Cherry Picks: Über die mutigen Frauen im Iran, Hass im Netz und dem Streben nach Moral
Irgendwas ist ja irgendwie immer los im Internet, und doch präsentieren wir euch die Cherry Picks nur dann, wenn es wirklich gute Netzfunde gibt, wichtige Nachrichten unseren Feed fluten oder wir allerlei schönes im Internet gefunden haben. Diese Woche ist wieder so eine Woche. Es gibt Themen, über die wir sprechen müssen, es gibt tolle Artikel, die zum Denken anregen und es gibt Entdeckungen, die wir euch nicht vorenthalten wollen. Vorhang auf für eine neue Runde Cherry Picks.
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Die mutigen Frauen im Iran
Das wichtigste Thema – nicht nur in dieser Woche: die mutigen Frauen im Iran. Seit vier Wochen protestieren die Menschen im Iran gegen das Regime. Auslöser war der Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini, die in Polizeigewahrsam starb. Die Proteste reissen nicht ab, Frauen schneiden sich die Haare ab, tragen keinen Hijab und zeigen der Welt: Das ist die größte Frauenrevolution des 21. Jahrhunderts. Wir als westliche Welt sind meiner Meinung nach immer noch viel zu still. Für viele Medien ist der Protest im Iran eine Randnotiz, auf Social Media klingt die Revolution auch langsam ab. Doch was im Iran passiert, ist wichtig. Die Menschen brauchen unsere Unterstützung, unsere Aufmerksamkeit. Das Regime geht gegen die Protestierenden extrem hart vor. Menschen werden nicht nur wahllos verhaftet, eingesperrt, sondern auch verletzt und gefoltert. Der erschreckendste Fall diese Woche, der es auch in die Nachrichten schaffte: Die iranische Kletterin Elnaz Rekabi verschwand nach ihrer Teilnahme an der Meisterschaft in Seoul von der Bildfläche. Bei ihrem Auftritt hatte sie kein Kopftuch getragen. Tagelang war sie verschwunden, dann meldete sie sich mit einem Statement zurück, das mehr als erzwungen klingt. Im Iran gilt sie als Heldin, doch niemand weiß, welche Ängste sie durchstehen musste. Und wie Elnaz Rekabi geht es vielen Menschen im Iran. Was wir konkret tun können? Weiterhin uns informieren, Menschen wie @duzentekkal folgen, Hilfsorganisationen unterstützen und über die mutigen Frauen im Iran sprechen.
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Der deutsche Literaturpreis geht erstmals an eine nonbinäre Person
Manchmal liebe ich die Zeit, in der wir leben. Weil Grenzen aufgelöst, Menschen endlich mehr sie selbst sein dürfen. Bis ich in die Kommentarspalten auf Social Media blicke und merke, in meiner Bubble mag das so sein, aber ansonsten ist es noch ein langer Weg. Diese Erfahrung habe ich diese Woche wieder einmal bei der Bekanntgabe des deutschen Literaturpreises gemacht. Kim de l’Horizon hat als erste nonbinäre Person den deutschen Literaturpreis mit dem Debütroman „Blutbuch“ gewonnen. Ich freue mich, dass dank Kim und die Auszeichnung nonbinäre Menschen eine größere Sichtbarkeit in unserer Gesellschaft bekommen und habe das Buch direkt bestellt. Beim Blick in die Kommentarspalten wurde mir jedoch schlecht. So viel Hass, so viel Häme, so viele schreckliche Kommentare. Was dagegen hilft? Anschreiben. Position beziehen und aufzeigen: Diese Gesellschaft wollen wir nicht sein. Wir wollen Toleranz, Offenheit und vor allem Freude. Für jemanden, der vor allem eines aus Literaturexpertensicht getan hat: ein großartiges Buch geschrieben.
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#TeamStokowski
Mit Hass zu kämpfen hat gerade auch Spiegel-Autorin Margarete Stokowski. Nicht für eine ihrer herausragenden Kolumnen, sondern für ihre Offenheit bezüglich Long Covid. Auf der Bundespressekonferenz des Gesundheitsministerium sprach die Journalistin vergangene Woche über ihre Long Covid Erkrankung und eine neue Impfkampagne, die Menschen einmal für die Gefahren durch Corona sensibilisieren soll und zum erneuten Impfen ermutigen soll. Doch statt Respekt und Mitgefühl für Margarete Stokowski hagelte es im Social Web vor allem Hass. Manchmal bin ich wirklich ratlos, wie einmal Menschen sowas durchstehen und wir als Gesellschaft besser zusammenwachsen können. Aber auch hier gilt wahrscheinlich wieder: dagegen anschreiben, Long Covid sichtbar machen und sich einsetzen, dass der Hass nicht gewinnt.
Bin ich ein guter Mensch?
Dank Journalisten-Kollegin Michèle Loetzner bin ich die Tage über einen SZ-Artikel gestolpert, der analysiert, warum wir Menschen so sehr danach streben, moralischen Ansprüchen zu genügen. Forscher fanden nämlich heraus, dass wir das keineswegs machen, weil wir unbedingt Gutes tun wollen, sondern vor allem, um Anerkennung und Status innerhalb einer Gruppierung zu erhalten. Und damn, das stimmt. Wahrscheinlich kann sich hier keine so recht rausreden. Denn vor allem auf Social Media teilen wir ja gerne mal, was wir Gutes tun, wie sehr wir uns einsetzen und politisch engagieren. Tun wir’s um Gutes zu tun oder um als besonders guter Mensch gesehen zu werden? Die Antwort liegt wahrscheinlich wie immer irgendwo dazwischen.
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Coolest girl of the week
Vielleicht die coolste Socke der Woche: Jess Wade und ihr Kampf gegen die Unsichtbarkeit von Frauen auf Wikipedia. Es ist ja kein Geheimnis, dass es gerade Frauen schwer haben, auf Wikipedia Tribut gezollt zu bekommen. Immer wieder werden Artikel gelöscht, Frauen als nicht relevant angesehen oder schlichtweg vergessen. Nicht mit Jess Wade. Vor fünf Jahren tippte sie ihren ersten Wikipedia Artikel über die Klimaforscherin Kim Cobb, deren herausragende Forschung bis dato nirgendwo auf der Seite erwähnt worden war. Je mehr sie in das Thema eintauchte, desto mehr fand sie heraus: Es gibt zahlreiche Frauen, die Wichtiges tun, erreichen und trotzdem nicht auf Wikipedia vertreten sind. Und so tippte Jess Wade los. Bis heute hat sie 1750 Wikipedia Artikel geschrieben – über all die Frauen und ihre Karrieren, die gerne vergessen werden.
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Serientipp fürs Wochenende
Ihr wisst noch nicht, welche Serie ihr am Wochenende schauen sollt? Dann habe ich einen Tipp für euch: Another Monday in der ZDF Mediathek. Eine Zeitschleifen-Serie, die ganz fabelhaft ist. Nicht nur, weil die Story cool und mysteriös ist, sondern vor allem weil meine Freundin Oliwia Strazewski die Serie mit Maximilian Baumgartner geschrieben hat. Und so lustig und cool die beiden sind, so gut ist auch die Serie.
Gab es eigentlich Mode in der DDR? Ja!
Wie sah die Mode in der DDR aus? Das verrät jetzt der Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“. Und ich bin ehrlicherweise mega gespannt. Mode und DDR hatte ich bis dato gar nicht auf dem Schirm, dank dem Vogue Interview mit Ute Mahler und Grit Seymour zum Film über die Geschichte der Modezeitschrift Sibylle in der DDR will ich jetzt aber noch mehr erfahren. Hat den Film schon jemand gesehen?