Bare Minimum Monday: Kann Slow Work zum Erfolg führen?

29. Januar 2024 von in

Es ist Sonntag und das Erste, was dir nach dem Aufwachen durch den Kopf jagt, ist: „Verdammt, morgen ist Montag“! Während du also den halben Tag gemütlich im Bett verbringst, zum Brunchen gehst oder einen Ausflug ins Grüne machst, hängt dir dieser Gedanke nach. Ganz schön schwer. Allein seine dumpfe Präsenz sorgt für ein flaues Gefühl in der Magengegend und macht den letzten Tag des „erholsamen“ Wochenendes gleich viel weniger entspannt. Denn über ihm schwebt der drohende Montag, der sich schleichend nähert. Mit Performance-Druck, ungeliebten Arbeitsumgebungen und einem gefühlt endlosen Arbeitspensum. Kommt euch dieses Szenario bekannt vor? Dann leidet auch ihr unter Sunday Scaries. Ein weiteres New Work-Buzzword, das vor allem um die Generation Z und die Arbeitsplatzkulturdebatte entstanden ist.

Immer wieder Montag: Die Angst vor dem Wochenstart

Aber auch Menschen, die ihren Job lieben und gerne zur Arbeit gehen, können davon betroffen sein. Ähnlich wie beim Winterblues gibt es dafür keinen ganz eindeutigen Auslöser. Dennoch ist das Phänomen unter berufstätigen Menschen weit verbreitet. Das bestätigt auch eine Studie von LinkedIn (2023) für den amerikanischen Arbeitsmarkt. Selbst Personal- und Planungstools wie Personio und Asana haben den Begriff „Sunday Scarie“ aka Sonntagsabend-Blues bereits in ihr Repertoire aufgenommen – klären auf und geben Tipps dagegen. Einer davon heißt Slow Work und genau um dieses Konzept solle es in diesem Artikel gehen. Denn seinen Ängsten begegnet man am besten mit einer fancy klingenden Lösung – dem Bare Minimum Monday. Klingt doch gar nicht mehr so furchterregend, oder?

Bare Minimum Monday

Entstanden ist der Trend, wie könnte es anders sein, auf unserer Lieblings-Forcast-Plattform TikTok. Und existiert in einem Raum mit „Act your Wage“, „Quiet Quitting“ oder „Focus Friday“. Die Liste ist lang. Doch worum genau geht es beim Bare Minimum Monday, der sich zunächst wie eine Art Arbeitsboykott anhört. Doch so drastisch ist die Aufforderung gar nicht gemeint. Eher als ein langsamer Start in die Woche zu verstehen, bei dem man sich aufs Wesentliche konzentriert und sich nicht gleich Hals über Kopf, völlig gestresst in einen Haufen an To-Dos und Calls stürzt. Denn das führt nämlich nicht zu mehr Produktivität. Eher zu einem Gefühl der Überforderung und der Panik, dem angestrebten (oder geforderten) Arbeitspensum gar nicht gerecht werden zu können. So geht es laut einer Studie aus dem Jahr 2019 vier von fünf Arbeitnehmer:innen. Dabei ist es gerade in Kreativberufen essenziell, zwischendurch Geist und Seele baumeln zu lassen, um sich wieder sammeln und fokussieren zu können. Ein einfaches Mittel zur Produktivitätssteigerung: Leerlauf.

 

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So funktioniert der New-Work-Trend:

Geprägt wurde der Begriff von der Start-up Gründerin Marisa Jo Mayes mit der Intention, die 5-Tage-Woche entspannter und vor allem stressfreier zu gestalten. Statt der gewohnten acht Stunden sollen laut der Bare-Minimum-Monday-Philosophie effektiv zwei gearbeitet werden. In diesen soll man sich auf die wichtigsten To-Dos und Aufgaben für den Tag konzentrieren.  Diese werden am besten vorab auf einer Liste festgehalten. Natürlich priorisiert. In dieser Fokuszeit gibt es keinen Raum für Prokrastination, da das Wesentliche erledigt wird. Mails sollen im Idealfall auch vorerst nicht angefasst werden – außer sie sind unabdingbar für die zu erledigenden Aufgaben. Doch was macht man dann mit dem Rest des Tages, so die naheliegende Frage. Den verbringt man mit Dingen, die Spaß machen und die Seele füttern. Das kann je nach persönlicher Vorliebe etwas Kreatives sein, Sport oder die liegen gebliebene Haushaltsarbeit.

Aber funktioniert das wirklich?

Je nachdem, wie flexibel man in seiner Arbeitsweise ist, kann sich das Konzept des Bare Minimum Monday durchaus positiv auf die eigene Produktivität auswirken. Wenn man sich überlegt, wie oft man sich von einfachen Dingen von der Arbeit ablenken lässt oder nur halb konzentriert an einer Aufgabe sitzt. Die dauert durch das „Aufschieben“ natürlich umso länger – weil man gerade keine Energie oder nicht den nötigen (kreativen) Input hat. So gesehen kann die effektive Konzentration auf eine absehbare Stundenzahl dazu führen, dass man die anstehenden Tasks sehr viel schneller und gewissenhafter erledigt. Die Voraussetzung ist hier natürlich, dass der eigene Beruf solch eine Arbeitsweise erlaubt. Wer einen systemrelevanten Beruf ausübt, im Schichtdienst arbeitet oder sehr konservative Strukturen hat, kann in diesem Fall weniger an dem Trend partizipieren. Das lässt ihn auf der einen Seite natürlich auch ziemlich privilegiert erscheinen. Wer es sich leisten kann, macht mit, alle anderen verharren im gewohnten Modell. Oder üben sich an der die Essenz: Konzentration auf das Wesentliche und Machbare.

@itsmarisajo Replying to @alysialovesmakeup This shift would’ve saved me so much stress & overwhelm back in my corporate days 😵‍💫 #bareminimummonday #bareminimummondays #worklifewellbeing #burnoutrecovery #wfhtips ♬ Theme From A Summer Place – Percy Faith

Slow Work als Gegenpol zum Grind

Generell ist der Trend zu TikTok aber ein weiteres Indiz dafür, dass sich in der Arbeitswelt grundsätzlich etwas ändern muss. Nicht, weil Gen Z oder junge Menschen per se faul sind oder weniger arbeiten wollen. Sie setzen einfach nur andere Prioritäten. Die liegen ganz klar auf dem Life in Work-Life-Balance und forcieren Jobs, die viel Platz für Mental Health und persönliche Entfaltung lassen. Schwierig, wenn man sich die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt anschaut. Denn durch Fachkräftemangel und Unterbesetzungen bzw. Personaleinsparungen sind viele Menschen überfordert und fühlen sich einem immensen Druck von beruflicher Seite ausgesetzt. Dies kann dann wiederum zu den bereits erwähnten „Sunday Sacries“ führen. Aber auch „Resilience Fatigue“ (durch zusätzliche Verantwortung bei gleichem Gehalt und weniger Personal) sowie der klassische Burn-out sind häufige Symptome unserer heutigen Arbeitskultur.

Grundsätzlich geht es darum, den Druck rauszunehmen. Mit Fokus auf Monotasking, der Kunst, sich auf eine Sache zu konzentrieren. 

New Work-Cultur, new Priorities

Ganz schön trübe Aussichten. Und auch ich merke zunehmend im eigenen Umfeld, wie es für viele junge Menschen sehr viel lukrativer ist, sich flexible Jobs zu suchen, die vor allem remote sind. Oder eben gleich den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Wieso die eigene körperliche und mentale Gesundheit für jemanden riskieren, den man im Zweifel noch nie getroffen hat und für den:die man nur ein weiteres Zahnrädchen im großen Getriebe ist? Zudem könnte man so dem Montag endlich sein schlechtes Image nehmen. Und die zusätzliche Zeit für Teambuilding oder Weiterbildung nutzen. Die in einer Mischung aus Spaß und Lernen helfen, zu entschleunigen und dennoch auf Soft-Skills und größere Unternehmenswerte- sowie Ziele einzahlen. Aber ganz grundsätzlich geht es einfach darum, den Druck rauszunehmen. Das zu erledigen, was man kann – ganz ohne sich schon mit halbem Kopf beim nächsten Projekt zu befinden und ständig zu versuchen, Multitasking zu betreiben. Lieber das genaue Gegenteil tun: Monotasking, die Kunst, sich immer nur auf eine Sache zu konzentrieren. Alles nacheinander.

 

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Wie sehr mache ich mich von meinem Job abhängig?

Mit über vier Millionen Aufrufen hat der Bare Minimum Monday auf TikTok auf jeden Fall einige Anhänger:innen gefunden. Diese werden vermutlich auch die Idee der Vier-Tagewoche (die mit ähnlichen Vorteilen wirbt) nicht ganz unattraktiv finden. Doch auch jetzt kann man (ganz unabhängig davon, wie realistisch der Bare Minimum Montag im eigenen Job ist) mit der Entschleunigung zu beginnen. Und zwar in dem wir mehr auf die eigenen Bedürfnisse hören. Sich krankmelden, wenn man krank ist. Im Urlaub das Handy und die E-Mails abschaltet. Und „NEIN“ zu Aufgaben sagen, die in der gegebenen Arbeitszeit nicht zu schaffen sind oder langfristig nicht der eigenen Stellenbeschreibung entsprechen. Schließlich gibt es nicht umsonst ein Beförderungsmodell, das sich am Arbeitspensum oder an steigender Verantwortung orientiert. So entsteht keine Panik am Ende des Tages, wenn sich die Tasks nur so türmen und einen fast schon erdrücken.

Realistisches Erwartungsmanagement: Bare Minimum heißt nicht weniger gut, eher einen anderen Blickwinkel einnehmen

Denn Bare Minimum bedeutet ja nicht automatisch schlecht, sondern nur langsamer und bedachter. Weg hin von der Überperformance und dem Hetzen von Deadline zu. Denn nicht alle definieren sich über ihre Arbeit und das ist genauso okay, wie sich beweisen zu wollen oder einfach nur einen Job zu haben, der die Miete zahlt. Aber so, dass man am Ende des Tages den Kopf frei hat und am Sonntag keine Angst vor dem Montagmorgen haben muss. Und ganz vielleicht muss man sich auch an der einen oder anderen Stelle eingestehen, dass man gar nicht vorhat, sich überambitioniert zu beweisen und die Karriereleiter zu erklimmen. Sondern einfach nur ein Arbeitsleben haben möchte, das die Rechnungen bezahlt und genau das Maß an Freiheit ermöglicht, das man sich wünscht.

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