Astrazeneca & Pille: Warum die Panik um das „Thromboserisiko“ endlich nötig ist
„Häufung seltener Thrombosen“, „Blutgerinnsel als mögliche Nebenwirkungen“, „sehr seltenes Auftreten von Thrombosen der Hirnvenen“. Wer gerade die Nachrichten über den Impfstoff Astrazeneca liest, stolpert über diese Begriffe. Thrombose. Blutgerinnsel. Venen. Embolie. Das Impfen mit Astrazeneca wird vorerst ausgesetzt, weil im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung eine besondere Form des Blutgerinnsels im Gehirn, die Sinusvenenthrombose, bei in etwa so vielen Menschen aufgetreten ist, wie sie sonst eher pro Jahr verzeichnet wird. Die Impfung könnte also Einfluss auf Blutplättchen, auf die Beschaffenheit des Blutes und auf Folgen davon haben: Blutgerinnsel, die Venen verstopfen. Schlaganfälle. Embolien.
Eine Thrombose entsteht, wenn sich ein Blutgerinnsel in einem Blutgefäß bildet und es verstopft. In den allermeisten Fällen geschieht dies in den Bein- und Beckenvenen. Eine Thrombose kann gefährlich werden, wenn sich das Blutgerinnsel löst, durch den Körper wandert und in der Lunge ein Blutgefäß verstopft. Es kommt zur Lungenembolie, die im schlimmsten Fall zum Herz-Kreislauf-Versagen führen kann. Bildet sich ein Blutgerinnsel im Gehirn und verschließt es ein Gefäß, führt dies zum Schlaganfall. Wird ein Herzkranzgefäß durch ein Blutgerinnsel verstopft, kommt es zum Herzinfarkt. – Techniker Krankenkasse
Liest man von Thrombosen, Schlaganfällen, Embolien, werden sie oft mit dem Zusatz „sehr selten“ verknüpft und bleiben als abstrakte Begriffe im Kopf. Als hätte man eine „zu Risiken und Nebenwirkungen“-Packungsbeilage gelesen und für sich natürlich alles, was darin aufgeführt wird, als niemals bei einem selbst eintreffend eingestuft. Genau so ging es mir, als ich den Begriff „Thromboserisiko“ zum ersten Mal hörte: Ich war Teenager und nahm die erste Packung der Pille von meiner Frauenärztin entgegen. „Das Thromboserisiko wird durch die Pille erhöht, rauchen erhöht es zusätzlich, sollten Sie also lassen.“ Diese Nebensatz-Infos wurden so beiläufig wie eine Packungsbeilage erwähnt und gingen in meiner Teenager-Wahrnehmung zum einen Ohr rein, zum anderen raus. Der Begriff „Thromboserisiko“ war für mich abstrakt, mit „extrem selten“ und eher alten Leuten und Stützstrümpfen verknüpft.
Bis sich in meinem Körper eines Tages ganz unbemerkt eine Thrombose bildete und ich ich mit 21 plötzlich eine Lungenembolie hatte.
Was diese Erfahrung, plötzlich und völlig unerwartet in Lebensgefahr zu schweben und damit komplett aus meinem bisherigen unbedarften Gefühl gerissen zu werden – ein paar Zigaretten hier, die Pille da und sowieso nichts kann mir wirklich etwas anhaben -, kann ich bis heute kaum in Worte fassen. Fast zehn Jahre später kann ich sagen: Die Lungenembolie hat mich grundlegend verändert. Ich hatte extrem lange mit der Angst zu kämpfen, diese Krankheit, von der man einfach nichts bemerkt, bis es zu spät ist, wieder zu haben. Ich musste mich mit dem Wunsch nach Kontrolle auseinandersetzen, mit dem richtigen Maß an Vorsicht und Unbedarftheit, mit einem angeknacksten Vertrauen zu Ärzten, die mich, als die Lungenembolie schon da war, mehrmals mit dem Hinweis auf mehr Rückenübungen wieder heimgeschickt hatten. Und neben all dem setzte ich mich mit der Ursache auseinander: Der Pille und anderen Hormonen, die uns Frauen, die jungen Mädchen tatsächlich verschrieben werden wie Smarties.
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In den Jahren nach der Lungenembolie recherchierte ich viel und sprach mit meinen Freundinnen. Keiner einzigen war das Risiko, dem sie sich mit der Pille aussetzte, wirklich bewusst. Alle hatten den Begriff „erhöhtes Thromboserisiko“ genau wie ich als etwas abgespeichert, was sie eh nicht betraf. Viele hatten jahrelang die Pille genommen, waren sich keiner Gefahr bewusst und rauchten teilweise zusätzlich wie eh und je. Eine meiner Freundinnen hatte einen Schlaganfall bekommen. Ich die Lungenembolie. Den anderen war zum Glück bisher nichts passiert.
„Statistisch erkranken bei der Einnahme einer Pille aus der dritten und vierten Generation neun bis zwölf von 10.000 Frauen pro Jahr an Embolien, bei den Pillen der ersten und zweiten Generation sind es fünf bis sieben. Bei sechs bis sieben Millionen Frauen, die in Deutschland mit der Pille verhüten, sind statistisch jedes Jahr mehrere Tausend Frauen von gefährlichen Thrombosen und Embolien betroffen. Im Vergleich dazu erkranken von 10.000 Frauen, die nicht die Pille einnehmen, jährlich nur zwei an einer venösen Thromboembolie.“ – Techniker Krankenkasse
Natürlich sind Thrombosen und ihre Folgeerscheinungen auch mit hormoneller Verhütung „seltene Nebenwirkungen“. Natürlich, und glücklicherweise, passiert den meisten, die hormonell verhüten, überhaupt nichts dergleichen. Doch es geht einfach nicht in meinen Kopf, dass der Zusammenhang von hormoneller Verhütung mit der Pille und dem Auftreten von Thrombosen wissenschaftlich belegt ist, aber nirgendwo ein Aufschrei passiert. Dass Frauen massenweise diesem Risiko ausgesetzt werden, es aber so von Frauenärzt*innen und den Medien in den letzten Jahrzehnten kommuniziert wird, als wäre es eine völlig unwichtige Kleinigkeit. Und dass alle, die die Pille nehmen, sich durch das Herunterspielen und Verharmlosen des Thromboserisikos durch Frauenärzt*innen, die die Pille nach wie vor fröhlich und gerne verschreiben, in vermeintlicher Sicherheit wiegen.
Passiert doch eh fast keinem, mir also eh nicht.
Die Standards, unter denen die Pille als harmlos und vertretbar eingestuft wird, stammen aus den 60er-Jahren. Als an einer Pille für den Mann geforscht wurde, brach die WHO 2011 die Studie ab. Als Grund wurde angegeben, dass ungefähr zehn Prozent der Männer Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Libido-Verlust oder Niedergeschlagenheit bis hin zur Depressivität hatten. All diese Nebenwirkungen hat auch die Pille und sie wird trotzdem verschrieben. Mit dem kleinen Zusatz, dass sie eben auch noch das Thromboserisiko erhöht.
Wie gefährlich der Einfluss eines Medikaments auf die Zusammensetzung des Blutes sein kann, sieht man in den letzten Tagen am Umgang mit den Astrazeneca-Vorkommnissen. Klar, die Stimmung rund um die Impfkampagne ist hochemotional aufgeladen. Hier wird so genau hingeschaut, hier gibt es so viele Vorurteile, dass die Politik absolut keine Unklarheiten verantworten möchte. Ungefähr noch nie wurde irgendein medizinischer Vorgang so genau zerpflückt und kritisch beäugt wie die Impfung.
Was aber würde passieren, wenn man mit nur einem Hauch der Aufmerksamkeit, die in der letzten Zeit der Wirkungsweise der Impfstoffe auf den Körper und vor allem ihrer (oft vermeintlichen) Nebenwirkungen gewidmet wurde, auch nochmal die Pille und andere hormonelle Verhütungsmittel betrachten würde?
Wie kann es sein, dass das wissenschaftlich bewiesene Thromboserisiko der Pille als niemanden betreffende Nebenwirkung in unseren Köpfen abgespeichert ist? Wieso fühlt man sich durch die Berichterstattung über Thrombosefälle nach Astrazeneca-Impfungen plötzlich so, als wäre das wiederum ein echtes Risiko?
Ob die Entscheidung, den Impfstoff Astrazeneca auszusetzen die richtige ist, kann ich nicht beurteilen. Natürlich brauchen wir gerade so viel Impfstoff wie nur irgendwie möglich. Natürlich ist es aber auch richtig, den abstrakten Begriff „Thromboserisiko“ endlich ernst zu nehmen. Unabhängig vom Streit über die Sinnhaftigkeit der Astrazeneca-Aussetzung hat der mediale Aufschrei der letzten Tage ein Gutes: Der Begriff „Thromboserisiko“ wird endlich zu etwas, das ernst genommen wird. Das Angst macht und auch Angst machen soll.
Denn keine einzige Frau sollte jemals mehr die Pille verschrieben bekommen, ohne wirklich ein Gefühl dafür zu bekommen, welchem Risiko sie sich damit aussetzt.
Was es bedeutet, die Pille zu nehmen und vielleicht sogar noch zusätzlich zu rauchen, egal ob man ein Teenager oder Mitte 30 ist. Man sollte wissen, dass 5-7 Prozent der Menschen die Genmutation „Faktor-V-Leiden“ hat, eine Gerinnungsstörung, die das Thromboserisiko erst recht erhöht. Man sollte wissen, dass man sein Blut darauf testen lassen kann, bevor man sich die Pille verschreiben lässt, und dass es Ärzt*innen gibt, die diesen Test vor jedem erstmaligen Verschreiben der Pille durchführen. Und man sollte wissen, dass es hormonfreie Varianten der Verhütung gibt, wie den Kupferball, die Kupferkette oder auch natürliche Verhütung.
8 Antworten zu “Astrazeneca & Pille: Warum die Panik um das „Thromboserisiko“ endlich nötig ist”
absolute Zustimmung! auch ich hatte einen Schlaganfall (mit 28!), den ich ohne die Pille nicht gehabt hätte.
Deshalb ist es wichtig, die Initiative betterbirthcontrol zu unterstützen.
Liebe Nela, es tut mir sehr leid, dass du das erleben musstest. Vielen Dank für deinen Hinweis zu betterbirthcontrol, eine sehr interessante Initiative, die Petition schaue ich mir gleich genauer an!
So viele Jahre später und es passiert immer noch zu wenig. Meine Mutter hatte ihre erste Thrombose und mir empfahl man trotz allem die Pille, die ich natürlich auch genommen hatte, ich vertraute den Ärzten. Bis ich zu dem Punkt kam, da ging es mir richtig dreckig und kein (Frauen)Arzt konnte mir sagen, was dahintersteckte, bis meine jetzige Frauenärztin mir dringend zu einem Gentest riet und was soll ich sagen, sie hatte so recht. Nun wissen wir es, meine Mutter, eine meiner Töchter und auch ich haben Faktor-V-Leiden und hätten niemals die Pille nehmen dürfen. Ich wünsche mir mehr Aufklärung!
Vielen Dank für das Teilen deiner Geschichte! Ich finde, man sollte zumindest darüber informiert werden, dass es Faktor-V-Leiden gibt, bevor man die Pille verschrieben bekommt. Damit man selbst entscheiden kann, ob man sich darauf testen lassen will, von mir aus auch selbst bezahlt…
Meine Frau hat die erwähnte Faktor 5 Leiden Mutation und konnte daher nie mit der Pille verhüten.
Wir sind absolute Impfbefürworter aber eine Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff halte ich für Menschen mit einem erhöhten Thromboserisiko nicht vertretbar und hoffe, dass für diese Gruppe zeitnah die Möglichkeit besteht, einen anderen Impfstoff zu wählen – denn Covid19 selbst bringt ja auch ein gewaltiges Thromboserisiko.
Ja, vor allem in der Kombination – ich hoffe auch, dass Thromboserisiken in der Auswahl des Impfstoffes berücksichtigt werden.
Totale Fehlentscheidung!
Was der Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag, dem 15.03.2021 zur vorläufigen Einstellung des Impfens mit Astrazeneca auf Empfehlung des Paul- Ehrlich-Institutes verkündete, zeugt von mangelndem Wissen zu inferenzstatistischen Prüfverfahren zur Überprüfung von statistischen Daten! Der Schaden wurde so noch gravierend vergrößert! (weil dadurch noch mehr Menschen starben). Auch der neueste Impfstopp zu Astrazeneca vom 30.03.2021auf Empfehlung der ständigen Impfkommission für unter 55-Jährige ist eine totale Fehlentscheidung! Wenn beim Verimpfen von AstraZeneca in Deutschland neun Todesfälle von insgesamt 31 Fällen durch Blutgerinnsel-Bildung/Sinusvenenthrombosen der Hirnvenen bei rund 2,7 Millionen verimpften Impfdosen auftraten (ca. 31:2,7 ≈ 11,5 auf eine Million allgemein und 9:2,7 ≈3,3 tödlich verlaufende Erkrankungen – neueste Infos laut zdf heute im Internet vom 31. März 2021), dann gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Impfen und der Blutgerinnsel-Bildung mit einem tödlichen Verlauf bei 9 Patienten und nicht tödlichen Verlauf bei den 22 Patientinnen, weil bereits ca. 15 Fälle per einer Million unter normalen Bedingungen zu verzeichnen sind (Relation von Todesfällen : 15: 11,5 ≈ 1,3 allgemein und 15:3,3 ≈ 4,5). Analoge Relationen liegen in der EU vor: 62 Fälle auf 9,2 Millionen Impfungen (62:9,2 ≈ 6,7 laut welt.de tv-Nachrichtensender in der Pressekonferenz vom 31.03.2021der Europäischen Gesundheitsagentur). Der vermeintliche Zusammenhang ist damit absolut zufälliger Natur, wie die einfachen Zahlenrelationen dies bereits erkennen lassen! Dies kann man über den t-Test für unabhängige Stichproben unzweideutig verifizieren! Die Testgröße │t │ berechnet zu
│t │= [(p1-p2): (√p*q)]* √ (n1*n2): (n1+n2). (1)
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Hirnvenenthrombosen unter normalen Bedingungen ohne Impfen beträgt p1=15:1.000.000= 1,5*10-5. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Thrombosen beim Impfen beträgt allgemein p2= 1,1*10-5. Die Differenz von p1-p2 nimmt somit eine Größe von rund 0,4*10-5an. Dividiert man diese Differenz durch den Erwartungswert √p*q=√ (31:46)*(15:46)≈ 0,47, dann erhält man rund 0,85 *10-5. Berücksichtig man die beiden Stichproben n1= 15 und n2 =31, die miteinander multipliziert und durch ihre Summe dividiert werden muss und dann zu radizieren ist (≈3,2), dann ergibt sich als Produkt eine Prüfgröße zu │t │≈2,7*10-5!
Es gilt also
│t │= (0,4*10-5: 0,47)*3,2 ≈ 2,7*10-5. (2)
Die Differenz von p1 und p2 ist damit eindeutig nicht signifikant, wie die Berechnung mit dem t-Test ergab! (die Zahlenrelationen sprechen alleine bereits eine deutliche Sprache)! Denn der Tafelwert der statistischen t-Verteilung beträgt t= 3,55 bei fn1+n2-2=44 Freiheitsgraden und einer Irrtumswahrscheinlichtkeit α von α=1 Prozent, wobei der Prüfparameter │t│ mit ≈ 2,7 10-5 ganz ganz weit unterhalb dieser numerischen Größe liegt (t=3,55 > │t │≈ 2.7*0-5 – und ist damit nicht signifikant). Bei den Todesfällen liegen noch prekäre Relationen vor, wie leicht einzusehen ist. Es ist ein Jammer, dass kaum noch einer unserer Experten Wissen zu inferenzstatistische (prüfstatistischen) Verfahren besitzt – so wird der Schaden (Vertrauensverlust in Politik, Expertise der Experten und im Produkt) , wenn es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Zufallsvariablen gibt, vergrößert, insbesondere durch das Nichtimpfen beispielsweise. Wie viele Todesopfer dadurch resultierten, darüber kann nur spekuliert werden – sie werden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hunderte gehen. Insofern ist der Impfstopp absolut nicht gerechtfertigt und damit eine absolute Fehlentscheidung. Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen
[…] nicht. Dieses Wissen erschloss sich mir tatsächlich erst in meinen 20ern: Nach dem Schock einer Lungenembolie Anfang 20 durfte ich wegen des Thromboserisikos nicht mehr hormonell verhüten. Allein gesundheitlich kamen […]