Digital Detox: Und plötzlich geht es von allein
Erst war es nur ein Zufall. Doch als wir den Urlaub ein Jahr später wiederholten, in unserem Strom- und vor allem internetlosen Traumdomizil in den Bergen Südkretas, wurde es zu einem Experiment: Wie fühlt es sich an, eine Woche ohne Internet zu verbringen? Beim zweiten Mal suchten wir nicht mal mehr nach WLAN-Hotspots, sondern ließen das Internet schlichtweg aus. Und stellten einen verblüffenden Effekt fest: echte Entspannung. Und zwar kein kurzfristiges Runterkommen in der Yogastunde zwischen Büro und Abendevent, sondern das echte, kindliche und unfassbar luxuriöse Gefühl, einfach nur sein zu dürfen, ohne Erreichbarkeit und ohne Verpflichtungen. Ein Buch lesen zu können, um danach zu langen Gesprächen und anschließend dem ausgiebigen Kochen überzugehen, gefolgt von auf das Meer und in die Sterne starren. Auf einmal wird alles leicht, langsam und alle Knoten im Kopf lösen sich ganz von alleine – eine Erfahrung, die ich so absolut nicht mehr kannte, und die ich seitdem einmal im Jahr aufsauge wie eine Verrückte. Und die mich jedes Mal unglaublich glücklich und zufrieden macht.
Gerade sind Amelie und ich wieder auf Kreta in unserer internetlosen Woche, über die ich euch zum Beispiel hier genauer erzähle. Und als der Urlaub in den letzten Wochen näherrückte, wurde es wieder Zeit, in mich reinzuhorchen: Ist es nicht krank, Digital Detox zu brauchen, um endlich mal runterzukommen? Sollten wir nicht eher genug Alltag im Ausgleich schaffen, um nicht ständig auf 180 zu sein? Und bin ich in diesem Anliegen in den letzten Jahren eigentlich auch nur einen Schritt weitergekommen?
Dieses Jahr kann ich zum ersten Mal darauf antworten: Ja. Nach vielen Gedanken, Anläufen und Gefühlen der Unzufriedenheit haben sich tatsächlich ein paar Veränderungen in mein Leben geschlichen, die mir mittlerweile mehr Ruhe und Entspannung zwischendurch ermöglichen. Vor allem die letzten Monate, in denen ich neben mehreren Jobs noch meinen Master in Kunstgeschichte zu Ende brachte, hätte ich wohl anders kaum überstanden, ohne durchzudrehen. Denn eines wird wohl nie wieder weniger werden: Der Stress und Druck beim Arbeiten, wenn man alles unter einen Hut und fertig bringen will. Daran habe ich mich gewöhnt, diesen Druck mag ich sogar, denn er bringt einen zu ungeahnten Ergebnissen und setzt Kräfte frei, die man nicht für möglich gehalten hätte. Je mehr Druck man allerdings hat, desto mehr Ausgleich muss ins Leben einziehen.
Was hat sich also in meinem Leben geändert, im Vergleich zu den letzten Jahren? Der eine große und, es gibt kein anderes Wort, life-changing Punkt ist das Thema Sport. Nachdem Amelie sich selbst und damit auch mir letztes Jahr einmal kräftig in den Arsch getreten hat, haben wir beide, als Nachzügler hinter Antonia, Sport für uns entdeckt und es irgendwie geschafft, ihn als positiven und vor allem regelmäßigen Ausgleich ins Leben zu integrieren. Amelie geht ins Yoga, ich ins Fitnessstudio, und egal wie voll der Kopf davor war, beim Sport darf man genau das: einfach sein, den Kopf abschalten und sein Ding machen. Und baut ganz nebenbei Kräfte auf, die einem auch das Arbeiten viel einfacher von der Hand gehen lassen.
Der zweite wichtige Punkt ist das Thema Social Media Abstinenz. Schon seit ich vor Jahren Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen gelesen habe, ist mein Plan, das Handy öfter wegzulegen. Instagram und Snapchat sind dabei zwei zentrale Sucht-Apps, die man immer und immer wieder öffnet und sich davon nicht nur ablenken, sondern regelrecht in den Bann ziehen lässt. Denn selten fühle ich mich ruhig, ausgeglichen oder gar inspiriert danach, sondern, wenn ich ehrlich bin, hauptsächlich genervt von so viel Oberflächlichkeit und gleichzeitig unter neuen Druck gesetzt: den Lifestyledruck. Wer fünf Strandfotos, drei neue Designertaschen, sieben Fotos in hippen Cafés und einen Ausblick auf die Bondi Beach Pools durchgescrollt hat, wird einfach nicht mehr so ausgeglichen und entspannt an seinem Küchentisch sitzen wie davor. Das Ganze mehrmals pro Stunde abzuchecken, macht den Effekt nicht besser. Weshalb ich in den letzten Monaten schlichtweg dazu übergegangen bin, nur noch alle paar Tage mal bei Snapchat oder Instagram vorbeizuschauen – und das Ganze passierte sogar ungeplant und ganz von selbst. Dadurch verpasse ich bestimmt einiges und kriege die neuesten Superhypes vielleicht erst nach ein paar Wochen mit, aber bin dadurch ganz einfach eines: zufriedener.
Und das ist schließlich, worauf es ankommt.
4 Antworten zu “Digital Detox: Und plötzlich geht es von allein”
Danke Milena, du sprichst mir aus der Seele.
Liebe Grüße
Du sprichst mir aus der Seele. Ich überlege seit meinem Urlaub vor 2 Wochen auch, ob ich nicht facebook, instagram und Co. deaktiviere. Oder zumindest selbst nichts mehr dazu beitrage und nur alle paar Tage folge.
Ich liege nämlich oft abends auf dem Sofa und frage mich nach 3 Stunden, wo meine Zeit hin ist, mit der ich früher so viel mehr angefangen habe. Und wie du sagst: so wirklich entspannen tut das ganze Social Media Gedöns auch nicht.
Was für ein toller Post, das ist so ein wichtiges Thema welches du so was von auf den Punkt bringst! Ich muss mir das unbedingt auch mal vornehmen, mal ne Woche offline gehen! Das Buch liegt bei mir schon seit letztem Sommer rum, ich weiss jetzt was ich zu lesen habe, wenn’s klappen soll!
Lieb Grüsse, Mirjam
http://www.miiju.ch
[…] der Familie verbringt. So hatte ich also ein paar ungeplante Digital Detox Tage, die mich an unsere internetlosen Wochen auf Kreta von früher erinnerten und sich genauso gut anfühlten. Ohne ständig aufs Handy zu schauen, ist die […]