Mehr Wälder und mehr Wildnis: Warum jeder diese 2 Netflix-Naturdokus schauen sollte
Letztes Wochenende kam die Sonne raus und ich schaffte es in den Wald, ein neues Hobby, das ich momentan verhältnismäßig oft hinkriege, und das mich immer wieder glücklich macht – nicht nur wegen der vielen und abgefahrenen Pilze, die es momentan zu finden gibt, wie das Hexenei, von dem ich ganz schön viele Exemplare gefunden habe, und das mich komplett fasziniert. Später am Wochenende schüttete es dann vor den Fenstern, und ich fand mich irgendwann mit Tee und selbstgemachten Kürbis-Gnocchi vor dem Fernseher wieder, davon träumend, mal wieder mehr von der Welt zu sehen. Es wurden also weder Dating-Shows noch Serien, sondern zwei Natur-Dokus, die ich quasi inhalierte – und die so wunderbar, verblüffend und lehrreich sind, dass ich sie hier fest verankern und allen ans Herz legen möchte!
Warum wir alle diese 2 Naturdokus auf Netflix schauen sollten: A Life on our Planet & Das geheime Leben der Bäume
David Attenborough: A Life on our Planet
Alle lieben David Attenborough wegen seines Lebenswerks: Der britische Tierfilmer und Naturforscher hat ein Lebenswerk geschaffen, das die eindrucksvollsten Naturfilme überhaupt enthält: Der blaue Planet, Planet Erde, Life on Earth, Eisige Welten und viele mehr. Mit 93 Jahren blickt er in „A Life on our Planet“ nun auf seine Lebenserfahrung zurück, in der der 1926-geborene seit Mitte des letzten Jahrhunderts die Erde so intensiv bereist hat, wie kaum ein anderer. Zu Beginn seiner Forschungen waren noch 66% der Wildnis auf der Erde erhalten, heute sind es nur noch 34%.
Sein einzigartiger Blick ist erstaunlich und erschreckend: Im Laufe nur eines Lebens konnte sich die verbliebene Wildnis und Artenvielfalt auf der Erde so drastisch verringern. Was für ihn als junger Forscher die Realität der Natur war, veränderte sich schon im ersten Jahrzehnt drastisch und wurde danach immer nur noch weniger. Die Folgen kennen wir: Das Eis der Arktis schmilzt schneller denn je, was die große Polarstern-Expedition diese Woche erst wieder drastisch bestätigte. Der Lebensraum unserer engsten Verwandten, den Orang-Utans und Gorillas, wird bald nicht mehr existieren. Und mit jedem Jahr verliert die Erde mehr Tier- und Pflanzenarten.
Am Beispiel von Tschernobyl zeigt Attenborough auf, welche Katastrophen von Menschen geschaffen werden, die Fehler begehen. Aber auch, was passiert, wenn wir das tun, was sein Lösungsansatz ist: Der Welt wieder mehr Wildnis zurückgeben. Es ist der logischste und einfachste Schritt, den wir machen könnten: Gebiete komplett in Ruhe lassen. Denn dann holt sich die Natur ihren Raum zurück, wie der Wald in Tschernobyl, der sich seit der Katastrophe in den 80ern in der gesamten verlassenen Stadt ausgebreitet hat. Das, was das Klima retten kann, sind Urwälder, Phytoplankton und Korallenriffs – und diese müssen nicht nur geschützt, sondern ausgebaut werden.
Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume
Peter Wohlleben wurde Förster, um dem Wald Gutes zu tun – nur um dann festzustellen, dass die Aufgaben des Försters vor allem von der Holzwirtschaft bestimmt werden. Man soll den Wald „pflegen“, was eher mit ständigem Abholzen und Aufforsten zu verstehen ist – es geht dabei um schnelle Holzproduktion, nicht aber um nachhaltigen Waldaufbau. Auch Wohlleben vertritt die verblüffend einfache Einstellung, dass das einzig Gute, was wir tun können, ist, mehr und mehr Gebiete einfach abzusperren und komplett in Ruhe zu lassen. Denn der Wald ist da, und er breitet sich aus, wie auch er am Beispiel Tschernobyl zeigt: Auf einem Quadratmeter unberühtem Waldboden sind 10-20 verschiedene Bäume vertreten, die in Ruhe und langanhaltend wachsen würden, ließe man den Boden einfach in Ruhe. Herauskommen würden mit mehr Zeit und Ruhe nicht nur gesunde, natürliche Waldsysteme, die sich selbst erhalten, sondern auch viel größere und stärkere Bäume – ähnlich wie bei Tieren aus artgerechter Haltung. Mastschweine, die nur aufgezogen werden, um schnellstmöglich zu wachsen, leben grundsätzlich nicht lang, selbst wenn sie nicht geschlachtet werden würden. Genauso verhält es sich mit Bäumen, die auf natürliche Art und Weise am nachhaltigsten und gesündesten wachsen.
Eine weitere Rolle spielt die Unberührtheit des Bodens: Je dicker die Reifen von Waldmaschinen sind, desto mehr stampfen sie den Boden meterweit in die Tiefe zusammen und verhindern so jegliches Wachstum aller Samen und Organismen, die sich im Boden befinden. Trotzdem kommen nach wie vor Harvester und andere Maschinen in Wäldern zum Einsatz, die die Böden nachhaltig zerstören, und nichts als gezüchtete Monokulturen mehr zulassen.
Was aber ganz besonders erstaunlich an Wohllebens Erkenntnissen ist, ist das tatsächliche geheime Leben der Bäume: Er zeigt zum einen, wie Bäume Freundschaften mit ihren Nachbarn und anderen Organismen schließen und sich gegenseitig ernähren, und wie sie tatsächlich individuelle Entscheidungen treffen können: Drei Buchen, die genau am selben Standort stehen, werfen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihr Laub ab – die einen entscheiden sich dafür, noch länger Photosynthese zu betreiben, und mehr Zucker zu speichern, die andere Buche geht früher auf Nummer sicher und geht in den Winterschlaf, bevor der erste plötzliche Frost kommt.
Ein Film (und übrigens auch ein Bestseller), der so viele wichtige Details über den Wald und unsere Natur vermittelt – und der ebenso das wichtige Fazit hat: Das einzige, was unser Klima retten wird, ist mehr Wildnis und unberührte Natur. Denn wenn man sie in Ruhe lässt, macht die Natur alles richtiger als dann, wenn wir eingreifen.
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