Das Ende der Girlboss-Ära: Erfolg ist nicht die Lösung
Es gibt viele Worte für sie: Girlboss, Boss Bitch oder Powerfrau. Man kennt sie von T-Shirts und Jutebeuteln. Gemeint sind mit solchen Begriffen Frauen, die sich hocharbeiten – die Firmen gründen, Chefinnen werden, die gläserne Decke durchbrechen und auf dem Weg zur Spitze allen Widerständen des Patriarchats trotzen. Klingt gut? Ist es aber nicht wirklich. Und ich erklär euch auch, warum.
Die Gallionsfigur der Selfmade-Frauen
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Und so wurde Amoruso zu einem glänzenden Beispiel dafür, dass der Erfolg von einer Frau nicht bedeutet, dass alle Frauen davon profitieren. Die Struktur blieb unangetastet, der angepriesene Feminismus eine PR-Phrase. Zu den Vorwürfen äußerte Amoruso sich nie öffentlich. Nasty Gal ging 2016 pleite. Seitdem verdiente Amoruso ihr Geld mit dem Narrativ, das sie erschaffen hat. Sie gründete das Medienunternehmen Girlboss, das sich mithilfe von Vernetzungs-Events und Podcasts um das Powerfrauen-Narrativ dreht. Vor wenigen Wochen gab sie auch hier ihren Rücktritt als CEO bekannt. Und mit ihr verabschiedete sich eine Ära, in der wir geglaubt haben, der Feminismus könnte das bestehende System einfach austricksen statt es umzukrempeln.
Kapitalismus zum Wohlfühlen
Man merkt: Der „Girlboss“-Begriff ist vorbelastet. Und das ist kein Wunder, denn wer in einem kapitalistischen System knallhart Karriere machen will, der kommt nur sehr mühsam um Ausbeutung und Profit auf Kosten anderer herum. Und das ist nicht besonders feministisch. Begriffe wie „Girlboss“ lassen es dabei zudem so erscheinen, als wäre diese Form von Erfolg allein eine Frage von Mindset und Selbstbewusstsein und nicht auch das Produkt angehäufter Privilegien – denn nur, wer über Startkapital, Kontakte und eine entsprechende Ausbildung verfügt, hat eine Chance, es in diesem System an die Spitze zu schaffen. Ein Girlboss kann demnach nur werden, wer passende Privilegien mitbringt und bereit ist, Kompromisse zu machen, was die eigene Überzeugung angeht. Sich der Struktur anzupassen statt sie zu verändern. Auch das: Nicht sehr feministisch.
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Profitgier ist unfeministisch
Wenn man das tut, dann haben Frauen sogar glänzende Chancen, erfolgreich zu sein: Zum Beispiel, indem sie solidarisch und fair mit all denen umgehen, die beruflich von ihnen abhängig sind. Indem sie andere Frauen unterstützen, Wert auf Diversität legen, kapitalistische Strukturen hinterfragen und nicht einknicken, wenn das System von ihnen verlangt, die eigenen Überzeugungen über Bord zu werfen. Ein gutes Leben ist auch unter diesen Voraussetzungen möglich. Vermutlich ist es sogar ein besseres Leben. Zwar wahrscheinlich ohne Porsche und Appartement in Manhattan, aber dafür mit einem gerechten Schlaf und dem unschlagbaren Gefühl, seinen Überzeugungen treu zu sein.
3 Antworten zu “Das Ende der Girlboss-Ära: Erfolg ist nicht die Lösung”
Klasse Artikel, der das System durchblickt und kritisch reflektiert, anstatt nur neue Inhalte zu promoten. Danke dafür!
Vielen, vielen Dank! Ein unglaublich toller Artikel, ich höre so oft ich müsse „härter“ werden um endlich Erfolg zu haben aber ich denke auch, Erfolg gehört neu gadacht. Nicht der Status, das dicke Auto und die riesige Wohnung bringen Glück sondern das gute Gefühl in den Spiegel schauen zu können und zu wissen : ich bin stolz auf das was ich tue. Weil ich gerecht bin und weiß wofür ich einstehen muss!
[…] die Chance, über sich hinaus zu wachsen und der konstruktiven Kritik am weißen und ignoranten Girl-Boss-Feminismus zu […]