Die Ästhetik in Girl, Interrupted
Girl, Interrupted (Deutscher Titel: Durchgeknallt) ist ein autobiografisches Werk der Autorin Susanna Kaysen, die in den 60er-Jahren für 18 Monate in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. In ihrem Film erzählt sie von sich, ihrer depressiven Krankheit und vor allem von ihren Freundinnen und Bekanntschaften ebenso erkrankter Mädchen, die sie in dieser Zeit machte.
Der Film an sich reißt mich nicht gerade vom Hocker. Die Krankheiten der Mädchen sind stark klischeebehaftet und die Richtung, die Girl Interrupted macht, ist vorhersehbar. Außerdem komme ich in einen Konflikt, wenn ich mir die Protagonistinnen Susanna und Lisa (Angelina Jolie) ansehe. Die beiden sehen so dermaßen scharf aus, dass ich mich frage, wie weit eine solche Ästhetik in einem so ernsthaften Film korrekt ist. Ich mag eine hervorstechende Bildsprache in Filmen und finde sie nahezu essenziell, doch zieht eine gut angezogene Susanna, ein rauchendes Tom Boy-Mädchen, die eigentliche Problematik in dem Film nicht etwas ins Harmlose?
Lisa ist Soziopathin. Sie bricht regelmäßig aus dem Krankenhaus aus, sie schreit, rebelliert, sie provoziert, sie ist gleichgültig und cool. Ich kenne Angelina Jolie kaum in einer anderen Rolle, in der ich sie schöner gefunden hätte und ebenso ist ihre schauspielerische Leistung nicht außer acht zu lassen. Spätestens nach diesem Film ist die Schauspielerin in meiner imaginären Mag-Ich-Liste gestiegen, obwohl sie zwar trotzdem wieder „die Heiße und Schöne“ ist, aber dennoch ihre Rolle verdammt gut über die Bühne, oder über den Bildschirm, bringt.
Nun, mein Zwiespalt bezüglich des Films Girl, Interrupted ist für mich sehr präsent und ich bin mir nicht sicher, ob ich den Film nun empfehlen oder von ihm abraten soll. Denn die Frage bleibt für mich offen: Ist es korrekt, ein ernstes Thema (in diesem Falle ein Besuch in einer psychiatrischen Klinik) mit schönen und heißen Mädchen zu bestücken, die gut gekleidet sind? Ist es okay, schöne Szenarien in einem Krankenhaus zu schaffen, wie beispielsweise diese, in der Susanna sich in der Badewanne wäscht? Irgendwie schon, auch wenn solche Badewannen wohl kaum in einer Klinik die Realität sind. Aber es fühlt sich für mich falsch an und lässt mich den Film leider nicht ernst nehmen. Wie seht ihr das?
Für Freunde von: One
flew over the cuckoo’s nest, The Virgin Suicides
Sei nicht: Zart besaitet
Iss: Nicht allzu viel, es gibt auch appetitverderbende Szenen
Erwarte: keinen harmlosen Film, schöne Protagonisten
11 Antworten zu “Die Ästhetik in Girl, Interrupted”
zart *besaitet*
Danke! Haben wir gleich ausgebessert.
Hallo!
Ich habe mich gefreut, hier einen Artikel über einen meiner absoluten Lieblingsfilme zu lesen (er hat mich 2006 zu einem großen Fan von Jolie gemacht, denn sie spielt atemberaubend und intensiv, was wohl am Method Acting liegt). Dein Artikel hat mich angeregt, selbst nochmal darüber nachzudenken, ob er wirklich ästhetisch auf mich wirkt. Einerseits schon: Winona Ryder, Angelina Jolie und Brittany Murphy – da ist es schwer, nicht ästhetisch zu wirken. Andererseits denke ich an manche Szenen (zum Beispiel diese hier, auch wenn Jolies Zusammenbruch abgeschnitten ist http://www.youtube.com/watch?v=zeTDL1G9wG0) und sehe nichts ästhetisches, sondern einfach eine kaputte Frau, die schreit und weint wie ein getroffenes Tier. Beides ist vorhanden. Danke für den Denkanstoß, ich muss den Film in jedem Fall noch mal unter dem Ästhetik-Aspekt sehen.
Viele Grüße
Ich hab das Problem ehrlich gesagt immer wieder mal mit Frau Jolie, mit anderen, ebenfalls sehr schönen Schauspielerinnen dagegen nicht so, so lange sie im jeweiligen Film auch „unschön“ gezeigt werden (also sprich, verheult sind, nicht „hübsch zurechtgemacht“ aussehen etc.). Aber Angelina Jolie ist einfach so speziell und markant, ihr Gesicht steht für mich ständig im Mittelpunkt, und mir fällt es daher manchmal schwer, ihr Rollen abzunehmen… Doof eigentlich… Und das Klamottenthema ist dann ja nochmal ein anderes, das fällt mir manchmal auch negativ auf, auch wenn ich sagen muss, dass für mich eine gewisse Art von Ästhetik im Film irgendwie schon wichtig ist. Kleidung spielt dabei zwar eher eine untergeordnete Rolle, aber ist schon auch ein Teil davon… Wenn ein tragischer, trauriger, deprimierender Film ästhetisch – schön ist, zieht er mich wohl auch irgendwie weniger runter, während ich diese Art von „alles ist grau“ – Filmen manchmal kaum erträglich, und ehrlich gesagt für mich auch visuell nicht so wirklich ansprechend finde… Das klingt natürlich sehr oberflächlich….
Den Film kenne ich noch nicht, klingt aber wirklich gut, danke für den Tipp!
Ja, ich finde Kleidung auch sehr, sehr wichtig in einem Film! So manch einer mag das Kostüm in Filmen / Serien vielleicht nicht wahrnehmen, doch für mich ist es ein besonders wichtiges Thema, da ich mich eben viel damit auseinander setze. Ich erwarte ja auch nicht, dass die Menschen hässlich gekleidet sind, nur weil sie krank sind. Es gibt ganz gewiss stilvolle und schöne, psychisch kranke Menschen. Und trotzdem fühlt es sich in Girl, Interrupted… merkwürdig für mich an.
Zunächst muss ich gestehen, dass ich den Film (noch) nicht gesehen haben. Aber müssen die Figuren deiner Meinung nach langweilig/normal/durchschnittlich aussehen, weil sie psychisch krank sind? In der psychiatrischen Klinik, in der ich mal ein Praktikum gemacht habe, waren viele Patientinnen auffallend hübsch. Selbst die schöne Winona Ryder ist Kleptomanin.
Psychische Störungen passen übrigens meistens in bestimmte Muster. Klischeebehaftete Krankheitsbilder sieht man also auch in der Realität jeden Tag.
Über Ästhetik in düsteren Filmen denke ich wie cato ganz oberflächlich – aber Filme sollen ja auch nicht die Realität darstellen, sondern ein ideales Bild von ihr (ganz im Sinne des großen Theodor Fontane, haha).
Ich werde mir den Film auf jeden Fall bald ansehen!
Du hast ganz recht, natürlich können psychisch kranke Menschen schön sein und Stil haben. Deshalb habe ich diesen Konflikt ja. Gleichzeitig denke ich mir, dass eine Angelina Jolie ganz bewusst als Hauptrolle für diesen Film gewählt wurde – und ich wage einfach mal zu behaupten, dass es dabei nicht um ihre schauspielerischen Fähigkeiten ging (die sie dennoch hatte, in Girl Interrupted), sondern darum, dass sie eben heiß aussieht.
Aber ich weiß es nicht und deshalb kann ich dir auch keine klare Antwort geben. Sieh ihn dir einfach mal an und behalte diesen hier angesprochenen Konflikt im Hintergrund. Vielleicht fällt dir ja eine gute Antwort ein :)
Liebe Amelie,
es tut zwar nichts zur Sache, aber ich muss dir in dem Fall widersprechen, dass für diesen Film Angelina Jolie ausgesucht wurde, weil sie eben schön aussieht. Vielmehr war es so, dass sie selbst (zumindestens Ende 90er, Anfang 2000er als Borderlinern galt. Nachdem sie „Gia“ im gleichnamigen Film (übrigens eine Filmempfehlung! Gerade auch, was Mode angeht) dargestellt hat, und dafür viele Preise eingeheimst hat, war sie für solche „kaputten“ Charakterrollen prädestiniert. In „Gia“, einem heroinsüchtigen, aidskranken Model (du kennst sie sicher: Gia Carangi) hat sie sich so sehr in deren Charakter und der Drogensucht verloren, weil sie ihr so ähnlich war, dass sie danach einen Zusammenbruch hatte und Suizid begehen wollte. Deswegen wollte Jolie die Rolle der Lisa in Girl Interrupted auch lange Zeit nicht annehmen, weil sie ihr ebenfalls zu ähnlich sei. Der Regisseur wollte sie aber unbedingt als Lisa besetzen, nachdem er Gia gesehen hatte, weil sie eben nicht nur „schöne“ Rollen spielen kann, sondern auch psychische Abgründe. Sie haben sie ja auch für Girl Interrupted äußerlich sehr verändert, sie sieht ausgemergelt aus, hat strähnige Haare und ist richtig bleich. (Und trotzdem dummerweise noch gutaussehend ;)). Ich stimme dir zu, dass sie mit Sicherheit oft wegen ihres Aussehens besetzt wird. Aber in ihrer schauspielerischen Anfangszeit, in der -meiner Ansicht nach- die besten Filme mit ihr entstanden sind, war sie für die Regisseure oft aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihren eigenen psychischen „Auffälligkeiten“ interessant, um kaputte Frauen zu spielen.
Falls du dich wunderst – ich habe einige Bücher über sie gelesen und Interviews mit ihr + ihren Regisseuren, deswegen hatte ich hier einen Äußerungsdrang ;). Ich bin ein Fan von ihr, auch wenn sie sich natürlich von der Lebensweise extrem gewandelt hat. Ihr Glück: Sonst würde sie, laut eigener Aussage, heute nicht mehr leben.
Vielen Dank für deine Antwort. Das war mir nicht klar, so gut kenne ich mich mit Angelina Jolies Lebenslauf nicht aus :). Aber gut zu wissen, das finde ich ja sehr interessant!
Übrigens sollte das Buch, auf dem der Film basiert, nicht vergessen werden!
Wo kann man diesen Film denn schauen?