Coffee Break: Keine Fotos von den schlechten Zeiten
Meine beste Freundin hat mir heute Morgen eine Nachricht geschrieben: Dass sie gerade Fotos abholen war. Von ihrem letzten, gemeinsamen Urlaub. Und, dass sie nicht gedacht hätte, dass sie und er so glücklich aussehen. Und dass es ganz schön weh tut.
Ich kenne das nur zu gut. Wenn man zu Hause noch einen alten Film herumliegen hat und schon vor dem Entwickeln weiß: Diese Fotos von euch beiden werden verdammt schön sein. Schöner wahrscheinlich, als es die Realität jemals war. Und man diese Filme deshalb ewig in der Schublade schmoren lässt, weil man es sich gar nicht ansehen will. Oder, wenn man auf seinem Computer eben jene Bilder wiederfindet, die man längst von seinem Handy gelöscht hat – und dabei auf Tage, Menschen und Gefühle trifft, die man schon fast vergessen hatte. Oder auch, wenn man ein gelesenes Buch wieder aufschlägt und ein altes Fotoautomaten-Bild, das man als Lesezeichen benutzt hat, dabei herausrutscht.
Das sind so Momente, in denen sich das Herz kurz zusammenzieht. Momente, die diese Art von Schmerz mit sich bringen, der sich wie ein langsamer Schleier über dich legt. Deshalb ist es auch eines der ersten Dinge, die man nach einer Trennung machen sollte: Gemeinsame Fotos, auf denen man glücklich ist, wegsperren. Ganz Radikale schmeißen sogar weg, aber das habe ich noch nie übers Herz gebracht. Ein Foto wegzuwerfen ist ähnlich unmöglich wie Bücher zur Mülltonne zu tragen.
Es ist aber auch fatal: Wir machen heute eben von allem und jedem Fotos. Wenn unser Speicherplatz es zulässt, fotografieren wir jeden gemeinsamen Tag – und das ein dutzend Mal. Was dabei herauskommt: Es gibt nicht nur das eine perfekte Foto von euch beiden, sondern auch noch die noch viel besseren Outtakes. Wir haben Videos voneinander, unsere Stimmen in WhatsApp-Chats gespeichert. Das ist gemein und wenn man nicht aufpasst, dann gaukeln einem diese Relikte aus der Vergangenheit eine Welt vor, die es so nie gab. Und, wenn man sich zu lange mit ihnen beschäftigt, vergisst man gerne einmal, dass sie eben vergangen sind.
Also weg damit. Wie und wo man solche Erinnerungsstücke aufhebt, bleibt jedem natürlich selbst überlassen. Schön ist es dann, wenn man sie nach Jahren wieder ausgräbt und nur noch verzeihend lächeln kann. Bis dahin muss man sich immer wieder bewusst machen, dass es nur Fotos sind. Dass Fotos nicht einmal den Bruchteil der Realität abbilden. Und leider, leider gibt es keine Fotos von den schlechten Zeiten.
2 Antworten zu “Coffee Break: Keine Fotos von den schlechten Zeiten”
Ich finde die Ideen schön einfach alles in eine Box zusammenzupacken und sie irgendwo, wo man sie nicht ständig sieht aufzubewahren. Wenn die Zeit gekommen ist, kann man immernoch entscheiden ob die Erinnerungen wertlos geworden sind oder ob man die Box nicht doch behalten möchte :)
Ich bin ein Freund des Radikalen. ALLES MUSS RAUS. KEINE Fotos. Nur ein einziges, seeeehr unvorteilhaftes hob ich auf.
Ich kaufte mir einmal sogar (ja ich weiss..Irrsinn…) komplett neue Klamotten, da ich ein so outfitlastiges Gedächtnis habe und dann immer denke, oh, als ich das Teil das letzte Mal trug, waren wir gerade… usw.
Selbst so eine Box hat mich einmal Jahre später noch wehmütig gemacht. Weil die Fehler, die man in der Zeit danach beging, doppelt so schwer wogen, wenn man dran dachte, was man dafür alles aufgab… für nix.