Female Finance Fragebogen: Hannah, 32, selbstständige Markenberaterin

2. November 2022 von in

Über die Finanzen spricht man nicht? Das sehen wir anders. Denn finanzielles Wissen ist ein viel zu wichtiges Thema, um es unter den Teppich zu kehren und alles nur mit sich selbst auszumachen. Einen gesunden Umgang mit Geld kann man lernen – wenn man darüber spricht. In den letzten Jahren haben mir der offene Austausch mit FreundInnen, aber auch die unzähligen Geschichten Einzelner in Gruppen wie Madamemoneypenny geholfen, meine Finanzen viel aktiver zu durchdenken und auch das Thema Sparen und Investieren aktiv in die Hand zu nehmen. Nicht die vagen grundsätzlichen Tipps sind dabei das, was mich am meisten inspiriert – sondern individuelle Situationen, an denen ich mir ein Beispiel nehmen kann.

Das Thema Sparen ist 2022 aktueller denn je. Bei steigenden Preisen und Inflation ist es für uns alle hilfreich, über Geld zu reden – und über die vielen Wege, Geld zu sparen, es anzulegen und sich besser abzusichern. Finanzielles Wissen ist gerade für Frauen wichtig. Denn 63% aller verheirateten Frauen zwischen 30 und 50 Jahren in Deutschland verdienen unter 1000 Euro netto. Frauen verdienen durchschnittlich 18% weniger als Männer. Egal ob verheiratet oder nicht: Es ist für jeden und besonders für alle Frauen wichtig, sich finanzielles Wissen und finanzielle Unabhängigkeit aufzubauen – die Grundlage dafür ist offener Austausch. Deshalb haben wir den Female Finance Fragebogen der amazed-Community ins Leben gerufen und euch gefragt, wie ihr mit eurem Geld umgeht – und wie ihr es schafft, etwas davon zu sparen. Wir waren überwältigt von eurer Offenheit und eurem Interesse – hier kommt Folge 4 des Female Finance Fragebogens!

Wie alt bist du, was arbeitest du und wie viel Geld hast du monatlich ungefähr netto zur Verfügung?

Ich bin 32 Jahre alt, arbeite selbstständig als Brand Marketing Beraterin und habe monatlich durchschnittlich 4000 Euro netto zur Verfügung

Welcher Bildungsweg hat dich zu deinem jetzigen Job geführt?

Ich habe ein bilinguales Abitur gemacht und auch international im Bachelor studiert. Danach habe ich zwei Jahre in einer kleinen Unternehmensberatung als Projektassistentin gearbeitet. Da ich schnell gemerkt habe, dass das nicht der Beruf ist, in dem ich mich zukünftig sehe, habe ich nebenberuflich im Bereich Social Media und Influencer Marketing für ein Modelabel gearbeitet. Durch das zweite Standbein gelang mir dann der Sprung in den Bereich in einen Konzern, wo ich dann auch sechs Jahre geblieben bin. Danach bin ich als Führungskraft in ein Start-up gewechselt und habe hier unglaublich viele neue Impulse bekommen, die dann den Wunsch ausgelöst haben, mich selbstständig zu machen. Da mein Vater den Schritt auch irgendwann gegangen ist, habe ich mich auf jeden Fall etwas mehr begleitet und unterstützt gefühlt.

Wie sieht dein finanzieller Background aus? Wie wurdest du in Bezug auf Finanzen geprägt?

Ich wurde von meinen Eltern im Studium unterstützt, habe aber auch einen Studienkredit aufgenommen und diesen auch in den ersten Berufsjahren zurückgezahlt. Ich glaube nicht, dass meine Eltern mir einen bewussten Umgang mit Geld beigebracht haben, daher bin ich vorsichtiger im Umgang mit Geld und musste erst lernen, richtig mit dem eigenen Geld umzugehen. Mein Vater kommt zwar aus dem Finanzbereich, hat sich jedoch lange auf die altbekannten Investitionen wie Lebensversicherung, Bausparer und Immobilie bezogen. Meine Mutter ist Hausfrau und durch die Abhängigkeit, die sie finanziell zu meinem Vater hat, habe ich wiederum als Motivation gesehen mich hier besser aufzustellen und das Thema dann auch endlich anzugehen.

Wie lebst du und wie viel zahlst du dafür?

Ich lebe alleine, zur Miete, meine Wohnung ist 60 Quadratmeter groß und liegt bei 1.220 Euro warm.

Welche Fixkosten hast du monatlich?

Meine sonstigen Fixkosten liegen bei ca. 900 Euro. Ich gebe einen großen Betrag für Versicherungen aus, dazu gehört eine Rentenversicherung und monatliche Zahlungen in einen Fonds und ETFs. Mein Handyvertrag liegt bei etwa 25 Euro, und sonst versuche ich alles mit dem Fahrrad zu erledigen, um Transportkosten so niedrig wie möglich zu halten. Für mich gehören auch Kosten für Sport zu den Fixkosten, da mir meine Gesundheit super wichtig ist und es einfach nicht zu kurz kommen darf.

Für was gibst du besonders gerne Geld aus, für was besonders ungern?

Besonders gerne für Sport, oder auch Massagen, Akupunktur oder Osteopathie sehe ich als Investment in mich. Auch wenn ich vergleichsweise wenig Miete für München zahle, geht dafür einfach in der Stadt sehr viel drauf. Ich liebe es zwar schön zu wohnen, allerdings schmerzt es schon immer sehr, wenn man die Miete im Verhältnis zu den anderen Ausgaben sieht.

Wie schaffst du dir einen Überblick über deine Finanzen?

Vor zwei Jahren habe ich erst mit einem Haushaltsbuch angefangen mir einen Überblick zu verschaffen, mittlerweile tracke ich es über die App Outbank. Mit dem Start in die Selbstständigkeit habe ich angefangen, mit mehreren Unterkonten zu arbeiten. Zum einen, um zu sparen, aber auch, um genügend für Steuern oder Nachzahlungen zur Seite zu legen. Ich rationiere mein Geld nicht für Freizeitaktivitäten, sondern verlasse mich da schon auf mein Gefühl, da ich mittlerweile gut weiß, wie viel mir zur Verfügung steht.

Sparst du, und wenn ja, wie viel?

Mir fällt Sparen nicht leicht, obwohl ich auch gemerkt habe, dass es auch nur eine Gewohnheit ist. Und wenn man das Ziel im Blick hat, dann macht es sogar Spaß. Seit Anfang des Jahres habe ich regelmäßig einen festen Betrag gespart, mit dem Start in die Selbstständigkeit halte ich es aktuell flexibel. Ich strebe aber an, wieder auf einen fixen Betrag zu kommen. Ein gutes Ziel ist hier für mich, immer die drei Monatsgehälter Notgroschen auf dem Sparkonto zu haben. Jeder hat aber natürlich ein anderes Sicherheitsgefühl.

Wofür sparst du, was sind deine Ziele und Wünsche?

Zum einen spare ich, um abgesichert zu sein für den Notfall, zum anderen für Urlaube. Für mich ist Urlaub definitiv Luxus und steht an hinterster Stelle, wenn es um meine Ausgaben geht. Wenn es um meine langfristigen Sparziele oder Investitionen angeht, dann spare ich auf ein Ferienhaus.

Wie sorgst du im Speziellen für deine Rente vor?

Ich habe mich vor drei Jahren beraten lassen und hier drei Säulen aufgestellt, um für die Zukunft abgesichert zu sein. Neben der staatlichen Rente habe ich eine private Rentenversicherung, eine Betriebsrente aus einem früheren Job, die ich weitergeführt habe, sowie verschiedene Investments in einen Font und ETFs. Bei beiden Investitionen lag mir Nachhaltigkeit am Herzen und bisher scheine ich damit auch ganz richtig gelegen zu haben.

Hast du für dich Tipps und Tricks gefunden, die dir das Sparen im Alltag erleichtern?

Für mich funktioniert nur ein separates Konto, wo ich nicht regelmäßig draufschaue. Und der Dauerauftrag am Anfang des Monats. Ich habe jegliche Challenges probiert und habe es immer als nervig empfunden oder dann doch schnell das Geld zum Einkaufen genommen. Wenn ich Einmalzahlungen von meinem Arbeitgeber bekommen habe, habe ich es meistens aufgesplittet und 60 Prozent gespart, 20 Prozent auf dem Konto gelassen und 20 Prozent in etwas investiert, was ich schon länger haben wollte. Das kann etwas Materielles sein, aber auch Weiterbildungen oder Urlaube.

Was machst du mit deinem gesparten Geld, investierst du es?

Meinen Bausparvertrag habe ich vor etwa zwei Jahren gekündigt, weil er einfach nicht gewinnbringend war. Als ich diesen abgeschlossen hatte klang er damals als eine gute, solide Idee, die an meine vermögenswirksamen Leistungen aus der damaligen Anstellung gekoppelt waren. Als ich mich dann mehr mit dem Thema Finanzen auseinandergesetzt habe, habe ich schnell gemerkt, es gibt wesentlich bessere Anlagevarianten für die vermögenswirksamen Leistungen. Ich habe ein Tagesgeldkonto, auf dem ich versuche, konstant drei Monatsgehälter zu haben. Einen Fonds, der aus mehrheitlich nachhaltigen Anlagen besteht. Und noch zwei Anlagevarianten über den digitalen Anbieter Quirion. Hier habe ich einmal eine Investitionsstrategie für die Rente und eine kurzfristige auf vier bis sechs Jahre, die etwas risikoreicher ist. Für mein Traumferienhaus oder was auch immer ich mir dann in ein paar Jahren kaufen möchte.

Wenn du in ETFs oder Aktien investierst, hast du einen Sparplan? Wie hast du zu deinem Portfolio gefunden, hast du Tipps, wie man sich dazu gut informieren kann?

Ich habe mich vor einigen Jahren angefangen, über Madame Moneypenny zu informieren, habe mich dann noch bei Finanzheldinnen informiert und über mein Frauennetzwerk immer wieder Workshops zu dem Thema mitgemacht. Dadurch habe ich ein gutes Verständnis entwickelt aber auch gemerkt, dass ich mich jetzt nicht dezidiert in den Börsenmarkt einarbeiten werde. Ich glaube, jede*r sollte sich informieren und dann für sich rausfinden, welches Modell zu einem passt oder in welcher Form man sich mit dem Thema befassen möchte. Im Moment ist ja schon fast ein gesellschaftlicher Druck entstanden, der einem das Gefühl gibt, man sei als Frau dumm, wenn man sich nicht vor der 30 in das ETF-Business eingearbeitet hat.

Hast du seit der Inflation etwas an deinen Konsum-Gewohnheiten geändert, und wenn ja, was?

Ich gehe weniger essen oder „aus“ als vorher. Ich schaue auch, dass ich eher bei Lidl oder Aldi einkaufe, anstatt regelmäßig bei Knuspr zu bestellen oder den Rewe um die Ecke zu nutzen. Ich habe schon vor der Inflation mein Konsumverhalten bezüglich Kleidung angepasst, mehr second hand und insgesamt bewusster weniger gekauft.

Alle Folgen unserer Female Finance Reihe findet ihr hier

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