Green Flags: Wieso wir sie viel weniger beachten als die Red Flags
„Noch nie standen alle Zeichen auf Grün“, war eine eurer Antworten in unserer Community-Umfrage zum Thema Green Flags beim Daten. „Oha“, würde man da im ersten Moment denken. Denkt man aber weiter oder länger darüber nach, dann wird diese Aussage ganz schön relatable. Denn ganz so einfach, wie sich dieses Dating in der Theorie immer anhört, ist es definitiv nicht. Und nach allerhand Misserfolgen bekommt man irgendwann das Gefühl: So kann es nichts werden. Denn nie ist alles nur Grün. Sind wir also zu misstrauisch oder wollen gar nicht „glücklich“ sein? Oder liegt das Problem mit den Green Flags vielleicht ganz woanders und basiert auf einem Unverständnis und ungenauer Interpretation?
Warum tun wir uns mit Green Flags beim Dating so schwer?
Fragen über Fragen, auf die es nicht ganz so viele Antworten zu geben scheint, weshalb wir uns im ersten Schritt an euch gewandt haben. Denn wir wollten mehr über eure individuellen Green Flags und die damit zusammenhängenden Erlebnisse erfahren. Doch im Gegensatz zu den Red Flags, bei denen es von euch Beispiele regnete, kam in der Frage nach den Green Flags nicht viel bei rum. Es scheint eher so, als wäre die grünen Flaggen eine Art innerer Kompass und Bauchgefühl, dass sich nicht einfach erklären und fassen lässt. Wieso wir dennoch etwas daraus gelernt haben und wie viel genau das eigentlich über das Konzept der Green Flags verrät, haben wir für euch zusammengefasst.
Status Quo: Green Flags beim Daten
Auffällig war, dass die meisten von euch definitiv schon von dem Konzept Green Flags gehört haben – positive Signale beim Dating, die einem sagen, dieser Mensch könnte eine gute Wahl sein. Überraschend war dann allerdings die folgende Erkenntnis: Die Mehrheit achtet beim Daten auf Red Flags, obwohl Green Flags den meisten eigentlich sehr wichtig sind. Ein Widerspruch in sich, könnte man meinen, doch versetzen wir uns mal in eine Dating-Situation, dann wird auch diese Diskrepanz klarer. Ich treffe also Person X zum Date, der:die dann unpünktlich kommt: Red Flag. Wir sitzen im Kaffee und X redet die ganze Zeit von sich und stellt keine einzige Frage: Red Flag. Das Spiel könnten wir ewig so weiterführen, aber der Punkt wird klar.
Unser Gehirn ist also erst mal darauf programmiert, genau das zu selektieren, was uns nicht passt. Aus unterschiedlichen Gründen: Sei es vom Lebensstil, den Gewohnheiten oder auch Prinzipien. Währenddessen geht dann aber unter, dass X sich für sein zu spät kommen, mehrfach entschuldigt hat und zu nervös war und daher die ganze Zeit geredet hat. Um nur einige beispielhafte Szenarien zu nennen. Und hat sich vielleicht aus den Chats gemerkt, wie wir am liebsten unseren Kaffe trinken oder anderes: Green Flag. Es sind also die kleinen Dinge. Bei den Green und bei den Red Flags. Doch Erstere bleiben oft fast unbemerkt – außer man fokussiert sich bewusst auf sie.
Von „den kleinen Dingen“, Hoffnungsschimmern und Selbstbetrug
Aber sind diese kleinen Dinge wie Anstand und Leidenschaft nicht auch eine Grundvoraussetzung für diese Art der Interaktion? Zeit für eine Feldforschung: Ich wende mich also an meine Freund:innen, um zu erfahren, was sie über das Thema denken und eine der Antworten möchte ich in dem Zusammenhang besonders hervorheben. „Green Flags sind ein Scam und die allgemeine Verherrlichung von ‘The Bare Minimum‘“. Und während ich anfangs noch vehement widerspreche, weil ich glaube, dass positive Eigenschaften in jedem Fall appreciated werden sollten, hat diese Aussage einen tieferliegende Wahrheit für sich.
Denn Green Flags sind in vielen Szenarien ein „Silver Lining“. Der Schimmer Hoffnung, der uns das Gefühl gibt, Dinge werden besser und wir können das Ruder herumreißen. Setzt man sie also gezielt als Mittel ein, werden sie beim Daten oder in Beziehungen zu einer Art „Zuckerbrot und Peitsche“-Taktik. Die dabei hilft, eine Red Flag zu neutralisieren oder ungeschehen zu machen. Aktion. Reaktion. Was folgt, ist also das Herunterspielen der eigene Boundaries und Grenzen. Da uns die andere Person vermeintlich entgegengekommen ist. Oder uns eben mithilfe einer klaren Green Flag genau dieses Gefühl gibt.
Rot, Grün – Das Ampelprinzip
Green Flags stehen also irgendwie in einem Abhängigkeitsverhältnis mit den Red Flags. Wie in einem Ampelschaltkreis – sie koexistieren. Daher ist es nur sinnvoll, sie als Gesamtkonzept zu sehen. Und innerhalb des Spektrums mithilfe der eigenen Werte und Vorstellungen die Balance beim Daten zu finden – oder eben auch ganz allgemein im Leben und Beruf. Selbst wenn man dann anfangs „plötzlich total begeistert ist, kann sich das schnell wieder umkehren.“ Wobei es natürlich auch klare Ausnahmen gibt. Wenn eine Person zum Beispiel rassistisch oder homophob ist. In solchen Fällen gilt es ganz klar auf die mega rote Red Flag zu hören – denn DAS kann wirklich keine Green Flag kitten.
Vor allem dann nicht, wenn sie als eine Art konstruiertes Wunschdenken funktioniert. Denn Green Flags bieten sehr viel Potenzial, um sich mit Dingen befüllen zu lassen, die wir uns vorstellen. Wie Heißluftballons. Projektionen, die die reale Person, die uns beim Daten gegenübersitzt, auch nicht unbedingt alle erfüllen kann. Was dazu führt, dass sie genau das am Anfang vielleicht versucht und sich wie in einem Bewerbungsgespräch ausschließlich von der besten Seite zeigt. Aber dabei ganz vergisst und unterschlägt, dass niemand wirklich perfekt ist und sein kann. Und genau diese „Flaws“ sind ja auch das, was uns aus- und interessant macht. Die dadurch entstehende Mehrdimensionalität eben.
Die wichtigste Green Flag ist Konsistenz
Also zurück zum Anfang: Dass noch nie alle Zeichen auf Grün standen, hat vielleicht auch viel mit uns selbst zu tun. Wenn wir zum Beispiel nicht bereit sind, uns einzulassen und das eigene Bauchgefühl Signale gibt. Und wir uns dabei nur zu einem gewissen Grad mit den vorhandenen Green Flags etwas vorgaukeln können. Das heißt natürlich nicht, dass wir sie beim Daten völlig außer Acht lassen sollten. Ich denke immer noch, dass Green Flags hilfreich dabei sein können, die eigenen Intentionen zu hinterfragen und sich trotzdem unvoreingenommen mit einer anderen Person auseinanderzusetzen.
Das kann auch heißen, sich wie bei einem ordentlich durchgeführten Versuch mit mehreren Stichproben (aka Dates) davon zu überzeugen, dass manchmal nicht direkt alle Zeichen auf Grün stehen müssen. Aber durch kontinuierliches am-Ball-bleiben tauchen vielleicht immer mehr Green Flags auf, die uns mit ihrer Anwesenheit überraschen.
Daher ist vermutlich die wichtigste und oberste Green Flag: Konsistenz. Denn erst mit der Zeit kann man sich sicher sein, dass alle Zeichen auf Grün stehen und sich keine Red Flags aus dem Hinterhalt anschleichen. Außer man gerät an einen:eine Narzisst:in, aber das ist ein ganz eigenes Kapitel für sich. Und da es kein Geheimrezept fürs Leben oder Dating gibt, bleibt es beim Try and Error mit Richtungsweisern wie Green und natürlich auch Red Flags – die irgendwie immer die viel größerer Rolle zu spielen scheinen.
Eine Antwort zu “Green Flags: Wieso wir sie viel weniger beachten als die Red Flags”
[…] Flags, die uns davor bewahren sollen, falsche Entscheidungen zu treffen? Tendiert er eher Richtung Green Flags, die (immer noch) viel zu wenig beachtet und geschätzt werden? Oder ist er einfach nur ein […]