Beziehungs-Fragebogen: Eva, 34, Lukas, 38 mit dreijährigem Sohn
Wie kann Gleichberechtigung in einer Beziehung aussehen? Wie können Alltagsaufgaben so aufgeteilt werden, dass sich alle damit wohlfühlen? Wie kann mit dem Mental Load des gemeinsamen Lebens umgegangen werden, egal ob man gemeinsame Kinder hat oder noch gar nicht zusammenwohnt?
Für diese Fragen gibt es kein Patentrezept, vielmehr ist jede Beziehung und Familienkonstellation individuell. Ein Austausch darüber, wie verschiedene Paare das Thema Gleichberechtigung in ihrer Beziehung leben, ist daher umso spannender. Deshalb haben wir eine neue Serie gestartet: Den Beziehungs-Fragebogen, der sich um die Themen Gleichberechtigung und Mental Load dreht. Themen, bei denen es kein Richtig oder Falsch gibt, sondern nur ganz viel Austarieren, in sich hineinfühlen und Ausprobieren. Und darüber sprechen, um zu sehen, was sich bei anderen bewährt hat – Vorhang auf für eine neue Folge des Beziehungs-Fragebogens!
Wie heißt ihr, wie alt seid ihr, wie ist der Hintergrund eurer Lebensumstände?
Wir sind 34 und 38 Jahre alt, sind seit 9 Jahren zusammen und leben seit 7 Jahren zusammen. Wir haben einen Sohn, sonst aber keine gemeinsamen Verpflichtungen.
Eine erste Einschätzung: Fühlt ihr euch beide gleichberechtigt in der Beziehung?
Das meiste hängt bei uns an mir, da mein Partner 50 Stunden die Woche wegen Arbeit unterwegs ist. Das stört mich massiv – lieber hätten wir beide jeder eine 30-Stunden-Woche. Das ist bei seinem Arbeitgeber aber nicht möglich. Mit meinem Job würde das sehr gut gehen. Letztlich trage ich für alles, was Alltag tagsüber betrifft, die Verantwortung. Von Arztterminen über den Einkauf oder das Kochen, meine eigene Arbeit, die Kinderbetreuung, unseren Sohn in die Kita bringen und abholen – alles, was von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends anfällt, liegt bei mir.
Durch welche Situation wurde euch das Thema Mental Load und dass bestimmte Dinge eventuell ungleich bei euch verteilt sind, zum ersten Mal bewusst?
Ich kann viel aushalten und ertragen, bin Stress gewöhnt und auch schwierige Arbeitsbedingungen. Letztlich ist es aber einfach zu viel. Unser Kind, und der Haushalt, ich als Freundin, Mama, aber auch Arbeitnehmerin und Selbstständige, und das ohne Netzwerk in der großen Stadt. Da ich selbst Therapeutin bin, weiß ich, was Mental Load bedeutet, und wie damit gut umzugehen ist. Kommunikation ist alles in unserer Beziehung und auch das Wissen, dass andere Dinge und Zeiten wieder kommen. Dass es gerade anstrengend ist, dass wir beide viel arbeiten, uns aber eben auch für Familie entscheiden haben. Ein regelmäßiger Ausgleich im Alltag für jeden ist für uns daher sehr wichtig.
Wer von euch fühlt sich tendenziell für welche Bereiche mehr verantwortlich?
Ich übernehme alles, was ich kann. Wir versuchen aber auch, die Aufgaben zu teilen. Zum Beispiel übernehme ich den Kinderarzt, mein Partner den Zahnarzt. Was ich nicht mache, sind irgendwelche Sachen rund um das Auto, Renovierungsarbeiten, Baumarkteinkäufe oder die Einrichtung zu erweitern. Das ist sein Part, also irgendwie sehr rollenbehaftet. Er geht auch samstags meist mit Kind einkaufen, das passt gut für die beiden. Auch Fahrrad reparieren und Warten liegt bei ihm. Er wischt auch Staub, räumt die Spülmaschine aus oder hängt die Wäsche auf, wenn es sich ausgeht. Damit bin ich total fein. Was ich aber schon beim Tippen merke: Ich habe die Aufgaben im Kopf. Ich weiß, wann die Betten frisch bezogen werden müssen, wann gewaschen werden muss und solche Dinge. Und mache das dann auch meistens. Ich merke gerade wieder, dass wirklich viel bei mir liegt.
Wie handhabt ihr eure Finanzen?
Wir haben ein gemeinsames Konto. Auf dieses Konto zahlt jeder im Monat etwas ein. Mein Freund natürlich deutlich mehr, also anteilig von dem, was jeder verdient. Von diesem Konto werden Miete, gemeinsame Versicherungen, Kind und Lebensmittel sowie Strom, Internet und GEZ gezahlt. Wenn es nicht reicht, gleich jeder mit einem Anteil aus. Wir merken momentan, dass das, was wir früher eingezahlt haben, nicht mehr reicht.
Ein drittes gemeinsames Konto neben unseren eigenen zu haben ist uns wichtig. Wir haben noch nie unser Geld gemischt und hatten das schon immer so. Auch schon ohne Kind und bevor wir zusammen gewohnt haben. Dann ging auf das gemeinsame Konto halt ein Mini-Betrag drauf für Sprit, Urlaube oder Essengehen – all das, was man mit kleinem Kind gerade nicht mehr so oft macht!
Wie laufen soziale Planungen bei euch ab, übernimmt hier einer mehr?
Wir haben einen gemeinsamen Kalender online, in den alles eingetragen wird. Wenn wir uns zu dritt mit jemandem treffen, dann geht die Planung meistens mehr von mir aus.
Wie läuft bei euch die Planung von Unternehmungen und Reisen ab?
Urlaub ist bei uns seit Jahren immer Surfen mit dem VW-Bus – da gibt es relativ wenig zu planen. Wir schauen im Vorfeld, auf welches Gebiet wir Bock haben, ob der VW-Bus fit ist und was wir brauchen. Den Stellplatz reserviere meistens ich, mein Freund macht die Wartung. Ansonsten fahren wir in die Berge – seit unser Sohn da ist waren wir dreimal in den Bergen, immer in der gleichen Ferienwohnung, weil tolle Lage, super günstig und praktisch. Ich bin gespannt, wann sich das ändert.
Wer übernimmt tendenziell welche Aufgaben rund um euer Kind? Wie funktioniert die Aufteilung der Care-Arbeit und der Zeit mit Kind?
Ich übernehme das meiste, weil ich nur Teilzeit arbeite. Wir teilen uns am Wochenende aber die Zeit auf. Jeder macht immer eine Unternehmung mit dem Kind, sodass der Andere Zeit alleine hat, und eine Unternehmung machen wir zusammen, Außerdem darf jeder einmal am Wochenende alleine auf dem Sofa schlafen und somit ausschlafen.
Gibt es zwischen euch Reibungspunkte rund um Mental Load und die Arbeits- oder Verantwortungsaufteilung?
Gefühlt streiten wir ständig darüber, wer wann wie und wo was übernimmt, wer zu viel macht und wer noch was machen sollte. Wer was bezahlt, und generell, wie alles funktionieren kann. Mein Freund nennt das recht liebevoll „wenigstens sprechen wir darüber und schweigen uns nicht an“. Und es stimmt, darüber zu sprechen hilft hier meist ungemein. Aber ich gebe zu, darüber zu streiten ist richtig anstrengend und kräftezehrend und sorgt nicht dafür, dass diese Kleinkindzeit so super toll rosarot ist, wie es häufig dargestellt wird.
Gab es negative oder positiven Momente in eurem Mental Load Prozess?
Wir hatten schlimme Streits, auch mit dem Gedanken, von beiden ausgesprochen, ob eine Trennung vielleicht besser wäre. Was natürlich nicht passiert und was wir auch nicht wollen, aber in Momenten krasser Überforderung kam das schon immer wieder auf – von beiden.
Erfolgsmomente brachte uns definitiv die feste Struktur und dass jeder zwei feste Abende die Woche für sich hat. Egal ob zum Arbeiten, für Sport oder für etwas anderes. Wir vertreten trotz allem die Haltung, Beziehungen funktionieren dann, wenn man dem anderen nichts verbietet. Haben wir noch nie und gab es noch nie. Also egal was jeder möchte, man versucht es möglich zu machen. Und ja, ich finde es kacke, dass er im Mai drei Nächte auf ein Konzert fährt, würde aber nie, nie sagen, das darfst du nicht, weil ich nicht alleine sein will mit Kind. Es ist mir wichtiger, dass er die Dinge machen kann, die ihn glücklich machen. Andersrum ist es dafür genauso, er versucht alles möglich zu machen, was ich möchte. Abstriche machen wir natürlich beide, das ist klar.
Und was würdet ihr gerne noch verändern, habt ihr Wünsche aneinander oder an euch selbst?
Ich würde gerne mehr arbeiten und mehr verdienen – gerne auch in der 50:50-Aufteilung, sodass jeder gleich viele Stunden arbeitet. Das ist aber bei seinem Arbeitgeber aktuell nicht möglich. Aber das wäre schön. Auch wäre es schön, wenn in der freien Wirtschaft, in der mein Freund arbeitet, mehr ankommen würde, dass Väter ein Teil der Gesellschaft sind. Und man nicht mit Ärger auf der Arbeit zu rechnen haben muss, wenn man als Vater Kinderkrank-Tage oder Elternzeit nimmt. Das ist manchmal hart.
Dass wir alles so aufteilen, wie es aktuell ist, ist schon erstmal okay. Klar wäre es anders auch schön, aber ich weiß auch, dass diese Zeit, in der das Kind klein ist, schnell vorbeigehen wird. Wir haben beide beschlossen, dass Karriere und Kind für uns funktionieren muss, auch wenn das heißt, dass wir weniger Zeit zu dritt verbringen können. Ich hatte in der Schwangerschaft und auch im ersten Jahr so schlimm Babylangeweile, war also wirklich unterfordert. Das ist sicherlich Typsache, aber ich bin absolut nicht nur Mama.
Mein Freund wäre gerne mehr daheim. Jetzt steht ein Jobwechsel an, der zumindest die Fahrzeit wegfallen lässt. Ob es dadurch besser wird, weiß ich nicht. Er vermisst unseren Sohn auch richtig und ich finde es schön zu sehen, dass er seine die Zeit mit ihm dann immer richtig intensiv nutzt. Er hat definitiv den Anspruch, es besser machen zu wollen als seine Eltern und als Vater mehr da zu sein!
Aktuell steht bei uns auch das Thema zweites Kind im Raum. Mein Freund wünscht es sich sehr, ich sehe es aber gerade überhaupt nicht, da alles vermutlich sehr an mir hängen bleiben würde!
Eine Antwort zu “Beziehungs-Fragebogen: Eva, 34, Lukas, 38 mit dreijährigem Sohn”
liebe eva,
bitte denk auch mal über „ausgleichszahlungen“ nach, da du, mit einer teilzeitstelle deutlich weniger für den alter ansparst. mit ausgleichzahlung meine ich, dass der besserverdienende partner einen bestimmten geldbetrag für den anderen zahlt und dieses geld dann für den geringerverdienenden und seine altersversorgung angelegt wird.