Floating: Wie ich beim Treiben das Loslassen lernte
Ich bin schwerelos. Meine Augen sind geschlossen, ich treibe in irgendeine Richtung, die ich nicht verorten kann, und fühle absolut gar nichts mehr von meinem Körper. Um mich herum könnte das Weltall sein, genau so muss es sich anfühlen, durch den Kosmos zu treiben, überall Sterne und die kleine Erde ganz da unten. Genau so gut könnte um mich herum Wasser sein, ich könnte in einem See treiben oder mitten im offenen Meer, ohne Wellen und ohne Sorgen. Ich bin schwerelos, und wenn ich mir jemals vorgestellt habe, wie sich richtiges Meditieren anfühlt, dann so.
Loslassen und mich so treiben lassen, wie es eben passiert, ohne dass ich alles zu sehr plane. Das ist schon immer die große Herausforderung meines Lebens, und ganz besonders in diesem Jahr. Dem Jahr, in dem so einiges in meinem Leben einmal durch die Nudelmaschine gejagt wurde, um danach plattgequetscht und völlig anders als davor herauszukommen. Plattgequetscht fühlt sich vieles aber nur im ersten Moment an, völlig anders dann im zweiten, und wie ziemlich gute Pasta dann sogar im dritten Moment. Und so wurde ich dieses Jahr also immer wieder mit Situationen konfrontiert, die ich so gar nicht so geplant hatte, die aber einfach kommen im Leben – und in die man sich nun einfach reintreiben lassen kann, ohne zu wissen, was da so genau kommen mag. Situationen, in denen man loslassen muss von dem, was davor da war, und plötzlich merkt, dass alles leichter wird, wenn man einfach mit der Strömung schwimmt, ohne sich am Ufer festzukrallen. Und dass die Strömung einen manchmal, wenn man sich auf das Treiben einlässt, an ungeahnte Orte bringt, die man ohne sie gar nicht entdeckt hätte.
Loslassen und mich treiben lassen, das ist also mein Mantra dieses Jahres. Und was ich gerade mache, ist die Verkörperung dieses Zieles. Seit etwa einer halben Stunde, es könnten aber auch nur ein paar Minuten oder schon eine ganze Stunde gewesen sein, liege ich im Floating-Becken des Wellnesshotels Klosterhof in Bad Reichenhall. Da, wo das Salz herkommt, und auch das Wasser, in dem ich liege, ist voll davon: Sole in völlig neutralen 35 Grad Körperaußentemperatur, die mich trägt, meine Beine, meine Arme und sogar meinen Kopf.
Floating wird hier im Hotel in einem eigens dafür gebauten, beachtlich großen Becken angeboten, in dem Farben an die Wände projiziert werden, und in dem es sonst ganz still ist. Während man in Floating-Studios oft in engeren Kapseln liegt, kann man sich hier buchstäblich treiben lassen, bis die Zehen irgendwann ganz leicht an die Wand anstoßen. Abgesehen davon herrscht beim Floating ein absolut reizloser Zustand: Man fühlt weder seine einzelnen Körperteile, noch das Wasser um einen herum, das genau auf die Hautaußentemperatur abgestimmt ist. In den 50er-Jahren entdeckten Neurowissenschaftler das Floaten und den besonderen Einfluss, den der reizlose Zustand auf das Gehirn und die Entspannungsfähigkeit hat, heute ist daraus eine Wellnessbewegung geworden, und auch zur Stress- oder Schmerztherapie wird Floating eingesetzt.
Er überlege, den Sternenhimmel an die Decke des Floating Beckens zu projizieren, erzählt mir der Klosterhof-Hotelchef und Arzt Andreas Färber. Oder auch, Musik zur Auswahl zu stellen. Aber eigentlich lenke all das von der eigentlichen Floating-Idee des reizlosen Zustandes ab, den ich auch am Faszinierendsten am Floaten finde. Zweimal verbringe ich eine ganze Stunde im Floating-Becken, und keine Sekunde davon ist langweilig. Der Zustand ist angenehm wie eine richtig gute Massage, nur anders herum: Schwere- und reizlos.
Nach zwei Tagen und zwei Floatingstunden fahre ich wieder zurück nach München und fühle mich nicht wie ein neuer Mensch. Aber das Gefühl des Floatens war so eindringlich, dass ich es mir immer wieder zurückholen kann, wenn ich die Augen schließe. Vielleicht reicht das manchmal schon, um sich mehr treiben lassen zu können. Bei der nächsten Situation, die nicht so läuft, wie von mir geplant, werde ich es ausprobieren: Die Augen schließen und mental einfach ein bisschen davonfloaten.
– Hotel- und Floating-Einladung des Hotels Klosterhof –
Eine Antwort zu “Floating: Wie ich beim Treiben das Loslassen lernte”
Vielenherzlichen Dank für deinen Besuch und die tolle Berichterstattung, Milena.
Wir würden uns über ein erneutes Wiedersehen im Klosterhof sehr freuen.
Alles Liebe,
Lisa