Die andere Frau: Wie ich mit Betrug in meiner Beziehung umgegangen bin

2. Mai 2024 von in

Als Kind hat mir mein Vater eingeschärft, dass ich niemanden außer mir selbst trauen solle. Dennoch und natürlich habe ich Leuten vertraut – manchen sogar blind.

Die Jahre, die in einer Beziehung ins Land gehen, sind kein Indikator für die Festigkeit eben jener, aber sie wägen uns oft in der Illusion.

Zumindest war das in meinem Fall so: Über fünf Jahre liiert, fühlte ich mich relativ stabil in dieser Beziehung, ohne sie wirklich zu hinterfragen. Obwohl es viele Dinge gab, vor denen ich damals die Augen verschlossen habe. Ich hegte ein ehrliches und tiefes Vertrauen in meinen damaligen Partner. Umso wuchtiger war es, herauszufinden, dass es eine andere gab.* Seinen Versuch des Gaslightnings – er hätte mich gar nicht betrogen, er würde ja niemandem gehören – habe ich schnell abgeschmettert: Betrug ist Betrug und lässt sich auch nicht mit irgendwelchem philosophischen Gerede über ‚Besitz‘ gerade reden.

Gerade zu Beginn wollte ich etwas begreifen, wo es nichts zu fassen gab.

Einfach so ausgetauscht zu werden, hat mich fertig gemacht, hat ganz viel aus mir hochgeholt. Es schien, als hätte er sich ein Upgrade geholt. Ich wurde ausgewechselt wie ein alter Waschlappen. Oft habe ich mich auf sie fixiert: Wie sie wohl so ist, was ihre Motivation war und was sie hat, was ich nicht habe. Heute schäme ich mich für meine Misogynie, die durch meine Adern rannte.

Sie konnte ja nichts dafür. Sie war ein Symptom, aber nicht die Krankheit. Er hatte mich betrogen und nicht sie und dennoch war sie ein rotes Tuch für mich.

Nicht selten habe ich damals gegoogelt, wie ich damit verfahren soll. Denn ich hatte keinen Umgang damit. Zumindest keinen guten oder gar gesunden. Der Betrug hat mich total konsumiert, ich konnte keinen Frieden finden und die Situation hat mich daran gehindert, mich mit mir zu befassen und was mir guttun würde. Oft haben mir Leute gesagt, ich solle in Gedanken bei mir bleiben.

Das erste Mal hat es geklickt, nachdem ich gemerkt habe, dass ich selbst entscheiden kann, ob ich darüber schon wieder nachdenke. Die Strategie des ‚delayed thinkings‘ hat signifikant dazu beigetragen, meine Gedanken wieder klarer werden zu lassen: Mit dem Trick des ‚Darüber denke ich später nach, da nehme ich mir dann explizit 15 Minuten, um alles noch einmal durchzugehen‘ habe ich es dann letztlich oft einfach vergessen.

Mir ist es ein Rätsel, warum Betrug in Serien wie beispielsweise ‚Virgin River‘ immer wieder normalisiert, gar romantisiert wird: Wie arg er die Neue liebt, wenn er sogar seine Alte dafür verlässt. Mit Betrug in eine Beziehung zu starten, ist irgendwie eine red flag, oder? Denn wer es einmal macht, macht es tendenziell wieder. Und die Erkenntnis, dass eine Person, die so lange wartet und eine Beziehung aussitzt, relativ feige ist und niemand, den ich länger um mich haben möchte, hat mir letztlich auch oft inneren Frieden gegeben.

Wenn eine Beziehung gut funktioniert, gibt es in der Regel auch kein Bedürfnis, sich jemanden Neues zu suchen. Leider fungiert eine dritte Person oft als Fluchtfahrzeug aus einer Beziehung, anstatt sich sauber zu trennen.

In den ersten Monaten nach der Trennung habe ich oft gegrübelt, warum mir das passiert ist und was mit mir nicht stimmt, warum ich nicht genügen würde. Irgendwann habe ich erkannt, dass es tatsächlich gar nicht so viel mit mir zu tun hatte. Sondern mehr über ihn sagt. Denn obwohl er mich ganz bewusst abgewertet hat, weiß ich heute, dass sein Verhalten lediglich ein Tool war, um überhaupt so vorgehen zu können: Über Nacht eine neue Partnerin und ein komplett anderes Leben – funktioniert nur so radikal, wenn man die bisherige Beziehung total negiert.

Manchmal habe ich mir eine Entschuldigung gewünscht – ein einfaches, solides ‚Sorry, mir tut es leid, wie es ablief.‘

Auch habe ich gedacht, dass ich verzeihen muss, um weiterzumachen. Tatsächlich musste ich ’nur‘ erkennen, dass ich in dieser Beziehung langfristig tatsächlich nicht glücklich geworden wäre. Und ich froh bin, dass er nicht mehr in meinem Leben ist und ich nichts mehr damit zu tun haben muss. Ich konnte mich seiner Last irgendwann entledigen.

Es ist nun einmal so, dass eine Person – der noch so feste Partner oder Partnerin – eines Tages entscheiden kann, zu gehen und rein theoretisch leben wir alle mit diesem Damoklesschwert über uns. Das Fiese, wenn noch jemand Drittes im Spiel ist, ist das Wissen, dass es der Gegenseite erst einmal deutlich besser geht als einem selbst. Im ersten Moment hat man ganz klar ‚verloren‘ und man kann den Gewinn auf der anderen Seite richtig schmecken.

Oftmals habe ich beiden etwas richtig Schlechtes gewünscht. Ich glaube, das ist auch legitim. Ein verletztes Herz eben. Letztlich wurde es mir irgendwann irgendwie egaler. Ich hatte keine Lust mehr auf das Thema, ich wollte mich befreien von diesem Schlag. Das Ganze hatte mich in eine so passive Rolle gedrängt – mit mir wurde das gemacht / ich wurde verlassen / ich wurde betrogen – dass ich auch einfach wieder Lust hatte, mein Leben und die Liebe selbst in die Hand zu nehmen. Heilungsprozesse sind leider nicht linear, aber die gute Nachricht ist, dass es tatsächlich leichter wird. Heute verbindet mich nichts mehr mit ihm, die Erinnerungen sind wie gelöscht.

Lange hat der Schmerz alles überlagert, und nachdem ich mich durch diesen geackert habe, ist nichts mehr übrig geblieben. Ich konnte mich endlich wieder fühlen, mich neu entdecken und frei machen.

Am Ende des Tages weiß man nie, was einem das Leben so präsentiert und wenn sich zwei Personen nun einmal verlieben, dann steht dem eben auch keine Beziehung im Wege (im doppelten Sinne, ihr versteht).

Dinge sind manchmal verzwickt, arg, verworren und mit Schmerz verbunden – aber ihr Umgang damit, das ist das, worüber wir entscheiden können.

Wenn wir uns also für eine andere Person entscheiden, obwohl wir vergeben sind, dann ist das sicher hart und niemand gesteht sich gerne ein, dass das großer Bockmist ist. Aber das Mindeste wäre es, das vernünftig abzuwickeln. Leider habe ich in den letzten Jahren viele Fälle mitbekommen, bei denen es recht ähnlich ablief und ein respektvoller Umgang oft ausblieb. Für die Person, die verlassen wird, ist aber genau das, das Wichtige. Denn heute denke ich nicht mehr darüber nach, dass es passiert ist, sondern wie. Mein Leben ist genau richtig so, wie es ist. Ich würde nicht viel daran ändern. Aber ich würde ändern, wie damals mit mir umgegangen wurde, denn ich weiß, dass ich mehr verdient habe.

Folgende Dinge hätte ich damals gerne gewusst:

Wenn man keine Entschuldigung bekommt, heißt es nicht, dass man sie nicht verdient hat und dass sich das Zeitfenster dafür auch irgendwann schließt. Und es heißt auch nicht, dass man sie braucht, um verzeihen zu können. Man muss auch nicht. Ich habe akzeptiert, dass gewisse Dinge nun einmal passiert sind und dass ich voll und ganz hinter meinen Entscheidungen und Verhalten stehen kann.

Unwissenheit ist ein Segen und je weniger man weiß, desto besser geht es einem.

Niemand hat es verdient, betrogen zu werden, und wenn es passiert, sagt das mehr über die andere Person als über uns selbst aus.

 

 

*Betrug kann viele Facetten haben: Von Sexting über Sex-Affären und das Führen von mehreren Beziehungen gleichzeitig. In diesem Artikel beziehe ich mich auf meine persönliche Erfahrung, in der mein Partner fremd ging und sofort eine Neue hatte. 

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