Digital Detox – ab ins Camp oder geht’s auch einfacher?

5. April 2014 von in

Ich stehe morgens auf, mein Blick fällt aufs Handy, ich checke Mails, Instagram, Facebook und beantworte erste Anfragen. Beim Frühstück lese ich die gängigen Nachrichtenseiten, fertige Blogartikel an oder schreibe Emails, tagsüber arbeite ich am Laptop – mein Handy ist mein ständiger Begleiter. Es gibt Abende, da sitze ich vor dem Fernseher, den Laptop auf dem Schoß, mein Handy neben mir. Ich schätze, ich bin nicht allein. So geht es vielen in der heutigen medialen Zeit. Ich bin dauererreichbar, selten offline und immer auf dem neusten Stand. Und es nervt. Mich, meine Freunde und Familie.

Auszeiten sind wichtig, das ständige Erreichbarsein Gift für jeden und vor allem für Freiberufler. Wer nie abschaltet, ist dauernd unter Strom, vergisst Wichtiges und verlernt, normale Dinge richtig zu genießen. Wer kennt das nicht in der heutigen Zeit: Man sitzt beim Essen und plötzlich starren alle auf ihr Handy. Gespräche gehen gegen Null. Es nervt. Zeit, etwas zu ändern.

In Zeiten des dauernden Online statt Offlineseins sehnen sich viele nach Reduktion. In einer Überflussgesellschaft mit der Möglichkeit, alles zu jeder Zeit zu bekommen, suchen wir Abstand. Von Zucker, von Massentierhaltung, von Fast Food und Fast Fashion, von Medien. Eigentlich eine gute Sache. Sich zurückbesinnen, die Dinge zu hinterfragen und sich zu erinnern, wie war das früher. Doch statt es einfach zu tun, wird alles schnell zum Trend, zum nächsten heißen Scheiß, den man unbedingt mitgemacht haben muss. Erst war es der Vegan-Trend, dann der Fitness-Trend, dann der grüne Smoothie-Trend, jetzt ist es der Digital-Detox-Trend.

Wer die gängigen Mode- und Frauenzeitschriften liest, weiß, wovon ich rede. Wer etwas auf sich hält, fährt jetzt ins Detox-Camp. Seit Neuestem finden sich hier nämlich Reiseberichte von Frauen, die sich ganz mutig in ein Digital-Detox-Camp begeben haben. „Eine Woche ohne Internet, Handy, Laptop. Es war ein Traum“, so das Fazit der austauschbaren Geschichten in den allseits bekannten Gazetten. Und: „Das sollte jeder mal machen. Endlich wieder die Wurzeln spüren, die Ruhe, Ausgeglichenheit der Wälder erfahren.“
Nach dem Healty-Wahn ist nun das Digital-Detox-Zeitalter angebrochen. Wer was auf sich hält, macht Urlaub – ganz ohne Kontakt zur Außenwelt. Endlich mal wieder ausspannen, im Wald umherirren, vom Sonnenlicht geweckt werden und in Ruhe essen, ohne die Nachrichten zu verfolgen. Detox vom ganz normalen Arbeitsalltags-Wahnsinn. Dass findige Geschäftemacher den Überfluss erkennen und unser Bedürfnis nach Reduzierung stillen wollen, ist wohl die logische Konsequenz. Wer es sich leisten kann, fährt eben in den Detox-Urlaub. Ohne Zeitfressmaschine, ohne Telefon, ohne Einflüsse von außen.
Tatsache, klingt gut. Hätte ich nach obiger Beschreibung dringend auch mal nötig. Der bittere Beigeschmack: Braucht es dafür wirklich ein ganzes Camp? Haben wir vergessen, wie es geht, das Handy auszuschalten, den Laptop wegzulegen? Sind wir, die in dem geistigen und materiellen Überfluss leben, nicht mehr fähig, das allein auch in unserem Alltag umzusetzen? Hilft es, zwei Wochen in ein Camp zu fahren, um danach voller Energie weiterzumachen, wie bisher? Ich glaube nicht.

Schließlich ist es im Grunde ganz einfach:  Abschalten ist das Stichwort. Geistig und physisch. Langfristig.
Und dafür brauche ich eigentlich kein Camp. Handy weglegen, Laptop runterfahren und rausgehen. Freunde treffen. Nicht vor dem Frühstück auf die mobilen Geräte schauen. Abends wirklich Feierabend machen, dann die Dinge stehen lassen. Nicht jede Mail muss sofort gelesen und beantwortet werden. Nicht jedes Erlebnis sofort auf Instagram geteilt werden. Leben ist das Stichwort. Mit Haut und Haaren, ohne ständig das Handy in der Hand.

Was sind eure Tipps, um medial abzuschalten?

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21 Antworten zu “Digital Detox – ab ins Camp oder geht’s auch einfacher?”

  1. Das Problem ist eben: Man hat sich so gewöhnt, alle ständig per Handy zu erreichen, dass es gleich als Unzuverlässigkeit gilt, wenn man eine Nachricht nicht sofort beantwortet.

    Generell sollte man dafür aber wirklich kein Camp brauchen. Im letzten Urlaub habe ich Smartphone und Laptop einfach komplett zu Hause gelassen und nur für den Notfall ein altes Handy mitgenommen – mit dem man wirklich nur telefonieren kann und sonst nichts. Und selbst das war auf stumm geschaltet. Und siehe da – es ging auch so.

    • Liebe Lisa,
      absolut. Meldet man sich plötzlich nicht sofort, ist gleich Alarm angesagt :)

      Für meinen nächsten Urlaub nehme ich mir auch vor, Handy und Laptop daheim zu lassen. Mein Handy an sich ist sowieso schon immer auf stumm geschalten, trotzdem schau ich ständig drauf :) Da herrscht noch Verbesserungsbedarf :) Liebe Grüße!

  2. ich bin glücklicherweise einer der wenigen menschen, die kein smartphone besitzen und ihr handy nur zum wecken im bett liegen haben, seit monaten ohne guthaben. ich bin zwar auch oft online, aber im urlaub ist es für mich selbstverständlich, dass der laptop zuhause bleibt. ich finde diese entwicklung echt erschreckend..

    • Liebe Leni,
      wow! Ich gebe zu, ich könnte das nicht. Gut, mein Handy ist auch einfach extremes Arbeitsgerät, hin und wieder sollte ich mir dann aber auch ein Beispiel nehmen :) Abschalten ist so wichtig! Die Entwicklung an sich finde ich nämlich auch zunehmend unangenehm.
      Liebe Grüße!

  3. Facebook habe ich mittlerweile von meinem iPhone verbannt, die Mail Pushmitteilungen einfach ausgestellt – und tatsächlich nehme ich das Telefon nur noch halb so oft in die Hand! Seit das iPhone nicht mehr ständig bimmelt und wieder ich entscheide, wann ich was checken möchte, hält eine Akkuladung gefühlt doppelt so lang und ich konzentriere ich mich auf die wirklich wichtigen Dinge der realen Welt. Das funktioniert bei mir sehr gut.

    • Liebe Britta,
      so gehts mir auch. Ich habe alle Pushnachrichten ausgeschaltet und mein Telefon auf stumm. Seitdem ist es schon weit aus besser geworden, aber noch Luft nach oben ;) Vielen Dank für den Tipp, ich werde mal darauf achten, wie oft ich es wirklich in die Hand nehme!
      Liebe Grüße!

  4. danke liebe antonia!
    kann ich leider so unterschreiben, seit mir ein iphone untergejubelt wurde (hab mich lang genug dagegen gewehrt) kann ich bei mir auch eine zunehmende sucht feststellen – sogar ohne dauerhaftes wlan. so lieg ich hier auch grad im bett – laptop an, smartphone neben mir.
    ich hab mir schon viele gedanken drüber gemacht und du hast einiges auf den punkt gebracht.
    oh weh.
    gottseidank hab ich zumindest noch eine schmerzgrenze: in gesellschaft, da find ich mediale geräte jeder art meistens echt nervig, sei es jetzt, weil jemand die ganze zeit parallel whatsappt oder sich alle streiten, welcher youtube clip als nächstes angemacht wird. nee, nee. da bin ich knallhart, da bleibt das teil in der tasche und ich sags meinem gegenüber auch, wenns mir zuviel wird. ich geh selbst höchstens ran, wenn ich angerufen werde.
    ich vermisse die raterunden, wenn einem eine definition nicht einfällt oder ein wort unbekannt ist. gleich googlen.
    das ganze rumspinnen fällt in der allzeit-bereit-uptodate-welt total weg, ebenso wie das tiefenentspannte chillen – egal was man verpasst.

    diesen trend zu trends (haha) finde ich ebenfalls bedenklich – wobei – wenn es leute motiviert, vegan zu essen und gesund zu leben und dann trotz abflauen der kollektiven begeisterung dranbleiben – dann find ich das prima. nur das stetige zur schau stellen ist etwas anstrengend.
    sowieso: man kann das, wie du schon sagst, doch alles selbst. nen safttag einlegen ohne hunderte euros teures detox programm. die joggingschuhe schnüren und raus in den park ohne nike bändchen und app. einfach mal in einer fremden stadt verlaufen und so die schönsten orte finden oder (oha) menschen nach dem weg oder guten tips fragen.
    man verlernt so schnell die einfachheit der dinge, wenn man doch im gegenzug aufwendige, teure und verlockend glitzernde angebote bekommt, die einen „an die hand nehmen“.

    ich denke, ich sollte vielleicht eine zeit lang nen medienfreien sonntag einlegen..

    • Liebe Mia,
      ohja, in Gesellschaft finde ich es eigentlich am schlimmsten. Wenn plötzlich alle ihr Handy zücken, jeder starrt drauf, man guckt Videos, statt sich zu unterhalten etc. Das finde ich echt so schade. Da versuche ich aktiv entgegenzuwirken.

      Zum Trend zu den Trends ;) hast du natürlich recht: An sich ist das eine gute Sache, das zur Schaustellen ist das schwierigere, denn man kann es auch einfach tun. :)
      Ein medienfreier Sonntag ist eine gute Idee, ich werde mal versuchen, einen medienfreien Tag einzulegen – und auch mal wieder ohne Handy aus dem Haus gehen (da allein wird mir schon mulmig ;))
      Liebe Grüße!

  5. Ich kann dir zu 100% zustimmen! Mir geht es genau so und ich denke fast jedem von uns auch. Man merkt wie sehr viele Leute davon genervt sind und versuchen dem ganzen entgegenzuwirken.
    Seitdem ich auf Facebook und Whatsapp aktiv bin, telefoniere ich viel weniger. Und diese sind unpersönlicher wie ich finde.
    Ich hasse einfach diesen Moment, wenn man in einer Gruppe zusammensitzt und sobald jemand auf sein Smartphone fixiert ist, tut es ihm jemand gleich. Und dann herrscht Stille. Das muss echt nicht sein. Vor kurzem fand mein Freund es toll dass mein Handy das ganze Treffen über die ganze Zeit in der Tasche war als wir in einem Café waren sodass wir mehr Zeit füreinander hatten. Sowas ist halt heute nicht mehr ganz sooo selbstverständlich. Bei einem anderen Treffen mit einer Freundin schlug sie direkt vor, unsere Handys im Restaurant erst gar nicht aus der Tasche zu holen damit wir mehr miteinander reden können. Sowas sollte man durchführen und dafür braucht man echt kein Camp.

    • Liebe Sandra,
      ohja, telefonieren tue ich eigentlich nur noch geschäftlich, mit Freunden schreibt man sich fast nur noch. Diese Situation in der Gruppe finde ich auch so unangenehm und habe mir seit ein paar Wochen vorgenommen, bei Treffen mein Handy wirklich in der Tasche zu lassen. Siehe da, ich lebe noch und die Gespräche waren weitaus schöner, weil man viel konzentrierter und mehr „da“ war.
      Liebe Grüße!

  6. Die letzten 6 Wochen waren auch für mich in gewisser Weise eine Zeit zum Abschalten…
    Ich war Zeit sozusagen super busy, weil ich ein Praktikum gemacht habe, aber dadurch hatte ich tagsüber auch keine Zeit für Facebook, Whatsapp, Blog & Co und ich muss sagen, dass mir das definitiv auch mal ganz gut getan hat… Seitdem sehe ich das ganze auch lässiger… bin nicht mehr ständig über Whatsapp zu erreichen und nehme auch meinen Blog nicht mehr ganz sooo extrem ernst
    Und wenn ich mit meinem Hund gehe, habe ich schon immer eigentlich nie ein Handy dabei!

    http://coco-colo.blogspot.de/

  7. Generell finde ich, dass man den Urlaub sehr gut dazu nutzen kann. Einfach das Handy abschalten und weg fliegen, niemand kann einen erreichen und man ist für zwei Wochen von der Außenwelt abgeschlossen.
    Im Alltag gestaltet sich das etwas schwieriger. Mein Mann hat vor kurzem versucht zwei Wochen ohne Mobiltelefon auszukommen. Er hat vorher Allen Bescheid gesagt und Festnetznummern von seiner Arbeit und daheim verteilt. Allerdings haben wir 2 Kinder und mich hat es manchmal schon genervt dass ich ihn oft nicht erreichen könnte. Man hat sich dran gewöhnt.
    Schwach geworden ist er dann auch, als er auf Geschäftsreise musste. Da wollte er dann doch nicht zur Telefonzelle (gibt es ja auch kaum noch) und machte sein Handy an um uns anzurufen ;-)

  8. Ich schalte beim Schlafengehen ab oder auf Flugmodus und dann einfach in der Früh nicht sofort wieder ein, sondern zögere das manchmal bis in den Vormittag hinaus. Außerdem schalte ich w-lan immer nur an, wenn ich etwas nachsehen will (E-Mails oder Internet) und dann wieder aus. Ich bin weder auf Facebook noch auf Whatsapp und siehe da, diejenigen, die mich erreichen oder treffen wollen, schaffen es dennoch, mich zu kontaktieren!

    • Liebe Lisa,
      das mit dem Flugmodus ist eine gute Idee, das werde ich mal ausprobieren. Da das Handy mein Arbeitsgerät ist, geht komplett ausschalten am Tag leider nicht, aber für nachts ist das eine gute Idee. Liebe Grüße!

  9. was ich verrückt finde: anscheinend herrscht konsens über das thema. hier sind einstimmig meinungen zu lesen, die die durchdringung der medien unseres alltages, als negativ, zu viel, zu anstrengend empfinden. man ist sich einig, ein bisschen mehr ruhe würde guttun. also: wieso macht man es nicht einfach? der druck scheint ja nicht von außen zu kommen, sondern nur von einem selbst. angst, etwas zu verpassen? aber wenn man doch offline REAL etwas erleben kann, dann muss man sich doch keine gedanken über digitale neuigkeiten machen? und solange man auch zeit in gesellschaft ohne handy und soziale netzwerke verbringt, ist ein tag mit laptop im bett versacken doch auch total legitim. also, locker machen, emails emails sein lassen und lieber erstmal ein bier trinken PEACE

  10. Mir gehts tatsächlich ganz genauso und das paradoxe daran ist, dass es mich jeden Tag wirklich stresst und zugleich auch unglaublich erfreut! Ich habe Spaß daran und doch fühle ich mich unter Druck gesetzt. Ich denke auch das ist normal in dem medialen Zeitalter.. diese Abhängigkeit ist allerdings wirklich ein bisschen beängstigend, deswegen habe ich jeden Tag für mich selbst eine Zeit von 2 Stunden eingerichtet, wo ich einfach mal alle Geräte außen vor lasse und nicht online und präsent bin.

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