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Girl Math: Toxic TikTok-Trend oder Finance für Dummies?
Ich hasse Zahlen. Ich hasse Mathematik. Und was ich vor nicht allzu langer Zeit über das Thema Finanzen gedacht habe, könnt ihr in meiner Kolumne „Let’s talk about money“ zu diesem Thema nachlesen. Inzwischen habe ich mich dem letzten Punkt angenähert und motiviere jeden, der es hören will (oder auch nicht), sich mit den eigenen Ausgaben auseinanderzusetzen. Ein Thema, über das man angeblich nicht spricht. Das sieht die Generation TikTok ganz anders, denn dort wird einiges rund um Geld und Finanzen thematisiert. Da gab es zum Beispiel den einen Trend, bei dem User:innen ihre offenen Ratenkauf-Rechnungen gezeigt haben. Oder auch: Seit Neuestem zeigen Creator:innen in ihren Shopping-Hauls die Ausgaben (das „Spending-Habit“) zum Nachrechnen. Und damit wären wir auch beim neusten Hot Topic: Girl Math.
@fvhzm #itsbasicallyfree but it’s also basically a secondary income 💁♀️ Let us know if you need us to #girlmath ♬ original sound – FVHZM
WTF is Girl Math?!
Äh hallo, was zur Hölle ist denn Girl Math? Sind wir hier schon wieder in einem „Mädchen sind so, und Jungs eben anders“-Diskurs gelandet? Das war mein erster Gedanke, als ich auf meiner ForYou-Page ein Video zu diesem mittlerweile stetig wachsenden Trend sah. Kurz darauf fand ich mich in einem extrem unterhaltsamen Rabbit-Hole zum Thema Girl Math wieder.
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Geht die Rechnung wirklich auf?
Aber Moment mal. Nirgendwo in dieser Rechnung hat jemand wirklich Geld dazuverdient, oder? Nein. Denn bei Girl Math geht es nicht darum, wie an der Börse in Gewinne zu investieren, sondern eher darum, das Leben zu genießen und Geld auszugeben. Getarnt wird das „umsonst“, „billig“ und „dazuverdienen“, indem die Ausgaben umgeleitet werden. Ganz einfach an dem folgenden Beispiel erklärt:
Girl Math ist das Gefühl, immer mehr ausgeben zu können
Bei Girl Math geht es also nicht um handfeste Mathematik. Ganz im Gegenteil. Hier geht es nicht ums rational sein, sondern die Frage: Wie fühlt es sich an? Etwas, das beim Thema Finanzen nicht unbedingt der richtige Ansatzpunkt ist. Da geht es um klare Fakten, korrekte Rechenwege und Soll-Ist-Gleichungen. Und da ist Girl Math eher kontraproduktiv. Doch das Phänomen passt sehr gut in die Zeit, in der wir leben. Wo sich wildfremde Menschen via Social Media einen Lifestyle in Carrie Bradshaw-Manier vorgaukeln, bei denen man sich nur fragt: „Wie kannst du dir das leisten?“. Kein Wunder also, dass so viele über ihre Verhältnisse konsumieren und (rein finanziell) nicht an morgen denken. Der Trend ist daher mit Vorsicht zu genießen und kein Geniestreich zum Sparen. Denn ein Leben im Dispo ist finanziell nicht nachhaltig.
@emirabdc Antwort auf @teddy #klarnaschulden #jedentagshoppen #dmhauls #drogeriehauls #xxlhauls #konsumverhalten ♬ original sound – schöne haut mit emira 🧞♀️
Reden ist Geld und Schweigen Bankrott
Grundsätzlich bietet der Trend aber unheimlich viel Potenzial, um auf spielerische Art und Weise dabei zu helfen, sich mit langfristigen Finanzierungen auseinander zu setzen. Das beweisen vor allem die – durchaus unterhaltsamen – Beispiele, in denen ein hoher Betrag auf die Nutzungsdauer heruntergerechnet wird. Kosten vs. Nutzen. Und auf einmal befinden wir uns beim Thema Finance wieder – ganz konservativ. Aber irgendwie bekommt das trockene Thema auf einmal einen „sexy“ Touch und könnte Menschen anziehen, die sonst eher Berührungsängste haben.
@danyaghass girl math explain #greenscreen #girlmath #girlmaths #moneytok #savingmoney #trend #trending ♬ original sound – Danya
Social Media als Multiplikator für Finanzen?
Ein weiterer Punkt, der dafür spricht, dass auf Social Media besonders offen und inhaltlich über Geld gesprochen wird, ist, dass die Plattformen mit 23 Prozent die wichtigste Informationsquelle zum Thema Finanzen für die Deutschen sind. Spezielle Online-Plattformen werden dagegen nur von 14 Prozent genutzt. Das bedeutet, was auf TikTok und Co. ausgespielt wird, erreicht eine breite Masse, möglicherweise auch als erster Einstiegspunkt. Das bringt natürlich auch eine Verantwortung mit sich, die das Kontextualisieren von viralen Trends wie Girl Math unabdingbar macht. Es ist also wichtig, die Schattenseiten und Entertainment-Zwecke zu beleuchten. Natürlich sind viele der Videos völlig überspitzt, aber im Grunde sprechen alle im Subkontext ein wichtiges Thema an: Wofür gebe ich Geld aus, mit welcher Motivation und wie nachhaltig bzw. durchdacht?
Girl Math kann bei korrekter Verwendung eine hilfreiche Eselsbrücke für (nachhaltige) Finanzierungen sein
Richtig eingesetzt kann Girl Math also eine catchy Eselsbrücke sein, die dabei hilft, um zu verstehen, warum es sich lohnt, in Dinge zu investieren. Oder eben bei der Entscheidung helfen, ob man wirklich so viel Geld für ein Produkt ausgeben möchte. Kaufe ich die Designertasche? Wie lange werde ich sie tatsächlich tragen? Gibt es eine Wertsteigerung oder einen Wertverlust? Ist mir das Endresultat, die Wartezeit oder ein Darlehen die Wohnung, den Fernseher oder das Auto wert? Oder habe ich mich gerade von lukrativen Angeboten, Verkaufsmaschen und Impulsen treiben lassen? Egal wie die Antwort ausfällt, am Ende hat der einfache TikTok-Trend dazu geführt, dass man kurz innehält und sich an die eigene Nase fasst. Wie stehe ich eigentlich zu meinen Finanzen? Und was kann ich in diesem Bereich für meine eigene Weiterbildung unternehmen?
Eine Antwort zu “Girl Math: Toxic TikTok-Trend oder Finance für Dummies?”
[…] war. Ich schüttelte den Kopf und bestellte natürlich nicht nochmal. Und so habe ich nach Girl Math eigentlich ja Geld gespart, […]