Körperbehaarung: Mach doch, was du willst!

9. Juni 2020 von in

Draußen wird es wärmer, die Freibäder eröffnen wieder – und die Körper von Frauen stehen wieder zur offenen Diskussion. Mit dem Winter endet jedes Jahr auch diese angenehme Phase, in der man sich ein paar Monate weniger Gedanken machen muss, welche Botschaften man mit dem Status des eigenen Körpers sendet. Denn für Frauenkörper gilt nach wie vor: Es ist unmöglich, nichts zu kommunizieren. Besonders, wenn es um Körperbehaarung geht.

Jedes Achselhaar ein Statement

Denn nach wie vor ist jedes Achselhaar ein politisches Statement und jedes ärmellose Shirt, das man dabei anzieht, eine Art rebellische Uniform. Absurd, aber wahr: Seinen Körper in seinem natürlichen Zustand zu belassen ist einer der rebellischsten Akte, den eine Frau in der westlichen Welt praktizieren kann. Wir haben es dem Feminismus zu verdanken, dass man dafür nun nicht mehr nur schief angeschaut, sondern auch gefeiert werden kann. Achselhaar im Freibad? Beinhaare unterm Sommerkleid? Haarige Zehen in Birkenstocks? All das ist jetzt nicht mehr nur ungewöhnlich und irritierend, sondern für viele auch emanzipiert, progressiv und iconic. Gut so! Sind wir also jetzt bereit, noch einen Schritt weiter zu gehen?

 

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Denn so befreiend es auch ist, wenn man auf Social Media Frauen sieht, die selbstbewusst behaart für Selfies am Strand posieren: Die Vorstellung, dass nur eine gestandene Feministin ist, wer einen Achselhaarbusch sportet, erzeugt eine ganz neue Form von Druck. Einen Druck, der uns auf eine neue Art und Weise vorschreibt, was wir mit unseren Körpern zu tun haben. Eben ein neues Ideal: Das Ideal der badass Feministin, die auf Schönheitsideale pfeift. Zumindest auf ein paar von ihnen. Diesmal kommt der Druck nicht vom Patriarchat außen, sondern von der feministischen Community innen. Wenn auch sehr viel dezenter. Und man findet sich in einer Situation wieder, in der man – mal wieder – nur alles falsch machen kann. Rasiert man sich nicht, wird man schnell zur Zielscheibe patriarchaler Vorstellungen und hat keine andere Wahl, als sich der ganzen Welt als Feministin zu präsentieren. Man macht ein politisches Statement. Rasiert man sich doch, dann ist man „noch nicht so weit“ mit dem eigenen Feminismus und schämt sich, weil man sich den geltenden Schönheitsidealen fügt. Man macht ein politisches Statement. Und wertende Blicke hat man in beiden Fällen sicher.

My body stays a battleground

Versteht mich nicht falsch – ich bin unglaublich dankbar und froh darüber, dass es inzwischen so viele Frauen gibt, die dem Patriarchat auch in dieser Art und Weise strotzen. An guten Tagen gehöre ich zu ihnen. Das hat auch mir enorm geholfen und ich könnte diesen Text nicht schreiben, wenn wir dank diesen Frauen nicht schon so weit wären, wie wir es nun sind. Aber ich finde, es ist an der Zeit, dass wir als Feministinnen einen Schritt weiter gehen und aufhören, unsere Körper als Maßstäbe für irgendetwas zu benutzen. Auch nicht als Maßstäbe für unsere Emanzipation. Denn erst dann können unsere Körper wirklich aufhören, politische Schlachtfelder zu sein.

 

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Es gibt tausende Gründe, dass man sich weiterhin gerne rasiert. Manche finden es schlicht angenehmer oder ästhetischer. Andere schaffen es nicht, auf die Blicke Fremder zu pfeifen. Keiner dieser Gründe macht sie zu schlechteren Feministinnen. Und das gilt übrigens für alle Schönheitsideale, denen Frauen entsprechen sollen: Man kann abnehmen wollen und trotzdem eine krasse Feministin sein. Man kann sich die Lippen aufspritzen lassen und trotzdem eine krasse Feministin sein. Man kann Push-Up-BH’s tragen – und so weiter. Wenn diese Dinge dabei helfen, sich selbst toll und schön zu finden und sich selbstbewusst dieser Welt stellen zu können, dann haben sie alle ihre Berechtigung. Empowerment funktioniert nicht nach einem feministischen Handbuch – sondern bedeutet für jede Frau etwas anderes. Wir sollten die Feindseligkeit, die die Welt unseren Körpern gegenüber hat, nicht auf neue Art und Weise fortführen. Und aufhören, über die persönlichen Entscheidungen anderer Frauen zu urteilen. Besonders nicht, wenn es um deren Körper geht.

Bildcredits: 1, 2

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