Kolumne: Hello Millennium, long time no see
Ein Trend braucht zehn Jahre, um aus der Mode zu kommen und zehn, um wieder in die Mode zu kommen. Das ist eine Faustregel, die irgendwie funktioniert – mal mehr, mal weniger. Es ist Freitagabend und während ich vor fünf Jahren in sämtliche Deep House Clubs stiefelte und zu drückend statischer Musik von links nach rechts steppte, merkte ich nach einiger Zeit, dass ich mich daran satt gehört hatte. Back to the Roots. Plötzlich sprachen alle von „Oldschool Hip Hop“. 80er Jahre, 90er Jahre, Run DMC, Grandmaster Flash und wie sie alle heißen. Es wurde tanzbarer. Ein Neunzigerjahre-Revival kam zurück und plötzlich war es wieder irgendwie cool, alte Popmusik, Koryphäen unserer Kindheit, neu aufleben zu lassen. Vorsichtig tasteten wir uns an das Jahrzehnt heran, dessen Name nicht ausgesprochen werden darf. Das Jahrzehnt voller schlechter Musik, undefinierbarer Mode und falscher Entscheidungen.
DAS MILLENNIUM. Der Jahreswechsel, irgendwo zwischen 1998 und 2005 liegend – ein Umbruch und eine neue Ära. Voller Pop, R’n’B, Bootcutjeans, stufiger Haare, Lipgloss und Spaghettishirts. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, denke ich vor allem im musikalischen Kontext selbstverständlich an Britney Spears, Christina Aguilera (Stripped, das beste Album aller Zeiten) und Co., ich denke an Freestyler von Bomfunk MC, an I’m Blue dabedidabedei und natürlich nicht zu vergessen Nelly, Justin Timberlake, und Usher. Diese Liste lässt sich unendlich weiterführen.
Heute kann man sich vor der Musik kaum noch retten. Sie läuft überall, Remixes von Destiny’s Child mit „Say my Name“ waren nur der vorsichtige Anfang. Die Musik, die wir natürlich nur ironisch hören, kommt dermaßen gut an, dass man sich fast sicher sein kann, dass jeder lauthals Crazy in Love von Beyoncé mitsingen wird und dass es überhaupt nicht darum geht, ob man den Song nun mag, oder nicht. Das Oh Oh, Oh Oh, Oh Oh, Oh Nana – sitzt so fest in unseren Köpfen, ist so eingebrannt, dass wir gar nicht anders können, als uns darüber freuen und mitzusingen. Ein sure Shot sozusagen und er ist so akzeptiert, dass man dem Millenniumspop auch nicht mehr auf Modeevents auskommt. Vor allem nicht dort.
Wo ist also die Mode aus der Zeit? Ich wartete und wartete und versuchte in meinem inneren Auge den ultimativen 00er Jahre Style zu definieren. Wie sieht das modische Klischee der Jahrtausendwende aus? Schlimm. Mehr als das fiel mir zu dem Thema kaum ein. Bis ich dieses Foto von Karolina Kurkova auf Who What Wear sah und mir wurde schlagartig klar: Die 00er Jahre haben sich längst zurück geschlichen (hallo Rodebjer an dieser Stelle, hallo Strappy Sandals von Other Stories an dieser Stelle). Natürlich noch nicht auf allen Ebenen, aber nach dem 70er Jahre Trend ist der Übergang zu bauchfreien Fransentops und Ballonmützen (Ballonmützen!) nur noch einen Atemzug entfernt. Zugegeben, so ganz sind sie lange noch nicht zurück und wer weiß, vielleicht werde ich eine von diesen Mamas, die ihre Kinder angeekelt und irritiert ansehen und sowas sagen wie „Oh Gott, das ist aus meiner Zeit und GRAUENVOLL.“. Aber bisher bin ich der Millenniumszeit wohl gestimmt – denn mal ehrlich, wenn Karolina Kurkova 2003 nicht das coolste Outfit aller Zeiten getragen hat, dann weiß ichs auch nicht.
6 Antworten zu “Kolumne: Hello Millennium, long time no see”
Großartig geschrieben! Die Spaghetti-Tops heute liebevoll Camisoles genannt haben uns ja letzten Sommer schon um den Finger gewickelt. Ich bin gespannt was uns noch so erwarten wird ;)
Liebe Grüße,
Josi | The big Mash Up
Leider fällt mir zu dem Style auch nur Grauenhaft!! ein. Allerdings finde ich Camisole Tops echt schön, sie haben ja auch einen anderen Schnitt als diese engen presswurstartigen Spaghettiträgertops – naja, jedem das seine :D..
Ich hoffe, dass Schlaghosen mit Wasserfalltops dazu nie nie nieeeemals wieder in Mode kommen, das ist mehr als grausam :D..
Ich würde es sehr begrüßen, wenn Bootcut-Jeans wieder mehr zurückkomen. Die Zeit der Röhre war nie meine, weil meine Beine darin furchtbar aussehen (und das trifft meiner Meinung nach auf viele zu). Eine schöne Bootcut-Jeans war lange schwer zu finden, da würde ich mich echt freuen. Auf den Rest kann ich allerdings verzichten ;-)
Ich bete nur dass diese mega lowrise Jeans (ihr wisst welche, die wo man sich nie wieder hinsetzten kann ohne unerwünschte Einblicke zu geben) nie nie nie wieder kommen!!!
Ohja, die waren so grauenvoll. Man konnte mit ihnen nicht mal Treppen hochgehen, ohne dass der billige String vom Nanu Nana heraus blitzte. Die habe ich aber schon damals als geschmacklos empfunden und nicht getragen – ich schätze mal, ich werde mich ihnen auch ein 2. mal verwehren.
Manches finde ich tatsächlich ganz toll. Zum Beispiel habe ich früher die Schlaghosen total geliebt, jetzt gefühlt mehrere Jahre nicht mehr angehabt und vor einiger Zeit wieder Bilder von Promis gesehen, die die Schlaghose zurück auf die Bildfläche gebracht haben. Mittlerweile besitze ich auch wieder eine und habe für mich festgestellt: ich mag beides: sowohl meine geliebten Röhren als auch die „für manche altmodischen“ Schlaghosen. Man muss nur einfach seinen eigenen Trend kreieren ;-)