebuch, und da darf auch mal was banales rein!
I like! Ein erfrischend, fruchtiger Lesegenuss für zwischendurch :)
„Nun kann ich jene Eleganz tagtäglich im Internet sehen und sie erinnert mich an BHs, die wir nie anziehen werden, an luftige Kleider, an die französische Provence, an Meer und See, an Haut, die spannt wegen des trocknenden Salzes, an geflochtene Bastkörbe, an faule Tage, Bücher und ja, an Zitronen, Orangen und Pfirsiche, die genau dieses Gefühl der Sehnsucht symbolisieren.“
FERNWEH – JETZT!
[…] ich beim Artikel von Man Repeller über „the most indulgent instagram trends of 2017“. Amelie schrieb diese Woche über den Obst-Trend, Man Repeller haben aber noch mehr absurde Trends. Mein Favorit: das ästhetische Aussteigen aus […]
[…] gehen gerade so gut auf Instagram (genauso wie Obst). Erst letztens bat ich meine Schwester, rechts ran zu fahren, weil ich ein paar Mohnblumen am […]
[…] Fotos sind, besonders in der Instagram-Gemeinde, hat gerade Amelie von Amazed Mag locker flockig in ihrer Kolumne zusammengeschrieben. Für mehr Lemon in […]