Das haben 5 Frauen im ersten Ehejahr über das Streiten gelernt

23. Januar 2019 von in

 

Dieser Text erschien zuerst auf Refinery29 – von Natalie Gil

Was den beiden Verliebten wohl durch den Kopf geht, wenn sie sich verträumt in den Augen des oder der anderen verlieren, während sie vorm Traualtar stehen? Vielleicht träumen sie ja von ihrem gemeinsamen Leben, das sie jetzt erwartet – von liebevollen Fußmassagen, emotionalem Support und regelmäßigem, heißem Sex, zum Beispiel.

An die Möglichkeit einer gescheiterten Ehe denken in diesem Moment jedenfalls bestimmt nur die Wenigsten. An stundenlange Diskussionen. Oder tagelanges vorwurfsvolles Schweigen. Dennoch lag die Scheidungsquote in Deutschland im Jahr 2017 bei 37,67 Prozent. Zwar ist sie in den letzten zehn Jahren über 10 Prozent zurückgegangen, doch so richtig aufmunternd klingt es trotzdem nicht, wenn man liest, dass ein Drittel aller Ehen in die Brüche geht.

Natürlich gibt es viele legitime Gründe für eine Scheidung und Menschen, die sich dafür entscheiden, sollten auf keinen Fall stigmatisiert oder verurteilt werden. Aber es gibt ein paar Dinge, die du machen kannst, um das Risiko einer Scheidung zu reduzieren.
Wir haben fünf verheiratete Frauen nach ein paar Tipps gefragt, die sie während ihres ersten Ehejahres über das Streiten gelernt haben. Denn sind wir mal ehrlich: Spätestens nach der Hochzeitsreise, wenn der Alltag wieder eingekehrt ist, wird es ganz sicher den einen oder anderen Konflikt geben.

Abgesehen davon, dass häufige Auseinandersetzungen potentiell die Ehe gefährden können, wirken sie sich auch oft auf unsere mentale und körperliche Gesundheit aus, wie eine Studie kürzlich herausfand. Tatsächlich können Diskussionen über Themen wie Kinder, Geld, Haushalt oder die Schwiegereltern für uns so schädlich sein wie Zigaretten und Alkohol. Und genau deswegen solltest du dir am besten direkt die Ratschläge der Frauen durchlesen und zu Herzen zu nehmen. Zettel und Bleistift sind gezückt? Dann geht’s jetzt los.

Geht nicht zerstritten schlafen & macht aus einer Mücke keinen Elefanten

Die 26-jährige Esther Kezia Thorpe aus London ist Content Marketing Managerin, Podcasterin und Designerin. Sie heiratete ihren Freund Mike im April 2017, nachdem sie fünf Jahre zusammen waren.

Bis jetzt hatten wir ehrlich gesagt noch keinen richtig krassen Streit – wir haben vor der Hochzeit sichergestellt, dass wir bei allen wichtigen Dingen auf derselben Wellenlänge sind. Wir zanken uns ab und zu mal, aber meistens ist das dann eher ein Necken oder Sticheln. Als ich vor einer Weile meinen Arbeitsplatz verlor, war Mike sehr hilfreich und geduldig mit mir, obwohl ich ein paar Wochen lang bestimmt ziemlich anstrengend war. Ich schätze es sehr, wie verständnisvoll er war, besonders weil wir zu dem Zeitpunkt erst ganz frisch verheiratet waren.

Wenn dir etwas auf die Nerven geht, sprich es an. Oft streiten sich Leute, weil eine Person etwas sagt oder macht, das bei der anderen falsch ankommt oder Auswirkungen auf sie hat. Und dann wird aus einer Kleinigkeit schnell ein waschechter Streit, nur weil ihr das Thema nicht ernst genommen und ignoriert habt. Meistens geht es auch gar nicht um die Sache an sich, sondern um ein tieferliegendes Problem. Versucht also, Herausforderungen konstruktiv anzugehen und respektvoll miteinander zu kommunizieren.

Im Gegensatz zu mir ist Mike sehr gut darin, sich zu entschuldigen. Deshalb können wir Streitigkeiten meist auch sehr schnell abhaken.

Mein erster Tipp an Frischverheiratete ist, niemals zerstritten schlafen zu gehen. Manche Probleme lassen sich zwar nicht direkt lösen, aber versucht, das Kriegsbeil zu begraben und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. So könnt ihr am nächsten Morgen mit klarem Kopf fair weiter diskutieren.

Zweitens: Macht aus einer Mücke keinen Elefanten. In der Ehe oder einer langfristigen Beziehung geben manche den kleinen, nervigen Eigenarten der anderen Person zu viel Gewicht. Das kann zu einer negativen Gesamteinstellung gegenüber dem oder der Partner*in führen. Versuch also stattdessen, die Sachen, die du an deiner oder deinem Freund*in liebst, bewusst wahrzunehmen – und nicht die, die du nicht so gern magst. Ein Beispiel: Er hat zwar den Klodeckel wieder nicht runtergeklappt, aber er hat mir auch ein sehr leckeres Dinner gekocht und nimmt sich jeden Abend Zeit dafür, mit mir über meinen Tag zu reden. Durch diese und ähnliche Überlegungen kannst du triviale Angelegenheiten relativieren. Oh und mein letzter Tipp für dich: Smartphones sind im Schlafzimmer und am Esstisch verboten. Die ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen, ist unbezahlbar.

Benutzt beim Diskutieren „ich“- statt „du“-Aussagen

Die 30-jährige Freelance-Reisejournalistin Theresa Christine aus Los Angeles heiratete Matt im August 2017. Damals waren die beiden knapp vier Jahre ein Paar.

Ich bin extrem sensibel und könnte niemals mit jemandem verheiratet sein, mit dem ich mich ständig streite. Das würde mich kaputt machen. Das heißt aber nicht, dass wir immer einer Meinung sind. Wir streiten uns schon manchmal über Dinge wie zum Beispiel darüber, ob wir das abgewaschene Geschirr abtrocknen oder an der Luft trocknen lassen oder wie die Kissen auf der Couch arrangiert werden sollen. Die meisten ernsteren Unterhaltungen führen wir über den Haushalt. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern mehr darum, dass wir Sachen einfach unterschiedlich machen.

Um Konflikte zu vermeiden, setzen wir auf Ehrlichkeit. Wir haben zwei Jahre lang eine Fernbeziehung geführt und konnten uns nur übers Telefon kommunizieren. Wir haben uns immer erzählt, was in unseren Köpfen vor sich geht. Wir erwarten gegenseitig voneinander, dass wir uns immer die Wahrheit sagen und keine Emotionen oder Wünsche unterdrücken. Und das gilt vor allem für Zeiten, in denen wir genervt voneinander sind.

Wenn wir diskutieren, benutzen wir „ich“- statt „du“-Aussagen, weil das häufig in einseitige Beschuldigungen kippen kann. Ich habe diese Taktik mal in der Schule gelernt und fand sie damals ziemlich albern, aber sie funktioniert. Wenn du deine Seite schilderst, machst du dich damit verletzlich und das ist okay. Du willst dem oder der anderen ja zeigen, was in dir vorgeht. Zu einer Eskalation (also zum gegenseitigen respektlosen Anbrüllen) kommt es dann nur sehr selten. Außerdem sind wir nie zu stolz, uns zu entschuldigen. Es fällt mir sehr schwer, zuzugeben, wenn ich etwas falsch gemacht habe oder Matt verletzt habe. Aber es liegt mir sehr am Herzen, dass er glücklich ist und es geht ihm mit mir genauso.

Was ich jedem Paar raten würde, sind gemeinsame Jahresziele. Wir haben zum Beispiel eine Liste mit Dingen gemacht, die wir erreichen wollen. Uns hat es viel Spaß gemacht, das in unser Leben zu integrieren. Wir hatten uns vorgenommen, durchs Land zu reisen und neue Orte zu entdecken, Sonntags regelmäßig zusammen etwas trinken zu gehen und unsere Eismaschine öfter zu benutzen (der leckerste Ehevorsatz ever). Diese Liste gibt uns etwas, worauf wir gemeinsam hinarbeiten können und jeder einzelne Punkt sorgt dafür, das wir noch mehr zusammenwachsen.

Bezieht euch bei Diskussionen nur auf das aktuelle Thema & wärmt vergangene Probleme nicht wieder auf

Rukaya Ellison, 26, hat ihre Freundin Catriona Ellison, mit der sie neun Jahre zusammen war, im Oktober 2017 geheiratet. Sie arbeitet im Kundenservice in London.

Wir sind beide nicht gerade streitlustig, aber ich schlucke Konflikte auch nicht gern runter. Also sage ich, wenn etwas los ist. Allerdings sind wir schon so lange zusammen, dass uns die Routine des Alltags manchmal einholt. Wir gehen nicht mehr so oft zusammen aus oder schenken uns selten einfach nur so etwas. Das zu ändern, ist nicht so leicht.

Ab und zu streiten wir uns mal über Geld oder den Haushalt. Es ist zwar nicht gerade leicht, aber mein Rat ist, sich bei Diskussionen nur auf das aktuelle Thema zu beziehen. Vergangene Probleme solltest du nicht noch mal aufwärmen. Selbst wenn du anderer Meinung bist, solltest du versuchen, die Argumente deiner Partnerin oder deines Partners zu verstehen, anstatt sie zu entkräftigen. Sätze wie Lustig, dass gerade du das sagst, wo du doch letzte Woche selbst xyz gemacht hast sind unfair und helfen niemandem. Natürlich darfst du ehrlich deine Meinung sagen, aber sei nicht gemein, kleinkariert oder nachtragend. Und vergiss nicht: Einmal ausgesprochen, kannst du es nicht wieder zurücknehmen, also denk kurz nach, bevor du vor Wut etwas sagst, was du später vielleicht bereust.

Ansonsten ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, sich von nichts und niemandem unter Druck setzen zu lassen. Manche Paare kennen sich erst wenige Wochen und werden trotzdem schon von Freund*innen und der Familie gefragt, wann sie endlich zusammenziehen, heiraten und Kinder kriegen. Genießt es einfach, zusammen zu sein, geht auf Date Nights und habt Spaß zusammen, ohne eine dritte Partei glücklich damit machen zu müssen.

Eine gemeinsame To-do-Liste für langweilige „Erwachsenensachen“ kann beim Thema Haushalt helfen

Phoebe Grace Ede ist 21 Jahre alt, arbeitet in der PR-Branche und lebt in London. Matt heiratete sie nach sechs Jahren Beziehung im Juni 2017.

Wir hatten bisher noch nicht so viele echte Streits, aber wir zanken uns schon ziemlich oft, weil wir beide sehr dickköpfig sind. Es geht immer um Kleinigkeiten wie Haushaltspflichten oder Finanzen. Wir haben unsere Hochzeit und unseren Umzug gleichzeitig geplant, was ganz schön stressig war und viele Diskussionen mit sich brachte – zum Beispiel über einen übertrieben großen Fernseher, den er unbedingt kaufen musste. Wir hatten nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung für Wohnung und Hochzeit, also hatten wir uns vorgenommen, ehrlich über alle Ausgaben zu sprechen, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Vor kurzem haben wir eine gemeinsame To-do-Liste für alle langweiligen „Erwachsenensachen“ angefangen, die so anfallen. Wie einkaufen und putzen. Dadurch tragen wir beide die Verantwortung dafür, die Dinge zu erledigen. Außerdem haben wir eine Regel: Wenn irgendwas ist, sprich es so schnell wie möglich an. Frisst du es in dich hinein, wird es immer größer und irgendwann platzt du. Und das alles nur wegen einer winzigen Sache.

Wenn du heiraten willst, musst du Geduld haben und bereit sein, Kompromisse einzugehen. Jede*r hat eine romantische Honeymoon-Phase und freut sich darauf, den Rest des Lebens zusammen mit der oder dem Seelenverwandten oder BFF verbringen zu können. Doch in Wirklichkeit ist keine*r von uns pausenlos gut drauf und supersweet. Vergiss nicht, dass Liebe eine bewusste Entscheidung ist und nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen.

Unterstützt euch gegenseitig, seid optimistisch & bringt euch zum Lachen

Olivia Doyle, 27, und Luke waren fünf Jahre zusammen, bevor sie im April 2017 heirateten. Sie arbeitet als Projektkoordinatorin in Solihull und Dubai.

Zum Glück hatten wir bisher noch keine wirklich schlimmen Streits, aber wir diskutieren schon häufiger über seine Platten- oder meine ASOS-Sucht oder darüber, in welches Restaurant wir gehen sollen. Meistens geht es darum, dass wir in dem Moment zu viel Geld ausgegeben haben, obwohl wir hätten sparen sollen. Manchmal stellen wir dann fest, dass unsere Sorgen unbegründet sind, weil es finanziell gar nicht so schlimm aussieht; manchmal stellen wir auch gemeinsam einen Sparplan auf und nehmen uns vor, im nächsten Monat vernünftiger mit dem Geld umzugehen und mehr beiseite zu legen.

Es gibt bestimmte Tage und Abende, die wir für uns beide reserviert haben. Wir probieren dann neue Restaurants aus, kochen zusammen oder verbringen den ganzen Sonntag im Bett. Ansonsten finden wir Humor beide sehr wichtig. Wir bringen uns gegenseitig ständig zum Lachen und wissen genau, was die andere Person witzig findet. Wenn sich eine Situation zuspitzt und wir kurz vor einem Streit stehen, lachen wir es meistens einfach weg – solange es nichts Ernstes ist. Wir unterstützen uns gegenseitig und versuchen immer optimistisch zu sein.

Schätzt jede gemeinsame Minute, nehmt euch gegenseitig nicht für selbstverständlich und bringt euch jeden Tag zum Lachen.

Foto: Unsplash

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