Bella Hadid Memes trenden und plötzlich kriege ich das Bedürfnis, abzunehmen
Es ist erneut passiert: Ein TikTok-Trend bringt mich zum nachdenken. Surprise? Nicht wirklich. Denn wenn Trends auf Social Media die globale Mainstream-Beliebtheit erreichen, dann sind sie selten unproblematisch. Während ich letztes Mal noch über rassistische Beauty-Trends gesprochen habe, will ich heute tatsächlich mal über ein Meme reden. Wie der Titel schon verrät, soll sich heute alles um das Bella Hadid TikTok-Meme drehen. Ein Meme, das erst vor ein paar Monaten und dann erst kürzlich wieder die Runde machte. Und zwar mit ziemlich großem Erfolg: Sogar Bella selbst, die anscheinend nicht vor Selbstironie zurückschreckt, hat immerhin mitgemacht.
Was passiert in diesem Meme? TikTok-User*innen krempeln ihre Shirts bis nach ganz oben in die Brustgegend und laufen telefonierend durch verschiedene Locations, sei es eine Tankstelle, die Küche oder jeder andere, noch so triviale Ort. Die TikToks sind meistens mit „Bella Hadid at the Gas Station“ beschriftet und parodieren im Grunde ein Video von dem Supermodel, in dem sie tatsächlich bauchfrei telefonierend durch eine Tankstelle läuft.
So weit so gut. Das Meme an sich find ich unterhaltsam und eigentlich auch ein wenig wholesome, denn über Bella macht sich ja niemand so richtig lustig – und das ist ja erst mal ganz schön. Wenn das Internet und Celebrity gemeinsam lachen können und so.
Eigentlich gute Memes: Wenn Celebrities über sich lachen können
@babybella777caught😍😍🤪😂😘😘🤷🏻♀️🤷🏻♀️🤦♀️🤦♀️♬ original sound – Bella Hadid
Als das Meme in seiner Hochphase war – aktuell ist es wieder weniger oft auf meiner ForYou Page – haben wir alle ziemlich viele Bäuche gesehen. Und darunter waren, ähnlich wie Bellas Bauch, auch total viele trainierte und schlanke Körper. Und das ist ja erstmal auch nicht schlimm. Also an sich nicht, aber für mich irgendwie schon.
@adam.ldb @leadhaou @Bella Hadid after the gas station #bellahadid ♬ worst behaviour x streets – r.
Nachdem ich über die große Zeit zu Hause einige Pfunde zugelegt habe, hab ich mich in letzter Zeit schon ein wenig unwohl gefühlt. Jetzt gar nicht so krass, dass es mir sonderlich schlecht ging, aber irgendwie schon unwohler in meiner Haut im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie. Gerade aktuell im Sommer merke ich das ganz stark – und Bella Hadid-Memes haben das alles eigentlich nur schlimmer gemacht.
Das soll gar nicht so klingen, als würde ich etwas schlecht reden wollen, aber: Der visuelle Überkonsum an flachen Bäuchen hat mich schon gut runtergezogen. Weil mein Bauch halt nicht so aussieht.
Nachdem ich einen Haufen dieser Memes gesehen hatte, hab ich mich dabei erwischt, Trainingspläne rauszusuchen und auszurechnen, wie viele Kalorien ich tagtäglich zu mir nehmen kann, um abzunehmen. Nun will ich hier ein mal klarstellen:
Abnehmen oder generell an seinem Körper etwas ändern zu wollen, ist per se nichts Schlimmes. Schlimm wird es nur, wenn die Motivation dafür daraus entspringt, dass man sich mit anderen vergleicht und sich dann schlecht fühlt. Abnehmen aus Unsicherheit – not that healthy.
Jedenfalls haben sich meine Diät-Pläne in Luft aufgelöst, nachdem das Meme ein wenig in Versenkung geraten ist und wirklich über flache Bäuche nachgedacht habe auch nicht mehr.
Aber auch im Nachhinein habe ich viel darüber gegrübelt, wieso mich dieses Meme so runtergezogen haben. Bin ich doch unsicherer, als ich dachte? Sollte ich stärker an mir arbeiten? Oder meinen Social Media Konsum runterfahren?
Mich hat es zum Nachdenken gebracht: Sollten wir kritischer mit körper- und schönheitsbezogenen Memes umgehen? Ich weiß, irgendwie klingt es auch albern; kritisch mit Memes umgehen. Aber in einer Zeit, in der Memes nicht einfach nur seichte Jokes aus dem Internet sind, sondern tatsächlich auch kulturellen Wert haben, Phänomene kommentieren und Einfluss auf unsere Wahrnehmung von uns selbst und der Gesellschaft haben, denke ich, dass man auch einen bewussteren Umgang mit ihnen pflegen sollte.
Für einen bewussteren Umgang im körperbezogenen Memes und Trends
Die zahlreichen trainierten Bäuche, die ich im Zuge der Bella-Hadid-Memes gesehen habe, haben mich nicht nur unsicher fühlen lassen, ich habe auch den Eindruck bekommen, dass alle total schlanke Körper hätten – halt alle außer mir. Dass das nicht stimmt ist mir eigentlich auch bewusst. Aber, um mal wieder das allseits bekannte Problem aufzurollen: Ständig (teils bearbeitete) Leute zu sehen, die dem aktuellen Schönheitsideal auf den Punkt genau entsprechen, kann auf Dauer nicht gesund sein.
Nun, die Frage ist: Wie könnte ein gesünderer Umgang aussehen? Ich plädiere auf jeden Fall nicht dafür, Memes einfach zu verbannen oder irgendeine unschöne Warnung hinzuzufügen, die einem den ganzen Spaß nimmt.
Stattdessen sollten wir in den Medien (zu denen Social Media gehört!) für mehr Diversität sorgen. Körper sichtbar machen, die keine Modelgröße haben und auch Körper sichtbar machen, die nicht der Norm entsprechen. Und dafür auch einen entsprechenden Safe Space schaffen.
Und(!) ich denke, wenn nicht jede Person, die jenseits der 38 auf Social Media stattfindet, als Plus Size bezeichnet werden würde, wäre auch schon viel geholfen. Einfach Körper stattfinden lassen, ohne sie zu bewerten oder sie in Kategorien einzuordnen. Ich denke da beispielsweise an die Körper in Euphoria, über die Jowa in einem früheren Amazed Artikel geschrieben hat. Es gab mit Kat in der Serie zwar eine Person, die nicht normschön war, aber so richtig umgegangen ist man damit auch nicht. Nachdem ihr innerer Struggle wegen ihres Gewichts teilweise durch die Bestätigung von alten Männern verarbeitet wurde, ist sie langsam aus der Show verschwunden. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass sie auch mal Teil der Story ist, ganz abgesehen von ihrem Aussehen. Dass sie *einfach so* im Geschehen ist. Aber dazu kam es nie: In der zweiten Staffel hatte Kat kaum noch Screentime. Scheinbar haben die dadurch resultierenden Differenzen zwischen Barbie Ferreira, der Schauspielerin, die Kat portraitiert, und den Machern der Show dazu geführt, dass sie komplett ausgestiegen ist.
Aber eigentlich sollte es doch anders sein! Wir brauchen endlich einen Raum, in dem die verschiedensten Menschen gezeigt werden, ohne ihre Unterschiede zu ihrer Persönlichkeit zu machen oder gar zu fetischisieren. Und wenn dann viele verschiedene Menschen, mit den unterschiedlichsten Bäuchen, bei Bella Hadid-Memes mitmachen würden, dann würde man sich auch wirklich nicht bei jedem dieser Memes fragen, was gerade eigentlich bei einem selbst falsch läuft.
Denn das Problem sind ja nicht die Memes, Shows oder Laufstege an sich. Das Problem ist, dass uns eine Einzige, oft auch unerreichbare Körperform ständig und überall gezeigt wird, während alle anderen Körper quasi nie oder nur selten stattfinden – und dadurch suggeriert wird, dass es nur einen idealen Körper gibt. Für mich ist das ein Problem, dessen Lösung schon längst überfällig ist.
2 Antworten zu “Bella Hadid Memes trenden und plötzlich kriege ich das Bedürfnis, abzunehmen”
hey alina, danke für deine ehrlichkeit. ich glaube, da sprichst du vielen aus dem herzen!
die perfekte lösung für den umgang mit sowas habe ich leider auch nicht parat.. aber repräsentation kann glaube ich auf jeden fall schon ganz viel bewirken :)
[…] dass diese irgendwie komischen Planungsversuche viel Potenzial für Internetgold und die Meme-Kultur bieten. Auf Social Media kursieren humoristische Bild-Text-Kombinationen und Videos darüber, wie […]