Jahresrückblick 2023: Anne
Jahre sind am Ende nur künstliche Marker in unserem Zeitbewusstsein, aber wenigstens gehen wir dann alle kollektiv zu einer ähnlichen Zeit in uns. Oft habe ich mir mit einem neuen Jahr einen neuen Anfang gewünscht, doch am Ende gibt es so viele neue Anfänge in einem Jahr selbst, zumindest war das in meinem 2023 so.
2023 war voller verschiedener Lebensentwürfe: Zu Beginn des Jahres habe ich auf Bali und in Melbourne gelebt. Neue Freundschaften geknüpft und andere langjährige Verbindungen gehen lassen. Ich war digitale Nomadin, glückliche und auch enttäuschte Partnerin, Angestellte, Freelancerin, Reisende, Untermieterin und traurige Tochter. Ich habe mich sehr weit von mir selbst weg gefühlt und mich dann noch einmal ganz anders wieder gefunden. Es war aufregend, verdammt hart und heimisch zugleich.
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Das hat 2023 mit mir gemacht: Es hat mich fallen und aufstehen lassen. In keinem Jahr habe ich so viele verschiedenen Versionen von mir gestrickt, verworfen, neu anprobiert und zu letztlich keiner gekommen. Kaum ein Jahr hat so fest an meinen Grundfesten gerüttelt. Es hat mich ganz schön durchgepeitscht und mich gezwungen, viele Dinge in diesem Jahr zu lassen, die ich mir zwar gewünscht habe und doch nicht behalten konnte.
In diesem Jahr habe ich erkannt, dass ich die, die ich für andere bin, genau manchmal selbst brauche. Und keine Zeit mehr mit Warten verbringen werde, sondern mir selbst die beste Freundin sein kann, die ich in dem Jahr so oft vermisst habe. Dass es mir besser geht, mehr ins doing zu gehen, anstatt Dinge zu zerdenken: Mehr zu kreieren als zu konsumieren. Dass mich mein Bauchgefühl niemals betrügt und am Ende über alles entscheiden darf und soll. Dass sich manche Entscheidungen wie Schwarz und Weiß anfühlen, aber sich niemals nur so äußern. Und dass das, was sein soll, zu uns zurückkehrt, wenn wir mutig sind, es loszulassen.
Damit hatte ich 2023 besonders zu kämpfen: Mit meinen Hormonen, meiner Fruchtbarkeit, einigen Freundschaften, der lieben Liebe und einer sehr schweren Zeit, über die ich hier irgendwann offener sprechen werde. Mir fällt es nach wie vor nicht leicht zu bestimmen, wo für mich Zuhause ist bzw. wie ich eines gestalten kann, das in mein Leben passt – und in das mein Leben reinlaufen kann.
So habe ich meine Zeit am liebsten zu Hause verbracht: Mit schreiben, telefonieren und putzen – Ja, richtig: Ich liebe es einmal die Woche reine zu machen. Viele Wohnorte, die ich in diesem Jahr hatte, gab es mit Putzkraft inklusive – was ich für meinen Ausgleich gar nicht willkommen hieß, aber verstand, denn jedes Mal das gesamte Putz-Equipment selbst zu kaufen, lohnt sich nicht. Zeit zu Hause im klassischen Sinne hatte ich oft auch gar nicht und meist nur zwischen Tür und Angel, daher weiß ich sie aber nun besonders zu schätzen.
Und so unterwegs: Im Wasser und in der Sonne danach. Ich liebe es, wie die nassen Perlen zu Salz werden und der Sand sich überall festhängt. Das Rauschen der Brandung und durch die Wellen zu hüpfen, hat mir oft den Kopf geklärt. Auf dem Roller durch die Kante zu brausen und die Menschen um mich herum zu beobachten, war eine meiner liebsten Beschäftigungen.
Das hat mir 2023 besonders geholfen: Yoga und Reformer Pilates. Auf der Matte zu stehen, hat mich oft davor bewahrt, komplett die Bodenhaftung zu verlieren.
Liebstes Instagramfoto:
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Der schönste Trip: Eindeutig Athen!
Bereits zwei Jahre zuvor habe ich meinen Geburtstag in der griechischen Hauptstadt gefeiert. Wir waren zu fünft und die Gruppe war so bunt zusammengewürfelt, die Personen kannten sich zwar aus Erzählungen, aber noch nicht aus dem echten Leben. Was ganz schön hätte schiefgehen können, lief aber richtig gut und ich war super glücklich, in einer meiner liebsten Städte mit so vielen guten Menschen um mich zu sein.
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Das Lied, das ich 2023 am meisten gehört habe: Daten kann man nicht bescheißen – mein Spotify-Wrapped sagt „Bette Davis Eyes“ von Kim Carnes war bei mir hoch im Kurs und schon seit Jahren ein Evergreen meiner Ohren.
Meine liebsten Bücher: Dadurch, dass ich so viel unterwegs war, habe ich mich tatsächlich oft von meinen Büchern verabschiedet und sie in Hostels oder Unterkünften zurückgelassen. Zwei jedoch habe ich durch mehrere Länder geschliffen und am Ende nicht mehr losgelassen. Seit Jahren bemühe ich mich, Bücher nicht nur von weißen Cis-Männern zu lesen und es gelingt ganz gut, wobei mir Paul Auster gen Ende des Jahres die Bilanz doch noch ein wenig versaut hat. „Breasts and Eggs“ von der japanischen Autorin Mieko Kawakami hat sehr treffende Erzählstränge zu dem Thema „Warum Leute Kinder bekommen“ aufgemacht und ist sicher eine Bereicherung, wenn einen die Frage selbst umtreibt. Nach „A Little Life“ hat mich das zweite Buch von Hanya Yanagihara „To Paradise“ am BER angestrahlt und ich konnte nicht Nein sagen, auch wenn es echt ein Wälzer ist. Es besteht aus drei Teilen, die zwar ein gemeinsames Thema haben, aber auch ziemlich gut ohne einander auskämen: Vor allem der letzte Part, der im Jahr 2093 spielt ist gerade nach den Corona- und in den Klimawandeljahren besonders interessant und vielleicht gar nicht mal so unrealistisch. „Baumgartner“ von Auster war ein sanfter read, den ich nach einem verpassten Flug echt gut gebrauchen konnte.
Mein liebstes Outfit:
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Ich finde mich in dicken Jacken und Layer-look einfach nicht so fesch wie in kurzen Sommerteilchen – den Rock besitze ich seit Jahren und das Oberteil habe ich in einem kleinen Laden in Uluwatu, Bali erstanden und ist perfekt für richtig heiße Tage.
Der liebste meiner Artikel auf amazed: Für meine ersten beiden Artikel zum Thema social freezing habe ich viel positives Feedback und Nachfragen erhalten. Das hat mich in vielen Kontexten zur Ansprechperson gemacht, was ich toll finde. Tatsächlich treibt mich das Thema weiterhin auch beruflich um – mein liebster Artikel war dennoch „Wie mich meine Trennung freigesetzt hat„, weil ich nach Fertigstellen des Textes ehrlich stolz auf mich und so viele meiner Vergangenheits-Ichs war.
Das habe ich 2023 zum ersten Mal gemacht: Glücksspiel-Luft habe ich schon mal in einer der vielen Spielhallen in Berlin-Wedding nach einem Kneipenabend geschnuppert, aber in diesem Jahr war ich das erste Mal in einem echten Kasino mit Slot-Machines, Black Jack Tischen, Poker, etc. Es macht gar nicht mal so viel Spaß, wie ich dachte und auf jedes Hoch folgt ein Tief: zwischenzeitlich war ich $18 im Plus – diese waren dann aber wieder weg. Wenn die Maschine beim Gewinn wild blinkt, hüpft das Herz schon aber am Ende sind sie auch nur darauf ausgelegt, selbst Gewinn einzuspielen, daher war es für meinen Kontostand langfristig schonender, dass ich nicht unbandig erfolgreich war und man wird mich in Zukunft nicht regelmäßig in Zockerhöhlen finden.
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Hier gehe ich 2024 wieder essen: Hands-down der beste Bagel bei Black Seed Bagels in Soho, New York City. Ich bin wahrlich kein Foodie, aber dieses Mahl ging mir sehr gut runter: Der Salmon Classic auf glutenfreiem grain everything bagel. In die Staaten habe ich mich überraschenderweise in dem Jahr echt verliebt und ich möchte nächstes Jahr unbedingt zur Sommerzeit wieder dort sein – da wird der Stop bei Black Seed Bagels sicher nicht ausbleiben.
Ein Kauf, an dem ich noch lange Freude haben werde: Ein schwarzer Handgepäcksrucksack von Osprey, der 30 Liter an Habseligkeiten beherbergen kann und damit zumindest zu Teilen meinen Backpack ablöst, den ich seit mehr als 15 Jahren durch etliche Orte gezogen habe. Nach einer so langen Dienstzeit sende ich meinen Alten in die Altersteilzeit und weiß, dass mich der Neue in der kommenden Dekade echt nützlich sein wird: Ich bin gezwungen leichter zu packen und er ist einfach übersichtlicher.
Was ich viel zu lange nicht gemacht habe und unbedingt mal wieder machen will: Ballett! Nachdem ich über 15 Jahre mehrmals die Woche trainiert und nun 10 Jahre Pause hatte, möchte ich mir ein Studio suchen, in dem ich mich wieder an die Übungen wie alte Bekannte wage.
3 Dinge, für die ich dankbar bin: Die meist genannten Dinge in meiner Gratefulness-Notiz auf meinem mobilen Endgerät sind Sonne, die Fähigkeit meine Angst vor Flugzeugen und Nadeln immer wieder zu bezwingen und meine Intuition.
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Jahresausblick 2024:
Ziele für 2024: Eine neue Base finden, täglich meditieren, Schreiben & Veröffentlichen, ein Netzwerk für egg freezing und weibliche Fruchtbarkeit aufbauen, endlich Lateinamerika entdecken und ganz vielleicht den Kirschblüten in Tokyo beim Fallen zusehen.
Woran will ich 2024 arbeiten: Weniger zu miss- und stattdessen zu vertrauen, ein bisschen langsamer leben und an meiner Geduld. Daran, Dinge zu akzeptieren und einfach passieren zu lassen. Und daran, längere Texte zu schreiben.
Worauf ich 2024 verzichten kann: Auf lange Antwortzeiten und Leute, die sich nicht auskäsen. Auf meine Anxiety am Morgen und Pläne, die sich immer wieder ändern. Auf Personen, die Dinge einfach annehmen statt sie offen anzusprechen. Und auf jegliches Genderverbot.
Vorsätze für 2024: Ich habe oft am Ende des Jahres ein willkürliches Motto gepickt – das war in diesem Jahr anders und so passend, dass ich es einfach ins neue Jahr mitnehme: Ground and grow. Damit geht für mich Konsistenz einher und es ist quasi mein „Schirmvorsatz“. Für 2023 habe ich mir 12 Ziele gesetzt und mir davon eines pro Monat vorgenommen. Vieles ändert sich aber innerhalb eines ganzen Jahres, daher ist mein Vorsatz, mir Quartalsziele zu setzen – was mein Corporate-Herz zum Lachen bringt – und konsistent zu sein: Vom Schreiben meines wöchentlichen Newsletters über regelmäßiges Connecten mit Freund:innen zu einer Tagesstruktur, die so gut ist, dass ich gar keine Sehnsucht mehr nach dem Konzept Wochenende habe.
Darauf freue ich mich in 2024: Auf ein neues Zuhause und darauf, dass meine Fernbeziehung endlich vorbei ist und aus Distanzliebe wieder ein Zusammenleben wird.