Filmtipp: The Bling Ring
Sofia Coppola kann zaubern. Bisher hat sie mich mit jedem ihrer Filme überzeugt, aus den Latschen gehauen und in eine andere Welt gelockt. Ob in die bittersüße Mädchenwelt der Schwestern aus The Virgin Suicides oder die einsame und wunderschöne Hotelwelt aus Lost in Translation. Ihr neuester Streich heißt The Bling Ring – und zieht einen in die krank-glitzernde Hollywood-Teenager-Welt. Ich habe ihn mir vor einiger Zeit in der Pressepreview angesehen und war, wie immer bei Sofia, sofort überzeugt! Mal wieder erschafft sie ein kleines Meisterwerk, das nicht nur durch die Bildsprache, sondern auch durch die sehr präsente Thematik so interessant ist.
Der wohl absurdeste Kriminalfall Hollywoods war die Vorlage zum Film: Mehrere Teenager, alle aus gutem Hause und selbst fast schon Stars, stehen vor dem Haus Paris Hiltons, die Adresse haben sie aus dem Internet. Sie wissen, dass Paris Hilton gerade auf Party xy und nicht zu Hause ist und heben die Fußmatte an, wo wider Erwarten der Schlüssel liegt. Also gehen sie ins Haus, nehmen sich Klamotten, Schmuck, Taschen, koksen alles weg, was sie finden, tanzen in Paris‘ privatem Clubraum und hauen wieder ab.
Der unerreichbare Star wird auf einmal zur Bekannten, in deren Haus man abhängen kann. Und dabei so viel mitnehmen, wie man will. Also tun sie es wieder und irgendwann ist nicht nur Paris‘ Haus, sondern auch das von Lindsay Lohan, Kirsten Dunst oder Orlando Bloom das Ziel. Dinge im Wert von drei Millionen Dollar lassen die Teenies in dieser Zeit mitgehen, fotografieren sich damit beim Feiern oder Shoppen und stellen die Fotos auf Facebook. Wodurch natürlich alles aufflieg. Schnell wird die Gruppe „The Bling Ring“ von der Polizei genannt.
Coppola bekam für den Film von Paris Hilton tatsächlich die Genehmigung, in ihrem privaten Haus zu drehen. Einen besseren Ort zur Darstellung des grotesken Glamours könnte es nicht geben. Paris‘ Kleider- und Schuhschrank ist dermaßen vollgestopft mit pinken und glitzernden Dingen, auf neobarocken Sesseln liegen Kissen, auf die ihr Gesicht gedruckt ist. Und irgendwie erinnert alles an eine Mischung aus Barbie und Michael Jackson.
Die Teenies, neben Emma Watson nur gespielt von Newcomern, sind besessen von Stars, Fame und Glamour. Sie verbringen die meiste Zeit auf Gossip-Blogs, in denen sie das Leben der Stars scheinbar hautnah verfolgen. In Hollywoods Clubs sehen sie die Stars dann ab und an sogar, was ihnen noch mehr das Gefühl der Distanz nimmt. Sie bewundern und beneiden die Stars, so wie die reiche Klassenkameradin. Obwohl sie selbst aus reichem Elternhaus kommen, erste Filmrollen oder berühmte Eltern haben, wollen sie immer mehr und vor allem eines: den Kick des Verbotenen.
Die Sucht nach der übertriebenen Selbstdarstellung, dem Angeben im Internet, das keine Grenzen kennt, wird im Film thematisiert. Schon vor der Raubzugserie zählt beim Feiern im Club nur Selfies machen. Kommt mir nicht nur von Bloggerevents gruselig bekannt vor. Je mehr It-Bags und Geldscheine in ihrem Besitz sind, desto mehr wird damit posiert und angegeben. In einer langen Zeitlupe schreiten die Fünf schließlich mit teuren Sonnenbrillen, riesigen It-Bags, Hollywood-Outfits und Starbuckskaffee die Straße entlang und sehen dabei aus wie die Stars in der Instyle.
Natürlich fallen sie am Ende auf die Schnauze, aber fühlen sich sogar im Presse-Blitzlichtgewitter auf dem Weg zur Verhandlung wie Superstars. In der Realität wie im Film war die wichtigste Frage für eine der Verhörten: Was hat Lindsay genau gesagt?
Sie kennen keine Grenzen und vor allem sich selbst nicht. Keine Spur von Souveränität oder einer tieferen Beschäftigung mit dem Leben und dem Selbst findet man bei den Figuren. Und genau das ist das Problem einer Generation, die keine wirklichen Probleme kennt, alles hat und immer mehr will – nicht nur im überspitzten Hollywood.
Ab 15. August ist The Bling Ring im Kino. Das aktuelle Zeit-Magazin beschäftigt sich übrigens ganz exklusiv mit dem Film – mehr dazu haben die Janes.
Bildquelle: © TOBIS Film
7 Antworten zu “Filmtipp: The Bling Ring”
Ich finde den Film echt interessant und werde ihn mir bestimmt anschauen, spätestens wenn er auf DVD erscheint!
Ich kann es kaum erwarten !!!
Haha, ich dachte das zweite Mädchen von rechts auf dem oberen Bild bist du Milena ;)
Geile Thematik – Danke für den grandiosen Tipp! ;)
Danke für den Tipp, DEN werde ich mir sicherlich anschauen, da er doch sehr interessant klingt.
Ich freu mich auch schon total drauf. Freunde von mir haben ihn bei einem Film Fest gesehen, und fanden ihn sehr gut. Konnte da leider nicht mit, und freue mich jetzt umso mehr!
Wie du bin ich sehr großer Sofia Coppola-Fan, muss aber leider sagen, dass mich dieser Film ein bisschen enttäuscht hat. Nur sehr selten konnte ich die sonst so typische S. Coppola-Atmosphäre ausmachen und habe mich ansonsten in den ersten beiden Dritteln ein wenig gelangweilt. Erst zum Ende, als gezeigt wurde, wie die einzelnen Gang-Mitglieder damit umgehen, erwischt zu werden, war ich ein bisschen versöhnt. Allerdings glaube ich auch, dass ich dem Film bei erneutem Anschauen mehr abgewinnen werde. Und da es nunmal ein Sofia Coppola-Film ist, werde ich ihn noch sehr oft anschauen ;) Dein Artikel gefällt mir übrigens sehr gut, sehr informativ und differenziert geschrieben!