5 Frauen über die Frage: Welche Rolle spielt Sex in der Beziehung? Teil 2

19. April 2021 von in

Wie oft haben wir Sex? Was ist überhaupt wenig, was ist viel Sex in einer Beziehung? Was macht es mit uns und unserer Beziehung, wenn der Sex mal weniger wird – oder wenn er ganz ausbleibt? Oder besteht ein ständiger Druck, dem Partner sexuell gerecht zu werden, den Sex in den stressigen Alltag als weiteres To Do einzubauen? Wie viel und welche Art von Sex wollen und brauchen wir eigentlich selbst, ganz unabhängig von unserem Partner?

Egal, wie viel und welche Art von Sex wir haben: Das Thema spielt eine große Rolle in Beziehungen. Wir haben euch gefragt, welche Rolle Sex für euch spielt, welche Gedanken ihr euch dazu macht und was ihr vielleicht auch schon daraus gelernt habt. Hier kommt Teil 2 eurer Geschichten.

Was passiert nach zwei Beziehungsjahren ohne Sex?

Wir waren schon drei oder vier Jahre zusammen, als mir auffiel, dass eigentlich immer ich den Sex oder Zärtlichkeiten in die Richtung initiierte. Wir gingen beide liebevoll miteinander um, hatten eine tolle, tief emotionale Beziehung, aber irgendwie frustrierte es mich. Ich sprach ihn darauf an, es kam kein wirklicher Austausch zustande. Da wollte ich mal sehen, was passiert, wenn ich es eben nicht mehr in die Hand nahm. Und turns out – nichts. Ich war irgendwann an einem point of no return, und auch er spürte da eine so große Überwindung, dass wir fast zwei Jahre lang, bis zu unserer offiziellen Trennung, körperlich übers Knutschen nicht mehr hinaus gekommen sind. Definitiv ein Symptom der auseinanderbröckelnden Beziehung, nicht zu übersehen und schmerzend, vor allem da ich ein ziemlich leidenschaftlicher Mensch bin.

Auch nachdem wir uns eingestanden hatten, dass wir uns zwar lieben, aber keine Liebesbeziehung mehr führen und uns offiziell trennten, haben wir noch ein Jahr zusammen als Mitbewohner in unserer Wohnung gelebt. In getrennten Schlafzimmern natürlich und ohne Bettgeschichten, um den anderen nicht zu verletzen.

Ich bin heute sehr froh, dass diese Freundschaft, sogar Liebe, bis heute über körperliche Anziehung und Sex hinaus besteht und unsere Verbundenheit so viel größer ist. Für mich hat sich aus dieser Erfahrung die Chance ergeben, mich damit auseinanderzusetzen, wo ich körperlich und emotional eigentlich mit Ende 20 stehe, und was ich allein mir für ein erfülltes Sexleben wünsche. Ich habe mich in der Zeit nach der Trennung ziemlich weiterentwickelt, sogar emanzipiert, einiges ausprobiert und bin mehr bei mir, als ich es jemals war. Und darauf bin ich tatsächlich ziemlich stolz.

Wo beginnt Sex in einer Partnerschaft und geht es dabei um Nähe, oder um Befriedigung?

Als ich noch mit einem Mann zusammen war, hat Sex immer eine große Rolle gespielt, egal ob im positiven oder negativen Sinne. Mittlerweile bin ich mit einer Frau zusammen und es ist ganz anders. Es ist super schwer in Worte zu fassen, weil ich vorher nicht bemerkt habe, wie sehr es mich doch „belastet“ hat. Ich hatte keinen schlechten Sex mit Männern, ich hatte auch nicht zu viel oder zu wenig. Nur manchmal fand ich es zu wenig, sah mich aber immer dem Druck ausgesetzt, irgendwie dafür funktionieren zu müssen. Häufig wurde Sex als Problemlösung von Männern eingesetzt. Es gab Probleme? Wir haben Sex. Hatten wir Sex, gab es keine Probleme. Dabei war glaube ich nicht der Sex die Problemlösung, sondern die Nähe, die man dabei empfindet.

Als der Kinderwunsch dann da war, war es für mich noch viel mehr ein Anreiz, Sex haben zu wollen. Für meinen Mann hingegen überhaupt gar nicht. Im Gegenteil. Er dachte, ich will nur noch deshalb mit ihm schlafen, dabei war es ja nur ein zusätzlicher Ansporn. Bei ihm ging dadurch gar nichts mehr. Mit meiner jetzigen Partnerin spielt Sex nur noch eine Nebenrolle. Am Anfang war es alles neu für mich, sehr aufregend und gefühlt haben wir nie die Finger voneinander gelassen. Aber auch da habe ich sehr früh gemerkt: Dadurch, dass dieser „klassische“ Akt der Penetration fehlt, geht es beim Frauensex um etwas anderes. Es geht einfach nur um Nähe, Zärtlichkeit und Liebe. Wo fängt bei zwei Frauen denn Sex an und wo hört Vorspiel auf? Alles, was mit Männern sonst Vorspiel war, ist bei Frauen Sex.

Und was soll ich sagen? Es reicht mir völlig und ich liebe es. Sex setzt uns nicht mehr unter Druck. Entweder es kommt zum „kompletten Akt“ oder es bleibt nur beim Streicheln, Küssen oder anderen Zärtlichkeiten, die wir austauschen. Es gibt eben nicht diese Abgrenzung zu „das war ja kein richtiger Sex, du willst ja immer nur kuscheln“. Für uns gehört das alles dazu. Wir beide haben schon unabhängig voneinander gesagt: Klar, Sex gehört dazu. Aber wenn eine von uns beiden aus was auch immer für Gründen sagen würde, nee, ich möchte an meinen Genitalien jetzt erstmal nicht mehr berührt werden – das, wovon man meistens spricht, wenn man Sex sagt -, dann wäre es für uns beide okay. Nähe kann auch anders genauso schön hergestellt werden. Es ist sehr schwer zu erklären und in Worte zu fassen, aber vielleicht wird mein Empfinden dadurch ein wenig deutlich. Was natürlich auch hinzukommt, ist, dass bei uns Sex nicht zum Fortpflanzungszweck herhalten muss.

Wir haben aktuell einen Kinderwunsch und führen ihn mit einem privaten Samenspender durch, wobei wir das Inseminieren auch natürlich auf eine schöne und romantische Art und Weise durchführen, aber keine von uns muss funktionieren.

Darf Sex auch Nebensache sein?

Am Anfang meiner Beziehung war Sex für mich sehr wichtig, und das habe ich auch so kommuniziert. Wir haben oft darüber geredet und waren relativ offen zueinander was beispielsweise Vorlieben oder Ideen betrifft. Wenn uns etwas nicht gefallen hat, wurde das klar kommuniziert – was ich sehr wichtig finde. Dennoch hat mir mein Freund gezeigt, dass Sex auch Nebensache sein kann und nicht zu den wichtigsten Dingen gehört.

Früher dachte ich, wenn man eine gute und gesunde Beziehung führt, hat man jeden Tag Sex, vielleicht auch mehrmals am Tag. Er hat mir gezeigt, dass es nicht so ist. Dass es auch ok ist, mal länger keinen Sex zu haben, wenn der andere sich nicht danach fühlt oder aus sonstigen Gründen. Vor dieser Erkenntnis dachte ich, durch Sex signalisiere ich mein Wohlbefinden in der Beziehung. Ich bin sehr dankbar, dass ich mich durch meinen Freund in dieser Hinsicht verändert habe und ein Stück gereift bin.

Wieso muss ich mich aufraffen?

In meiner früheren Beziehung hatte ich ständig das Gefühl, zum Sex muss ich mich aufraffen. Wenn’s dann lief, war es auch meist schön und befriedigend. Aber im Nachhinein habe ich erkannt dass das Gefühl der Überwindung ein Zeichen dafür war, dass ich meinen Partner am Ende nicht mehr geliebt habe. Sex war eigentlich hauptsächlich geil, weil ich eben einen Orgasmus bekommen habe, es ging mir dabei nicht um meinen Partner.

Gleichzeitig habe ich mich enorm unter Druck gesetzt. Ich wusste unterbewusst: Wenn du keinen Sex willst oder keine Lust auf deinen Partner hast, ist das kein gutes Zeichen für die Beziehung – deshalb habe ich mich eben oft zum Sex aufgerafft. Ich wollte in meiner eigenen Wahrnehmung auch nicht prüde sein. Man muss dazu sagen: Von meinem Freund kam keinerlei Druck, auch nicht von meinen Freundinnen. Den Druck habe ich mir nur selber gemacht.

Dass ich keine Lust auf Sex mit meinem letzten Freund hatte, lag daran, dass ich ihn nicht mehr geliebt habe. Und das wollte ich mir nicht eingestehen. Also habe ich gegengesteuert und einfach Sex gehabt, auch wenn ich eigentlich wenig Bock hatte. Ich habe erst gemerkt dass das mein Mechanismus war, als ich in einer neuen Beziehung war.

Denn da ist es für mich gar kein Thema, mich irgendwie aufzuraffen. Weil ich so starke Gefühle für meinen jetzigen Freund habe – und ihn auch einfach geil finde.

Ist Sex ein Spiegel der Beziehung?

Ich glaube, dass Sex ein Spiegel der Beziehung sein kann – aber nicht muss. In meinen bisherigen Beziehungen hat es niemals so ganz geklappt, irgendwas stimmte immer nicht. Und ich dachte immer, es liegt ausschließlich an mir. Ich habe Schmerzen dabei – also ist bei mir wohl was nicht richtig. Ich habe häufig keine Lust – liegt bestimmt an der Pille, und wenn nicht, dann bin ich wohl einfach nicht der Typ für viel Sex. Als ich mich dann getrennt habe, war ich eine längere Zeit Single und habe mich etwas mehr mit mir selbst beschäftigen können. Damit meine ich in erster Linie meine Prinzipien, meine Ziele und was ich eigentlich vom Leben will. Das war so unglaublich wichtig, denn dadurch habe ich gemerkt, dass ich mir in der vorherigen Beziehung lange vorgemacht habe, dass ich noch glücklich bin oder es wenigstens wieder werden könnte.

Es war schon so lange die Luft raus, ich fand meinen Ex nicht mehr attraktiv und konnte mir ein Leben mit ihm zusammen einfach nicht vorstellen. Jetzt habe ich seit acht Monaten einen neuen Freund und bin überglücklich. Wir haben viel Sex, fast jeden Tag wenn wir nicht absolut müde oder krank sind. Und das trotz Vollzeitjobs. Klar, wir sind noch am Anfang unserer Beziehung und müssen uns noch kennenlernen, aber so ist eben auch unser Sexleben. Es wird bestimmt mit der Zeit weniger werden, aber das ist auch okay. Man entwickelt sich eben weiter, und der Sex mit einem und mit der Beziehung.

Auch war er am Anfang unserer Treffen extrem aufgeregt, sogar wenn wir nur im Café waren, er wollte alles richtig machen. Aus den Gründen klappte es die ersten Male beim Sex auch überhaupt nicht – er war zu nervös. Deshalb glaube ich, dass Sex die Beziehungen oder das Gefühlsleben der Person sehr gut wiedergeben kann und deshalb auch eine Möglichkeit ist, die Beziehung zu verstehen oder zu analysieren. Noch viel wichtiger ist es aber, dann darüber reden zu können – denn sonst hilft jede Analyse nichts!

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